Die Neo-Banken Bling, Bunq, Nubank und weitere sind schon voll dabei – sie bieten ihren Kundinnen und Kunden Handyverträge an.
Die Challenger-Bank Revolut hat letztes Jahr einen Anfang mit Datenpaketen gemacht und erspart Nutzern auf Auslandreisen hohe Roaminggebühren.
Revolut erweitert jetzt das Angebot mit kompletten Handyverträgen und auch die Neo-Bank N26 steigt ins Mobilfunk-Business ein.
Wie unterscheiden sich Neo-Banken voneinander?
Durch was schaffen Neo-Banken Unterschiede oder im Idealfall sogar Alleinstellungsmerkmale? Mit Konto, Karten, Spar- und Invest-Angeboten allein sind auf Dauer keine Blumentöpfe zu gewinnen. Diese Leistungen gehören inzwischen zu jeder Neo-Bank, die etwas auf sich hält und auch morgen noch aktiv im Markt sein will.
Unterschiede im Pricing zwischen den Neo-Banken finden auf tiefem Gebührenlevel statt, auch an tiefe Preise haben sich Kundinnen und Kunden längst gewöhnt. Das war oder ist meistens auch der Grund, weshalb eine Neo-Bank Neukunden generiert und bestehende Kunden halten kann. Ergo: teure Neo-Banken gibt's nicht, nur unterschiedlich tiefpreisige.
Wahrnehmbare Unterschiede lassen sich zum Beispiel durch ein sehr breites Angebot schaffen – mit Leistungen, die weit über Finanzdienstleistungen hinausgehen. Können Kunden in ein und derselben App auch Locations und Reisen buchen, in Shops einkaufen, Versicherungen abschliessen, Abenteuer und Erlebnisse buchen und mehr, erweitern diese Angebote das Spektrum einer Neo-Bank. Mit Leistungen, die ihre Kundengruppen ohnehin nutzen, bisher nur nicht in der App der Neo-Bank, sondern ausserhalb.
Es ist nicht diese Breite allein, welche Unterschiede schafft, sondern die Möglichkeit für jeden einzelnen Kunden, spezifische Leistungen individuell dann in Anspruch nehmen zu können, wenn sie gerade gebraucht werden.
Diese Angebots-Erweiterungen über Finanzdienstleistungen hinaus sind für Neo-Banken in der Regel nicht mit hohen Investitionen verbunden, sie funktionieren über Partnerschaften. Für Neo-Banken-Nutzer sind sie jedoch praktisch und für Neo-Banken öffnen sich neue Einnahmenquellen. Zudem können diese Leistungen die Kundenbindung verstärken und damit die Haltbarkeit erhöhen.
Warum werden Neo-Banken zu Mobile-Providern?
Auch Mobile-Abos passen gut zu Neo-Banken, aus naheliegenden Gründen. Einen Handyvertrag hat jeder und braucht jede. Sind diese Verträge gleich in der App verfügbar, schnell und unkompliziert abschliessbar, wird auch dieser Bereich zum Service, der genutzt wird.
Zumal Neo-Banken auch mit ihren Handyverträgen in der Regel ihrer bewährten Rezeptur folgen. Sie bieten kundenfreundliche Pakete mit guten Leistungen zu sehr attraktiven Preisen. Und, ebenso wichtig, sie binden ihre Kunden nicht für einen möglichst langen Zeitraum, die Abos bleiben jederzeit monatlich kündbar.
Neo-Banken werden dadurch nicht zu Telcos mit grosser Infrastruktur, nur zu Anbietern mit kostengünstigen Abos. Im Hintergrund bleiben die grossen Netzbetreiber am Ball oder spezialisierte Unternehmen wie das Startup Gigs, das Neo-Banken mit einem kompletten Leistungspaket zusätzliche Einnahmen verschafft.
Deshalb wird sich "Embedded Mobilfunk" auch bei Neo-Banken durchsetzen
Die Challenger-Bank Revolut hat Anfang 2024 ihr Anbebot eSIM lanciert. Offenbar wird das Angebot der buchbaren Datenpakete für Auslandreisen überdurchschnittlich stark genutzt, Revolut spricht von "Millionen von Datentarifen, die an über 100 Standorten weltweit genutzt werden".
Damit sind überrissene und kostspielige Roaming-Gebühren Geschichte. Die eSIM ist nach eigenen Aussagen inzwischen das meistgenutzte Nicht-Banking-Produkt von Revolut. Offenbar ist es der Challenger-Bank auch in diesem Bereich gelungen, sich nicht nur als Anbieter, sondern als Problemlöser zu positionieren.
Deshalb geht Revolut jetzt den nächsten Schritt. Vorerst in Grossbritannien und in Deutschland können direkt über die App Handyverträge abgeschlossen werden. Ein neuer Vertrag tangiert nicht die physische SIM-Karte der Kunden. Diese kann parallel betrieben werden – oder sie wird unnötig, je nach Wünschen der Kunden.
Die in jedem modernen Smartphone verbaute eSIM kann virtuell von allen Netzbetreibern bespielt werden. Deshalb lassen sich neue Angebote und Verträge schnell und problemlos aufschalten und nach wenigen Minuten auch gleich nutzen. Unter der bestehenden Nummer oder mit einer zweiten, die von Revolut zur Verfügung gestellt wird. Dadurch können Kundinnen und Kunden auf ihrem Smartphone verschiedene Anbieter und deren Services parallel nutzen.
Die neuen Mobilfunk-Verträge von Revolut bieten für rund 15 Euro pro Monat unbegrenzte Anrufe, SMS und Datenvolumen im Inland sowie 20 GB Roaming-Guthaben in ganz Europa und den USA – alles mit einer lokalen Rufnummer und ohne feste Vertragsbindung.
Der Markteintritt von Revolut ins Mobilfunk-Geschäft wird von gewohnt kämpferischen Ansagen begleitet. Hadi Nasrallah, General Manager, Telco und Retail Director bei Revolut, sagt: «Der enorme Erfolg unseres eSIM-Produkts hat bewiesen, dass mobile Angebote reif für eine Revolution sind. Unserer Ansicht nach leiden Verbraucher unter traditionellen Netzangeboten aufgrund mangelnder Transparenz mit versteckten Gebühren, einer unkomfortablen Kundenerfahrung und einer veralteten, schwer navigierbaren Benutzeroberfläche. Wir wollen all diese drei Probleme lösen und Revolut-Kunden ein technologieorientiertes Erlebnis, das beste Preis-Leistungs-Verhältnis und keine festen Vertragsbindungen bieten.»
Die Neo-Bank N26 hat in diesen Tagen ebenfalls ihr Mobilfunk-Angebot in Deutschland ausgerollt. Mit drei Tarifen zwischen 13.99 und 34.99 Euro, je nach gewünschten Leistungen und Datenvolumen.
Ganz neu ist die Idee der eingebundenen Handyverträge nicht, auch Migros, Coop und andere Nicht-Telcos bieten Mobile-Abos, die von den grossen Netzbetreibern gehosted werden. Neu ist jedoch, dass verstärkt nun auch Neo-Banken in dieses Geschäft einsteigen. Und neu ist ebenfalls, dass diese Neo-Banken damit zu Konkurrenten der zahlreichen Billig-Anbieter werden. In der Regel mit besseren Leistungen und mit noch günstigeren Tarifen.
Ein smarter Service für Kundinnen und Kunden der Neo-Banken und für die neuen Anbieter eine zusätzliche Einnahmenquelle.
Bei "Embedded Mobilfunk" wird es nicht bleiben
Im Moment rollen die Handyverträge an. Auf diesen Zug werden wahrscheinlich auch weitere Neo-Banken aufspringen. Zumal dieser Bereich schnell und ohne grosse Investitionen realisiert werden kann und sofort zusätzliche Einnahmen bringt.
Neo-Banken werden jedoch in weitere neue Service-Bereiche vordringen, die ihren Kundinnen und Kunden Probleme im Alltag lösen und deshalb gewünscht sind. Partnerschaften und heutige Technologie setzen keine engen Grenzen, sie bieten sehr grosse Spielfelder.
Was das nächste "Embedded-Irgendwas" sein kann, bleibt noch offen. Es werden Services sein, die grosse Kundengruppen ansprechen und die schnell, komfortabel und preisgünstig über dieselbe App gebucht werden können, in der sich Kundinnen und Kunden ohnehin regelmässig aufhalten.