Welche Rolle Künstliche Intelligenz in Verwaltungsräten spielt und warum VR-Mitglieder ohne KI-Bezug bald auf verlorenem Posten spielen werden.
KI ist in der Finanzwelt und im Verwaltungsrat angekommen, sagt KI-Expertin Katrin J. Yuan. Sie erklärt auch, warum das notwendig ist und wo die Möglichkeiten und Grenzen liegen. Ihre Betrachtungen zum digitalen Wandel in Schweizer Chefetagen.
Die stille Revolution in den Chefetagen
Während die Schweizer Finanzbranche noch vor fünf Jahren skeptisch auf Robo-Advisors und algorithmische Tradingsysteme blickte, haben sich die Vorzeichen grundlegend gewandelt. Der Bundesrat hat am 12. Februar 2025 eine Auslegeordnung zur möglichen Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Schweiz publiziert, was zeigt: KI ist längst kein Nischenthema mehr, sondern strategische Priorität.
Die Transformation zeigt sich besonders deutlich in den Verwaltungsräten. Wo früher Bauchgefühl und Erfahrung dominierten, treffen heute datengestützte Entscheidungen auf bewährte Intuition. VR-Mitglieder lassen sich Risk-Assessments von KI-Systemen erstellen, bevor sie über Millionen-Investitionen entscheiden. Das ist pragmatisch – und überfällig.
Von der Skepsis zur Adoption
Die Ironie ist bemerkenswert: Ausgerechnet die risikoaverse Schweizer Finanzbranche entdeckt KI als Wettbewerbsvorteil. Nicht etwa, weil sie plötzlich risikofreudig geworden wäre, sondern weil KI das Gegenteil bewirkt – sie minimiert Risiken durch präzisere Prognosen und bessere Compliance.
«KI ist gekommen, um zu bleiben», bestätigt Katrin J. Yuan, CEO von Swiss Future Institute. Die Bedeutung von KI auf dem Finanzmarkt haben die grossen Finanzplayer erkannt. Was einst als technische Spielerei galt, wird heute als strategischer Imperativ gesehen. Private Banking nutzt KI für Kundenanalysen, Investmentbanken für Marktprognosen und Verwaltungsräte für Szenarien-Modellierung.
Die neue Governance-Realität
Moderne VR-Sitzungen beginnen nicht mehr mit Kaffee und Smalltalk, sondern mit KI-generierten Marktanalysen. Verwaltungsräte, die früher Quartalsberichte manuell durchkämmten, erhalten heute präzise Zusammenfassungen mit Handlungsempfehlungen innerhalb von Sekunden.
Diese Entwicklung bringt allerdings neue Herausforderungen mit sich. Wer trägt die Verantwortung, wenn eine KI-Empfehlung zu Verlusten führt? Wie stellt man sicher, dass algorithmische Entscheidungen ethisch vertretbar sind? Der Artificial Intelligence Act (AI-Act) wurde im März 2024 vom EU-Parlament verabschiedet und tritt nun schrittweise in Kraft – die Regulierung hinkt der Realität hinterher.
Zwischen Effizienz und Entmenschlichung
Die Gefahr liegt nicht in der Technologie selbst, sondern in ihrer blinden Anwendung. Ein Verwaltungsrat, der nur noch auf KI-Empfehlungen hört, verliert den Kontakt zur Realität. Die Kunst liegt im intelligenten Zusammenspiel: KI liefert die Daten, Menschen treffen die Entscheidungen.
Erfolgreiche Verwaltungsräte nutzen KI als präzises Werkzeug, nicht als Ersatz für Urteilsvermögen. Sie lassen sich von Algorithmen informieren, aber nicht dominieren. Das erfordert ein neues Skill-Set: VR-Mitglieder müssen verstehen, wie KI funktioniert, ohne selbst Programmierer zu werden.
Die Zukunft ist bereits da
Die Bundesverwaltung konzentriert sich 2025 auf drei Schwerpunkte: Künstliche Intelligenz, Informations- und Cybersicherheit sowie die Förderung von Open Source. Diese Priorisierung zeigt: KI ist keine Zukunftsmusik mehr, sondern gegenwärtige Realität.
Verwaltungsräte, die heute noch ohne KI-Unterstützung agieren, werden morgen nicht mehr wettbewerbsfähig sein. Die Frage ist nicht mehr, ob KI in der Finanzwelt ankommt, sondern wie schnell sich die Branche anpasst.
Die stille Revolution hat bereits begonnen – in den Datencentern der Banken, den Algorithmen der Versicherungen und den Sitzungszimmern der Verwaltungsräte. Wer jetzt noch zögert, hat bereits verloren.
Studiengänge für Verwaltungsräte
Swiss Future Institute lanciert gemeinsam mit der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) neue Studiengänge:
KI für Verwaltungsräte und AI and Global Finance
Die ersten Studiengänge starten im Herbst und Winter 2025.