Neo-Banken

N26 entlässt über 70 Mitglieder seiner Crew und will bis 2024 Profitabilität erreichen

Blick ins Hauptquartier der Neo-Bank N26 in Berlin
Hauptquartier der Neo-Bank N26 in Berlin | Bild: N26

Die Neo-Bank schärft den "Fokus auf strategische Prioritäten" und streicht rund vier Prozent der bestehenden Stellen.

Das letzte Jahr habe signifikante und langanhaltende Veränderungen im globalen Geschäftsumfeld mit sich gebracht, resümiert die Neo-Bank im Statement zur Reduzierung von Stellen bei N26. Vor diesem Hintergrund wolle N26 den Fokus auf seine strategischen Prioritäten schärfen und dabei sicherstellen, dass die Personalstruktur mit den neuen Zielen übereinstimmt.

Als Teil dieses Prozesses hätten Führungskräfte bei N26 ihren jeweiligen Personalbedarf eingehend analysiert und Teamstrukturen wo notwendig angepasst, informiert das FinTech. Im Ergebnis führt dieser Prozess zu einem Stellenabbau, davon sind insgesamt 71 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen, was rund 4 Prozent der aktuellen Belegschaft entspricht.

Begründen Unternehmen negative Ereignisse mit einem neuen "Fokus auf strategische Prioritäten", bleiben die anvisierten Prioritäten meistens so unklar wie die Formulierung an sich. Bei der Neo-Bank N26 liefern allerdings einige Hintergründe Ansätze zur Konkretisierung.

Der Druck der Investoren steigt

Dass Investoren weniger geduldig sind als noch in den Tiefzinsphasen, ist allgemein bekannt. Bei hoch finanzierten FinTechs, N26 gehört dazu, dürfte der Druck Risikokapitalgeber noch stärker spürbar werden. Oder, glaubt man einem Bericht der Financial Times, Investoren verlieren möglicherweise das Vertrauen in ihre FinTech-Schützlinge und wollen ihre Anteile abstossen.

Das soll beim langjährigen Investor Allianz X der Fall sein, der seine Beteiligung von rund 5 Prozent offenbar verkaufen will. Jenseits der Firmenbewertung von 9 Milliarden US-Dollar, die bei der Finanzierungsrunde im Oktober 2021 noch aufgerufen worden ist, Allianz X soll aktuell von einer Bewertung von 3 Milliarden Dollar ausgehen und seine Anteile mit einem satten Abschlag anbieten.

Mit Korrekturen der zum Teil abenteuerlichen Bewertungen von einst ist N26 allerdings in guter Gesellschaft. Klarna hat bei der letzten Finanzierungsrunde Mitte 2022 massiv Federn gelassen, von 45.6 runter auf 6.7 Milliarden US-Dollar. Wie Bloomberg diese Woche berichtet, soll N26-Erzrivale Revolut nach Wertberichtigungen von Investoren ebenfalls zurückgestuft worden sein – von 33 Milliarden US-Dollar (2021) auf 18 Milliarden aktuell. 

Diese Wertberichtigungen, auch andere FinTech sind davon betroffen, sind nicht das eigentliche Problem. Die Welle der Neubetrachtung von Bewertungen unterstreicht mehr, dass euphorische Übertreibungen von früher durch eine gewisse Rationalität und neue Bodenhaftung ersetzt werden.

Beunruhigender ist vielmehr, wenn Investoren den Glauben an ihre FinTechs verlieren und ihre Anteile abstossen wollen.

Ist N26 auf dem Weg zur Profitabilität?

Im letzten Geschäftsbericht 2021 weist N26 weiterhin hohe Verluste aus. Im Gegensatz zu Revolut, die Challenger-Bank hat 2021 den Sprung in die Gewinnzone geschafft, MoneyToday.ch hat berichtet.

N26 hat 2021 die Erträge wohl gesteigert, die Verluste mit 172.4 Millionen Euro jedoch ebenfalls um 14.4 Prozent ausgebaut, Details zu den Zahlen hier

Die Berliner Neo-Bank hält am formulierten Ziel fest, bis 2024 schwarze Zahlen zu schreiben. Damit dürfte auch der "Fokus auf strategische Prioritäten" im Zusammenhang mit den kommunizierten Entlassungen zu erklären sein – die Investoren machen verstärkt Druck und wollen nicht weiterhin an diese schwarzen Zahlen glauben, sie wollen die Gewinne sehen.

Will N26 bis 2024 schwarze Zahlen schreiben, bleibt nicht mehr viel Zeit – und einige Hürden stehen nach wie vor im Weg.

Ein Vergleich zwischen N26 und Revolut

N26, gegründet 2013, und Erzrivale Revolut, seit 2015 im Markt, sind ähnlich aufgestellt und in ihren Geschäftsmodellen vergleichbar.

N26 bedient über 8 Millionen Kunden in 24 Ländern und konzentriert sich nach dem Rückzug aus Grossbritannien und den USA seit einiger Zeit schon auf seine Kernmärkte, ohne weitere geografische Expansion. Revolut ist global in 36 Märkten und Ländern für 28 Millionen Kunden aktiv und expandiert weiterhin auch geografisch.

Beide Neo-Banken nehmen für sich in Anspruch, in den relevanten Bereichen wie kostenpflichtige Premium-Abos, Transaktionen, Provisionen und mehr markant zuzulegen – nachzulesen für N26 hier, für Revolut hier und hier.

Die markanten Unterschiede zwischen N26 und Revolut

N26 ist sehr spät in zusätzliche Ertragsgeneratoren eingestiegen, zum Beispiel der Kryptohandel ist erst Ende 2022 für Nutzerinnen und Nutzer geöffnet worden. Revolut operiert generell deutlich aggressiver als N26, ist im Produkt-Portfolio wesentlich breiter aufgestellt und hat Jahre vor N26 zusätzliche Ertragspfeiler wie Aktien- und Kryptohandel installiert.

N26 schreibt im 8. Jahr (2021) noch hohe Verluste, Revolut hat im 6. Jahr (2021) den Sprung in die Gewinnzone geschafft. Ob das auf Dauer so bleibt, muss Revolut allerdings noch beweisen.

N26 leidet aufgrund von "Mängeln im Risikomanagement" bereits seit November 2021 unter einer verordneten Wachstumsbeschränkung durch die BaFin. Die Neo-Bank darf nur 50'000 Neukunden pro Monat mit an Bord nehmen – Revolut kann ungehindert wachsen und nutzt diese Freiheit auch.

Verdammtsein zum Nicht-Skalieren ist für eine Neo-Bank ein enormes Risiko

Revolut ist mit heute 28 Millionen Kundinnen und Kunden längst an N26 vorbeigezogen. Es geht nun aber nicht darum, wer die bessere Neo-Bank sein könnte, sondern um einen schlichten Fakt:

Neo-Banken sind aufgrund ihres Geschäftsmodells zum Skalieren verdammt. Die nutzende Masse generiert die Umsätze, die erst bei genügendem Umfang zu Gewinn führen können. Umsätze, die in der Regel nicht nur über Premium-Abos und Kartentransaktionen zustandekommen, sondern über zusätzliche Erträge aus breit genutzten weiteren Kanälen wie Krypto- oder Aktienhandel in die Höhe schiessen können.

Revolut hat 2021 mit damals über 20 Millionen Kunden die Gewinnzone erreicht. N26 ist seit Ende 2021 im Kundenwachstum massiv ausgebremst, hat weitere Ertragskanäle erst sehr spät aktiviert und will mit aktuell über 8 Millionen Nutzerinnen und Nutzern bis 2024 profitabel werden. 

Ob dieses ambitionierte Ziel tatsächlich schaffbar ist, wissen die Macherinnen und Macher im Hause N26 am besten – einige Fragezeichen bleiben bestehen. Mitentscheidend dürfte sein, wann die BaFin die Wachstumsbeschränkungen für N26 aufheben wird.

Sollte N26 Profitabilität mit weiterhin stark angezogener Handbremse und tief gehaltenen Nutzerzahlen 2024 dennoch erreichen, dann wäre das Berliner FinTech noch nicht unbedingt die erfolgreichste, aber irgendwie doch die beste Neo-Bank. Zumindest eine, die trotz einer ganzen Reihe von Nachteilen, selbstproduzierten Einschränkungen und auferlegten Behinderungen Erfolg und fassbares Kapital in Form von Gewinn produzieren kann.