Dunkle Wolken über N26 auch in Italien – die Zentralbank verordnet Neukunden-Stopp für die Neo-Bank

Leuchtschritzug mit einem aktivierten No
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Die Banca d'Italia reklamiert erhebliche Mängel bei der Geldwäsche-Bekämpfung und verhängt über die Neo-Bank N26 ein Neukunden-Verbot

Kummer und Verdruss im Zusammenhang mit Behörden und Sanktionen ist sich die deutsche Neo-Bank N26 inzwischen gewohnt, das FinTech scheint aus den Schwierigkeiten nicht herauszukommen.

Die Probleme und Baustellen im deutschen Markt

Im Mai 2021 erliess die deutsche Finanzaufsicht BaFin gegenüber N26 eine Anordnung zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Gleichzeitig schickte die BaFin der Neo-Bank einen Sonderbeauftragten ins Haus, der die "Abarbeitung der Anordnung sowie den Stand der Behebung weiterer festgestellter Mängel" überwachen soll.

Im Juni 2021 verdonnerte die BaFin N26 zu einem Bussgeld in Höhe von 4.25 Millionen Euro – wegen Lücken und Mängel in der Geldwäsche-Bekämpfung. Konkret warf die Finanzaufsicht der Neo-Bank vor, Verdachtsfälle im Zusammenhang mit Geldwäscherei nicht konsequent genug untersucht und verfolgt zu haben. Ergo hätte N26 gegen das "Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten" verstossen. Die Verantwortlichen der Neo-Bank gaben an, dass sich dieser Bussgeldbescheid auf Sachverhalte aus den Jahren 2019 und 2020 beziehen würde.

Dicke Post von der BaFin gab's für die Neo-Bank N26 im Oktober 2021: Eine Anordnung, die in ihren Konsequenzen deutlich einschneidener ist im Vergleich zum Verdikt vom Mai. Die BaFin setzte N26 einen zweiten Sonderbeauftragten ins Haus, der die folgende Anordnung überwachen soll: N26 wird von der Aufsichtsbehörde dazu verpflichtet "...Massnahmen zu ergreifen, um wieder eine ordnungsgemässe Geschäftsorganisation herzustellen und Risiken für die operationelle Resilienz einzudämmen". Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Neo-Bank in der Betrachtung der BaFin nicht mit einer ordnungsgemässen Geschäftsorganisation unterwegs ist – für eine Bank ein knallharter Vorwurf.

Eine weitere damit verbundene Auflage trifft die Neo-Bank ins Mark ihres Geschäftsmodells: Die Aufsichtsbehörde hat "Massnahmen zur Risikominimierung angeordnet, die das Kundenwachstum und gewisse Risikopositionen begrenzen. Das Neukundenwachstum der N26 Bank GmbH wird materiell reduziert und ist auf 50'000 Neukunden pro Monat begrenzt. Zudem darf der Forderungswert an durch Immobilien besicherten Risikopositionen maximal 500'000'000 EUR betragen. Diese Begrenzung schliesst alle Länder ein, in denen die N26 Bank GmbH tätig ist."

Im Februar 2022 haben sich Journalisten vom Handelsblatt (Paywall) von den Behörden bestätigen lassen, dass die Staatsanwaltschaft Berlin wegen Geldwäsche gegen vier Verwantwortliche von N26 ermitteln würde. Im Zentrum der Ermittlungen stehen betrügerische Konten oder die betrügerische Nutzung von Konten, die möglicherweise nicht schnell genug gesperrt worden sind.

Diese aktuelle Untersuchung soll durch verschiedene Anzeigen von Kunden ausgelöst worden sein. Es scheint sich zu häufen, dass Kriminelle Konten bei N26 eröffnen, die dann zu betrügerischen Zwecken genutzt werden, zum Beispiel für Online-Fakeshops oder zur Geldwäsche. Verbraucher hätten beklagt, von ihnen gemeldete Konten seien nicht zeitnah gesperrt worden, sie fühlten sich deshalb auch von der Bank getäuscht, so das "Handelsblatt".

Die italienische Zentralbank zieht nach

Am 29. März 2022 hat die Banca d'Italia in einer Medienmitteilung kommuniziert, dass sie der italienischen Tochter von N26 untersagt, Neukunden an Bord zu nehmen. Diese Massnahme wäre die Konsequenz einer durchgeführten Vor-Ort-Inspektion zwischen Oktober und Dezember 2021, bei der erhebliche Mängel in Bezug auf die Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche festgestellt worden wären.

Die Verantwortlichen von N26 kommentieren die Anordung der italienischen Zentralbank zu Verbesserungen bei der Geldwäschebekämpfung für den italienischen Markt und den Neukunden-Stopp mit folgendem Statement:

"Die Beanstandungen der italienischen Zentralbank werden bereits grösstenteils im Rahmen des globalen Massnahmenplans zur Bekämpfung der gestiegenen Finanzkriminalität adressiert. N26 ist zuversichtlich, dass durch die bisherige Umsetzung der Massnahmen bereits signifikante Fortschritte zur Lösung der im letzten Jahr in Italien festgestellten Mängel gemacht wurden.

In den vergangenen Monaten hat N26 bereits gezielt in die Geldwäschebekämpfung investiert. Diese Investitionen haben für deutliche Verbesserungen im Kampf gegen digitale Finanzkriminalität gesorgt. N26 hat unter anderem sein Team von Expertinnen und Experten weiter aufgestockt, fortgeschrittene Modelle für maschinelles Lernen weiterentwickelt und das Monitoring und die verbesserte Überwachung von Transaktionen in Echtzeit ausgebaut."

Wie lange dauern die Aufräumarbeiten?

Die Probleme von N26 wirken nicht vorübergehend, sondern scheinen im System zu stecken. Zumindest dauern sie bereits einige Jahre an, nach eigenen Aussagen von N26 geht der Bussgeldbescheid der BaFin auf Sachverhalte aus den Jahren 2019 und 2020 zurück. Die Massnahmen der italienischen Zentralbank sind die Folge einer Untersuchung Ende 2021. 

N26 ist eine erfolgreiche Neo-Bank, die sich durch ihre eigenes Verhalten oder durch eine zu grosszügige Auslegung von Regulierungen und Vorschriften in der Konsequenz in ihren Entwicklungsmöglichkeiten selbst drastisch beschränkt hat. Die massive Kundenbremse in Deutschland und der totale Neukunden-Stopp in Italien – Gift für ein FinTech, das auf Skalieren ausgelegt ist. Zudem ist wahrscheinlich ein erheblicher Einsatz von Ressourcen für die Aufarbeitung und Umsetzung der verschiedenen Auflagen der Finanzaufsichts-Behörden notwendig. Diese Ressourcen fehlen möglicherweise anderswo und addieren sich als Minuspunkt zu den auferlegten Wachstumsbeschränkungen.

Die nachhaltige Beseitigung der reklamierten Mängel dürfte mehr Zeit in Anspruch nehmen, als eine hochfinanzierte Neo-Bank sich wünschen wird. Die Investoren scheinen gezwungenermassen gute Miene zum fatalen Spiel zu machen. Spürbare Auswirkungen auf gewohntes Wachstumstempo sowie auf mehrfach geäusserte Börsengangpläne der Neo-Bank sind jedoch so gut wie sicher. Schade um ein bewiesenermassen funktionierendes Erfolgsmodell, das sich selbst Sand ins Getriebe gestreut hat. Ob durch Nachlässigkeit oder Ignoranz macht im Resultat keinen Unterschied.