Neo-Banken

Die N26-Gründer sind in stürmischen Gewässern unterwegs

Sturm, hohe Wellen und Blitze am dunklen Nachthimmel
Bild: Wirestock Creators | Shutterstock

Für die beiden N26-Gründer Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal wird's aufgrund der konkreten Vorwürfe der Finanzaufsicht eng und zunehmend ungemütlich.

Gestern haben wir berichtet, dass die Berliner Neo-Bank N26 erneut ins Visier der Finanzaufsicht BaFin geraten ist. Und auch, dass ein Teil der N26-Investoren die beiden Gründer nicht mehr als CEO-Duo in der operativen Führungsrolle sehen will, Details dazu hier

In zahlreichen deutschen Medien ist der "Fall N26" zum breit porträtierten Thema geworden. Immerhin gehört N26 zu den Pionieren in der FinTech- und Neo-Banken-Branche und hat eine bemerkenswerte Grösse erreicht.

Journalistinnen und Schreiber von zahlreichen Publikums- und Branchen-Medien warten nach der ersten Welle mit neuen Erkenntnissen auf, mit Bezug auf "mehrere mit dem Thema vertrauten Personen". Auch in Berlin kennt man sich und gute Kontake werden genutzt.

Was wirft die Finanzaufsicht N26 konkret vor?

Die aktuelle Mängelliste der Finanzaufsicht BaFin erinnert an die Vorwürfe, die bereits 2021 zu drastischen Sanktionen gegen N26 geführt haben – bis und mit einer Wachstumsbeschränkung. Die Neo-Bank durfte zweieinhalb Jahre lang monatlich höchsten 50'000 Kunden neu an Bord nehmen. Diese verordnete Bremse hat Konkurrenten wie Revolut, Trade Republic und andere in Sachen Neukundengewinnung und Wachstum an N26 vorbeiziehen lassen.

Diese Wachstumsbeschränkung ist am 1. Juni 2024 von der BaFin aufgehoben worden. N26 scheint jedoch noch immer oder erneut an denselben Defiziten zu kranken, die zu dieser Sanktion geführt haben.

Nach Recherchen vom Handelsblatt soll die BaFin N26 nicht zutrauen, weiteres Kundenwachstum angemessen zu managen. Zudem soll die Neo-Bank Vorgaben zur Reduktion von Betrugsfällen nicht eingehalten haben. Zusätzlich ortet die Finanzaufsicht bei N26 Schwächen bei der Früherkennung von Risiken.

Das sind keine Bagatellen, das sind substanzielle Vorwürfe, welche den Fortbestand einer Bank in Frage stellen können. Konkrete Massnahmen und Auflagen der Behörde sind im Moment noch nicht bekannt.

Die Gründer im Visier der Investoren

Neben Unzufriedenheiten mit dem Wachstum der Neo-Bank dürften vor allem die neuen Vorwürfe der Finanzaufsicht dazu geführt haben, dass ein Teil der Investoren darauf drängt, die beiden Gründer Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal aus dem Rennen zu nehmen und die Führungsspitze neu zu besetzen.

Der Wind hat sich auch in deutschen Medien gedreht, zum Beispiel Finance Forward spricht bereits vom "Endspiel der N26-Gründer". Der Glanz des einstigen Vorzeige-FinTechs scheint zu verblassen, in der Verantwortung dafür stehen die Gründer, die bereits seit zwölf Jahren die Geschicke der Neo-Bank lenken.

Ein klarer Kommentar dazu kommt von der Co-Leiterin des Teams Banken & Versicherungen beim "Handelsblatt", Yasmin Osman. Unter dem Titel "Die Gründer von N26 sollten endlich loslassen" schreibt die Journalistin, dass die Ablösung an der Spitze der Neo-Bank überfällig wäre, weil die beiden Gründer zunehmend zur Belastung für N26 würden.

Osman hält Stalf und Tayenthal für Gründer mit Visionen, Risikobereitschaft und Selbstvertrauen – aber nicht für gute Bankchefs. Die N26-Gründer könnten ein Startup aufbauen, hätten jedoch wenig Talent für oder geringes Interesse an "langweiligen, bürokratischen Kompetenzen wie eine stabile Organisation und gute Strukturen". Das sind jedoch genau die Dinge, die FinTechs spätestens dann zwingend brauchen, wenn sie gross geworden sind. 

Haben die N26-Investoren die Geduld verloren?

Die Liste der aufgedeckten und von der Finanzaufsicht sanktionierten Mängel ist lang und reicht einige Jahre zurück. Die Investoren haben über all diese Jahre die Geduld nicht verloren und den beiden Gründern auch in schwierigen Zeiten offenbar das Vertrauen ausgesprochen und den Rücken gestärkt. Das ist bemerkenswert.

Die BaFin steht nun erneut auf der Matte der Neo-Bank und mahnt im Kern dieselben Punkte an, die alle Beteiligten nach längeren Durststrecken mit einschränkenden Sanktionen als gelöst betrachtet haben. Dieses aktuelle Dé­jà-vu kann den Geduldsfaden der Investoren tatsächlich reissen lassen. Immerhin geht es um Reputation, Image und um regulierungskonforme Prozesse, welche die Zukunft von N26 sichern sollen. Und damit auch das finanzielle Engagment der Investoren in beträchtlichem Umfang.

Entscheidungen, wie es mit der Neo-Bank N26 an der Führungsspitze weitergehen soll, sind sehr bald zu erwarten. Einerseits sicher, um die Forderungen der BaFin erfüllen zu können. Andererseits aber auch, um das Rauschen im medialen Blätterwald durch konkrete Fakten und zukunftsbezogene Visionen zu ersetzen.


Die Schweizer Neo-Banken-Landschaft im Überblick

Die Zusammenstellung der in der Schweiz aktiven Neo-Banken mit den jeweils zuletzt gemeldeten Nutzerzahlen vermittelt einen ungefähren Eindruck der aktuellen Grössenverhältnisse und Marktanteile.

Schweizer Neo-Banken Markteintritt Kunden insgesamt davon in der Schweiz
Alpian (F-ISPB) Oktober 2022 20'000 20'000
Kaspar& März 2022 7'000 7'000
Neon März 2019 237'000 237'000
Radicant (BLKB) August 2023 18'000 18'000
Yapeal Juli 2020 10'000 10'000
Yuh (Swissquote) Mai 2021 350'000 350'000
Zak (Bank Cler) März 2018 70'000 70'000
Aktive Schweizer Apps: 7      
       
Ausländische Neo-Banken Markteintritt Kunden insgesamt davon in der Schweiz
N26 Schweiz 2019 4.8 Millionen* keine Angaben
Revolut Schweiz 2017 60 Millionen 1'000'000
Wise März 2010 16 Millionen keine Angaben
Aktive ausländische Apps: 3   *ertragsrelevante  
       
Neo-Banken Verticals Markteintritt Kunden insgesamt davon in der Schweiz
Relio Oktober 2023 Angaben folgen Angaben folgen
Aktive Vertical Apps: 1      
       
Neo-Banken in Umwandlung      
CSX (Credit Suisse)
UBS plant keine eigenständige
Weiterführung der App
Wechselangebot an Kunden:
Key4 Banking Pure von UBS
Oktober 2020 400'000 400'000
Coop Finance+ (Coop)
Coop plant keine eigenständige
Weiterführung der App
Wechselangebot an Kunden:
Lila Set von Valiant
Oktober 2023 keine Angaben keine Angaben
       
Neo-Banken in Liquidation      
FlowBank
FINMA: Konkurs eröffnet am
13. Juni 2024
November 2020 keine Angaben keine Angaben
Swiss4
FINMA: Konkurs eröffnet am
4. März 2025
April 2024 keine Angaben keine Angaben

Hinweis der Redaktion: Neo-Banken, die ihre aktuellen Kundenzahlen nicht korrekt gespiegelt sehen, weil länger nicht kommuniziert, dürfen Letzteres jederzeit gerne nachholen, hier, damit Ersteres auf den neusten Stand gebracht werden kann.