Gestern haben wir berichtet, dass die Berliner Neo-Bank N26 erneut ins Visier der Finanzaufsicht BaFin geraten ist. Und auch, dass ein Teil der N26-Investoren die beiden Gründer nicht mehr als CEO-Duo in der operativen Führungsrolle sehen will, Details dazu hier.
In zahlreichen deutschen Medien ist der "Fall N26" zum breit porträtierten Thema geworden. Immerhin gehört N26 zu den Pionieren in der FinTech- und Neo-Banken-Branche und hat eine bemerkenswerte Grösse erreicht.
Journalistinnen und Schreiber von zahlreichen Publikums- und Branchen-Medien warten nach der ersten Welle mit neuen Erkenntnissen auf, mit Bezug auf "mehrere mit dem Thema vertrauten Personen". Auch in Berlin kennt man sich und gute Kontake werden genutzt.
Was wirft die Finanzaufsicht N26 konkret vor?
Die aktuelle Mängelliste der Finanzaufsicht BaFin erinnert an die Vorwürfe, die bereits 2021 zu drastischen Sanktionen gegen N26 geführt haben – bis und mit einer Wachstumsbeschränkung. Die Neo-Bank durfte zweieinhalb Jahre lang monatlich höchsten 50'000 Kunden neu an Bord nehmen. Diese verordnete Bremse hat Konkurrenten wie Revolut, Trade Republic und andere in Sachen Neukundengewinnung und Wachstum an N26 vorbeiziehen lassen.
Diese Wachstumsbeschränkung ist am 1. Juni 2024 von der BaFin aufgehoben worden. N26 scheint jedoch noch immer oder erneut an denselben Defiziten zu kranken, die zu dieser Sanktion geführt haben.
Nach Recherchen vom Handelsblatt soll die BaFin N26 nicht zutrauen, weiteres Kundenwachstum angemessen zu managen. Zudem soll die Neo-Bank Vorgaben zur Reduktion von Betrugsfällen nicht eingehalten haben. Zusätzlich ortet die Finanzaufsicht bei N26 Schwächen bei der Früherkennung von Risiken.
Das sind keine Bagatellen, das sind substanzielle Vorwürfe, welche den Fortbestand einer Bank in Frage stellen können. Konkrete Massnahmen und Auflagen der Behörde sind im Moment noch nicht bekannt.
Die Gründer im Visier der Investoren
Neben Unzufriedenheiten mit dem Wachstum der Neo-Bank dürften vor allem die neuen Vorwürfe der Finanzaufsicht dazu geführt haben, dass ein Teil der Investoren darauf drängt, die beiden Gründer Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal aus dem Rennen zu nehmen und die Führungsspitze neu zu besetzen.
Der Wind hat sich auch in deutschen Medien gedreht, zum Beispiel Finance Forward spricht bereits vom "Endspiel der N26-Gründer". Der Glanz des einstigen Vorzeige-FinTechs scheint zu verblassen, in der Verantwortung dafür stehen die Gründer, die bereits seit zwölf Jahren die Geschicke der Neo-Bank lenken.
Ein klarer Kommentar dazu kommt von der Co-Leiterin des Teams Banken & Versicherungen beim "Handelsblatt", Yasmin Osman. Unter dem Titel "Die Gründer von N26 sollten endlich loslassen" schreibt die Journalistin, dass die Ablösung an der Spitze der Neo-Bank überfällig wäre, weil die beiden Gründer zunehmend zur Belastung für N26 würden.
Osman hält Stalf und Tayenthal für Gründer mit Visionen, Risikobereitschaft und Selbstvertrauen – aber nicht für gute Bankchefs. Die N26-Gründer könnten ein Startup aufbauen, hätten jedoch wenig Talent für oder geringes Interesse an "langweiligen, bürokratischen Kompetenzen wie eine stabile Organisation und gute Strukturen". Das sind jedoch genau die Dinge, die FinTechs spätestens dann zwingend brauchen, wenn sie gross geworden sind.
Haben die N26-Investoren die Geduld verloren?
Die Liste der aufgedeckten und von der Finanzaufsicht sanktionierten Mängel ist lang und reicht einige Jahre zurück. Die Investoren haben über all diese Jahre die Geduld nicht verloren und den beiden Gründern auch in schwierigen Zeiten offenbar das Vertrauen ausgesprochen und den Rücken gestärkt. Das ist bemerkenswert.
Die BaFin steht nun erneut auf der Matte der Neo-Bank und mahnt im Kern dieselben Punkte an, die alle Beteiligten nach längeren Durststrecken mit einschränkenden Sanktionen als gelöst betrachtet haben. Dieses aktuelle Déjà-vu kann den Geduldsfaden der Investoren tatsächlich reissen lassen. Immerhin geht es um Reputation, Image und um regulierungskonforme Prozesse, welche die Zukunft von N26 sichern sollen. Und damit auch das finanzielle Engagment der Investoren in beträchtlichem Umfang.
Entscheidungen, wie es mit der Neo-Bank N26 an der Führungsspitze weitergehen soll, sind sehr bald zu erwarten. Einerseits sicher, um die Forderungen der BaFin erfüllen zu können. Andererseits aber auch, um das Rauschen im medialen Blätterwald durch konkrete Fakten und zukunftsbezogene Visionen zu ersetzen.