Frauen verwalten mehr Vermögen als je zuvor – das bestätigt eine aktuelle McKinsey-Studie. Frauen kontrollieren mittlerweile rund ein Drittel aller privaten Finanzanlagen in der Europäischen Union und den USA und dieser Anteil wächst rasant. Bis 2030 dürfte der von Frauen verwaltete Vermögensanteil auf 40 bis 45 Prozent steigen.
Besonders bemerkenswert: Das Vermögenswachstum bei Frauen übertrifft deutlich das allgemeine Marktwachstum. Zwischen 2018 und 2023 wuchs das globale Finanzvermögen um 43 Prozent, der von Frauen kontrollierte Anteil stieg im selben Zeitraum jedoch um 51 Prozent.
Einer der Hauptgründe für diesen Wandel: Frauen leben im Schnitt über zwölf Jahre länger als ihre Ehemänner und werden damit zu langfristigen Entscheidungsträgerinnen in der Vermögensverwaltung.
Doch die Finanzbranche ist auf das enorme Potenzial weiblicher Anlegerinnen und die Dynamik in der Vermögensverwaltung für Frauen noch nicht vorbereitet: Vielerorts fehlt es an echter Ansprache und langfristigem Vertrauensaufbau. 80 Prozent der Witwen verabschieden sich innerhalb eines Jahres nach dem Tod ihres Partners vom bisherigen Finanzberater.
Die gute Nachricht: Diese Verluste sind vermeidbar. Wer frühzeitig in Beziehung, Transparenz und technologiegestützte Beratung investiert, kann nicht nur Kundinnen dauerhaft binden, sondern auch neue Vermögensgenerationen erreichen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Vermögensberatung für Frauen neu zu denken: individuell und digital unterstützt.
Ein neues Kundensegment mit besonderen Bedürfnissen
Noch vor wenigen Jahrzehnten war es Frauen rechtlich untersagt, ein eigenes Bankkonto zu eröffnen. Bis heute wirkt diese Ausgrenzung von finanzieller Teilhabe nach: Ein beträchtlicher Teil der Frauen fühlt sich im Umgang mit grösseren Vermögenswerten unsicher oder unerfahren.
Nur etwa die Hälfte der Frauen weiss, wohin sie mit geerbtem Geld gehen soll, gegenüber 72 Prozent der Männer. Die Sorge, einen Fehler zu machen, ist gross. Aber nur 38 Prozent der Frauen geben an, einen Finanzberater zu haben, der ihnen bei der Vermögensübertragung helfen kann.
Wer neu in höhere Vermögensklassen aufsteigt, sucht in der Regel Orientierung und Frauen bringen dabei ganz eigene Erwartungen an Beratung und Anlageentscheidungen mit. Um dieses wachsende Kundensegment angemessen anzusprechen, braucht es zum einen eine klarere, zugänglichere Kommunikation über Finanzprodukte. Der übliche Fachjargon der Branche wirkt oft abschreckend. Sprache entscheidet mit darüber, ob Vertrauen entsteht oder eben Distanz. Wenn Finanzberatung inklusiver und wirkungsvoller sein soll, muss sie verständlicher werden.
Darüber hinaus muss Finanzberatung verstehen, wie Frauen investieren – und warum.
Zwar beteiligen sich Frauen bislang seltener am Kapitalmarkt als Männer, doch wenn sie es tun, dann meist risikoärmer. Professorin Christine Laudenbach vom Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE bestätigt: Frauen bevorzugen strukturierte Anlageformen wie ETFs gegenüber spekulativen Einzelaktien, investieren häufiger nachhaltig und zeigen insgesamt mehr Geduld.
Vermögende Frauen handeln überlegt, sicherheitsorientiert und wertebasiert. Ihre Entscheidungen folgen meist klaren Zielen und ethischen Überzeugungen. Männer hingegen neigen Studien zufolge häufiger zur Selbstüberschätzung bei Finanzentscheidungen.
Diese Unterschiede machen deutlich: Standardisierte Strategien greifen bei Frauen zu kurz.
Wer dieses Kundensegment überzeugen will, braucht individuelle, edukative und werteorientierte Beratung. Es geht nicht mehr nur um Produkte, sondern um Vertrauen, Orientierung und langfristige Sicherheit. Beraterinnen und Berater, die Wissenslücken empathisch schliessen und Sicherheit vermitteln, erschliessen sich das am schnellsten wachsende Vermögenssegment.
Technologie als Wegbereiter
Um die neue Generation weiblicher Investorinnen zu erreichen, müssen Beraterinnen und Berater die Möglichkeiten digitaler Technologien konsequent nutzen.
Digitale Tools ermöglichen individuelle Einblicke, datenbasierte Empfehlungen und kontinuierliche, transparente Kommunikation. So lassen sich langfristige Pläne visualisieren, Investitionen auf persönliche Präferenzen zuschneiden und vertrauensvolle Beziehungen aufbauen.
Dabei gilt: Technologie sollte als Partner, nicht als Ersatz wirken. Sie entlastet durch Automatisierung repetitiver Aufgaben und schafft so Raum für echte Beratung, Zuhören und Vertrauensaufbau.
Enablement-Technologien liefern verständliche Inhalte, machen Interesse sichtbar und sorgen für eine barrierearme, inklusive Beratungserfahrung. Damit wird jeder Austausch zu einer wertvollen Begegnung mit Substanz.
Dieser kulturelle und ökonomische Wandel ist längst im Gange. Frauen übernehmen zunehmend die Kontrolle über grosse Vermögen – und die Finanzwelt muss sich darauf einstellen.
Wer die richtige Balance aus strategischem Weitblick und individueller Ansprache findet, kann die Transformation aktiv mitgestalten. Finanzberaterinnen und Finanzberater, die auf die Bedürfnisse wohlhabender Frauen eingehen, werden zu echten Partnern und zu Wegbereitern für eine neue Art der Vermögensberatung.