Neo-Banken

Wer kauft die Neo-Bank Radicant?

Handschlag zur Bekräftigung eines Geschäftsabschlusses

Die BLKB hat nach einigem Hin und Her entschieden, ihre Neo-Banken-Tochter Radicant zu verkaufen. Für wen wäre Radicant ein guter Deal?

Der interimistisch agierende BLKB-Bankratspräsident Thomas Bauer macht Nägel mit Köpfen und kommuniziert die auch stark politisch motivierte Entscheidung des Bankrats der Basellandschaftlichen Kantonalbank:

Die Mutter von Radicant steigt aus, die Neo-Bank soll verkauft werden. Ist das innerhalb eines vom Bankrat festgelegten Zeitlimits nicht möglich, wird eine Rückgabe der Banklizenz der Radicant Bank geprüft.

Im einen Fall würde Radicant in irgendeiner Form weiterbestehen. Im anderen Fall wäre das Experimant Radicant mit vierjähriger Aufbauarbeit, mehreren Umwegen, Irrwegen, kräftigen Abschreibern und um die 200 Millionen Franken Investitionen Geschichte und die Neo-Bank würde ausradiert.

Nachdem die Politik sich durchgesetzt hat und Radicant angezählt ist, stellt sich die Frage, wer als Käufer der Neo-Bank in Frage kommen könnte. Man darf davon ausgehen, dass Radicant günstig zu haben ist, weil die basellandschaftliche Politik und die BLKB die ungeliebte Tochter möglichst schnell und ohne weitere Investitionen loswerden wollen.

Wer kommt in Frage und für wen wäre der Kauf von Radicant ein guter Deal?

Die Auswahl an möglichen Käufern ist nicht sehr gross, günstiger Kaufpreis hin oder her, aus jeweils unterschiedlichen Gründen.

Ein Blick auf einige mögliche, wahrscheinliche oder eben unwahrscheinliche Kandidaten – zuerst aus den eigenen Reihen der Neo-Banken:

Alpian
Radicant würde gut zu Alpian passen, weil beide Neo-Banken ähnlich positioniert sind und mit einem Touch von Private Banking unterwegs sind.

Alpian hat selbst eine Banklizenz, damit fällt der Hauptvorteil eines Kaufes schon mal weg. Mit dem Mutterhaus der Intesa Sanpaolo Bankengruppe im Rücken wäre die Finanzierung nicht das Problem, aber Alpian würde lediglich gut 20'000 Kunden, Infrastruktur, App und Software kaufen, die bei Alpian selbst schon vorhanden ist.

Wahrscheinlichkeit eines Deals: 5 Prozent

Neon
Für Neon wäre Radicant eine gute Möglichkeit, zu einer eigenen Banklizenz zu kommen, um unabhängig operieren zu können. Die mit der Banklizenz verbundene Verantwortung und die damit einhergehenden Pflichten könnten Neon aber möglicherweise überfordern. Zudem liegt die Private-Banking-Schiene von Radicant nicht auf der Linie von Neon.

Die Investoren von Neon streben wahrscheinlich eher einen eigenen Exit an und nicht eine Akquisition mit Risiken, Kosten und ungewissem Ausgang.

Wahrscheinlichkeit eines Deals: 0 Prozent

Yuh
Die Neo-Bank Yuh hat über ihr Mutterhaus Swissquote von Banklizenz bis zu Infrastruktur alles, was sie braucht, um weiter erfolgreich wachsen zu können. Ein Kauf von Radicant würde Yuh keine erkennbaren Vorteile bringen.

Wahrscheinlichkeit eines Deals: 0 Prozent

Yapeal und Zak
Yapeal fährt mit ihrer B2B2C-Strategie und Fokussierung auf Banking-as-a-Service-Leistungen auf einer völlig anderen Schiene, keine Vorteile in Sicht mit dem Zukauf von Radicant.

Auch Zak ist anders positioniert als Radicant, schwer vorstellber, dass das Mutterhaus Bank Cler Gründe für einen Kauf erkennen kann.

Wahrscheinlichkeit eines Deals: 0 Prozent

Revolut
Die Gerüchteküche brodelt schon länger um die Vermutung, dass die Challenger-Bank über kurz oder lang eine Banklizenz in der Schweiz beantragen will. Revolut hat in der Schweiz über 1 Million Kunden und verfolgt weiterhin hochgesteckte Ziele im Schweizer Markt.

Mit einer Banklizenz könnte Revolut alle Möglichkeiten ausschöpfen und in allen gewünschten Sparten aktiv werden, auch im Bereich Kredite und Hypotheken. Sofern der Preis stimmt, wäre der Kauf von Radicant für Revolut eine schnelle und schlanke Möglichkeit, sich mit einer Banklizenz als Challenger-Bank ohne Grenzen in der Schweiz zu etablieren.

Revolut kann sich die Akquisition leisten und könnte Interesse an einer Übernahme haben.

Wahrscheinlichkeit eines Deals: 25 Prozent

Mögliche Kandidaten ausserhalb der Neo-Banken-Szene

Die übrigen und möglicherweise grösseren Wahrscheinlichkeiten verteilen sich auf Kandidaten, die bisher noch niemand auf dem Radar hat.

Eine der zahlreichen Kantonalbanken wird's aus nachvollziehbaren Gründen eher nicht sein. Vielleicht aber eine Bank oder eine Finanzgruppe, die sich aus strategischen Überlegungen schon länger mit dem Gedanken trägt, mit einer Neo-Bank ein zusätzliches Spielfeld zu belegen.

Auch hier bleibt der Verkaufspreis ein zentrales Kriterium. Der dürfte für potenzielle Käufer jedoch attraktiv gehalten werden, weil: die basellandschaftliche Politik macht weiterhin kräftig Druck, deshalb möchten BLKB und Bankrat möglichst schnell einen Schlussstrich unter die Akte Radicant ziehen. 

In dieser Ausverkaufsstimmung kann die Elastizität des Verkaufspreises in Richtung tiefer Regionen eine inländische oder ausländische Bank mit konkreten Plänen durchaus dazu motivieren, so günstig wie nie zuvor eine fixfertige Neo-Bank mit Schweizer Banklizenz zu kaufen.


Die Schweizer Neo-Banken-Landschaft im Überblick

Die Zusammenstellung der in der Schweiz aktiven Neo-Banken mit den jeweils zuletzt gemeldeten Nutzerzahlen vermittelt einen ungefähren Eindruck der aktuellen Grössenverhältnisse und Marktanteile.

Schweizer Neo-Banken Markteintritt Kunden insgesamt davon in der Schweiz
Alpian (F-ISPB) Oktober 2022 25'000 25'000
Kaspar& März 2022 7'000 7'000
Neon März 2019 237'000 237'000
Radicant (BLKB) August 2023 18'000 18'000
Yapeal Juli 2020 10'000 10'000
Yuh (Swissquote) Mai 2021 350'000 350'000
Zak (Bank Cler) März 2018 80'000 80'000
Aktive Schweizer Apps: 7      
       
Ausländische Neo-Banken Markteintritt Kunden insgesamt davon in der Schweiz
N26 Schweiz 2019 4.8 Millionen* keine Angaben
Revolut Schweiz 2017 60 Millionen 1'000'000
Wise März 2010 16 Millionen keine Angaben
Aktive ausländische Apps: 3   *ertragsrelevante  
       
Neo-Banken Verticals Markteintritt Kunden insgesamt davon in der Schweiz
Relio Oktober 2023 Angaben folgen Angaben folgen
Aktive Vertical Apps: 1      
       
Neo-Banken in Umwandlung      
CSX (Credit Suisse)
UBS plant keine eigenständige
Weiterführung der App
Wechselangebot an Kunden:
Key4 Banking Pure von UBS
Oktober 2020 400'000 400'000
Coop Finance+ (Coop)
Coop plant keine eigenständige
Weiterführung der App
Wechselangebot an Kunden:
Lila Set von Valiant
Oktober 2023 keine Angaben keine Angaben
       
Neo-Banken in Liquidation      
FlowBank
FINMA: Konkurs eröffnet am
13. Juni 2024
November 2020 keine Angaben keine Angaben
Swiss4
FINMA: Konkurs eröffnet am
4. März 2025
April 2024 keine Angaben keine Angaben

Hinweis der Redaktion: Neo-Banken, die ihre aktuellen Kundenzahlen nicht korrekt gespiegelt sehen, weil länger nicht kommuniziert, dürfen Letzteres jederzeit gerne nachholen, hier, damit Ersteres auf den neusten Stand gebracht werden kann.