Risk-Barometer: Strommangellage steht in der Schweiz an der Spitze der Unternehmensrisiken

Starkstromleitungen mit Masten in Neben
Bild: analogicus | Pixabay

War der sperrige Begriff "Strommangellage" vor einem Jahr noch kein Thema, stehen die Bedenken zur Energieversorgung dieses Jahr in der Spitzengruppe der Risiken.

Der Risk-Barometer ist ein jährlich veröffentlichtes Ranking der grössten Unternehmensrisiken, das vom Unternehmensversicherer Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) gemeinsam mit anderen Allianz-Gesellschaften erstellt wird. In diesem Jahr basiert das Ranking auf der Meinung von 2'712 Risikomanagement-Experten in 94 Ländern und Territorien, darunter CEOs, Risikomanager, Makler und Versicherungsexperten. Die Umfrage erscheint bereits zum 12. Mal.

Im Gegensatz zu den Vorjahren fallen Naturkatastrophen und Klimawandel in der Rangliste zurück, da sich Unternehmen aktuell mehr wegen der hohen Inflation, einer möglichen Rezession und der Energiekrise sorgen. 

Top-Risiken in der Schweiz: Cybervorfälle, Energiekrise, Betriebsunterbrechung

In einem Punkt ist sich die Schweiz mit dem Rest der Welt einig: Cybervorfälle, wie IT-Ausfälle, Ransomware-Angriffe oder Datenschutzverletzungen, werden global und auch in der Schweiz als wichtigstes Risiko eingestuft.

Diese Haltung kommt nicht von ungefähr, die Cyberangriffe haben massiv zugenommen. Grosse Unternehmen sind mittlerweile daran gewöhnt zur Zielscheibe werden. Diejenigen, die über ein angemessenes Niveau an Cybersicherheit verfügen, können die meisten Angriffe abwehren. Zunehmend sind jedoch auch kleine und mittlere Unternehmen betroffen. Deshalb bereitet diese Risiko kleineren Unternehmen mit einem Umsatz von weniger als 250 Millionen US-Dollar mit Abstand am meisten Sorgen.

Die Diskussionen um eine drohende Strommangellage haben in der Schweiz die Sensibilität und auch die Befürchtungen in Bezug auf die Versorgungssicherheit stark erhöht. So sind Energierisiken als neue Kategorie im Risk-Barometer 2023 in der Schweiz mit 48 Prozent gleich auf dem 2. Rang eingestiegen.

Die Grafik zeigt das Ranking der Risiken, welche die Schweizer Unternehmen beschäftigen.

Top-Risiken weltweit: Makroökonomische Veränderungen beschäftigen die Welt

Nach Cybervorfällen und Betriebsunterbrechungen folgen im Ranking der Risiken die Auswirkungen makroökonomischer Veränderungen. Die Autoren des Risk-Barometers bezeichnen diesen Punkt als "makroökonomisches Unbehagen". 

Makroökonomische Entwicklungen wie Inflation oder die Volatilität der Wirtschafts- und Finanzmärkte rangieren 2023 als drittwichtigstes Risiko für Unternehmen weltweit (25% der Antworten), gegenüber Platz 10 im Jahr 2022. Es ist das erste Mal seit einem Jahrzehnt, dass es dieser Risikobereich unter die Top 3 "geschafft" hat.

Alle drei grossen Wirtschaftsräume – die Vereinigten Staaten (USA), China und Europa – befinden sich gleichzeitig in einer wirtschaftlichen Krise, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, so das Team von Allianz Research, das für 2023 eine Rezession in Europa und den USA prognostiziert.

Die Inflation ist besonders besorgniserregend, da sie die Preisstruktur und die Margen zahlreicher Unternehmen "auffrisst". Wie der Realwirtschaft steht auch den Finanzmärkten ein schwieriges Jahr bevor, da die Zentralbanken überschüssige Liquidität aus dem gesamten System abziehen und die Handelsvolumina selbst in historisch liquiden Märkten zurückgehen.

Die Grafik zeigt das Ranking der Risiken, welche Unternehmen auf der ganzen Welt beschäftigen.

Die Schweiz schaut durch eine andere Brille als der Rest der Welt

Interessant ist die unterschiedliche Einschätzung verschiedener Risiken im Vergleich zwischen der Schweiz und der weltweiten Betrachtung.

Die Energiekrise führt in zahlreichen Ländern zu erhöhter Besorgnis (22% der Nennungen weltweit), die Schweiz stuft das Risiko mit 48 Prozent jedoch ungleich grösser ein. 

Vor politischen Risiken und Gewalt scheint man sich weltweit weniger zu fürchten, dieser Punkt wird an letzter Stelle der Unternehmensrisiken genannt – im Gegensatz zur Schweiz, welche die möglichen Auswirkungen dieser Risikogruppe auf Platz 4 setzt.

Die Gefahren makroökonomischer Veränderungen stehen mit 25 Prozent der Nennungen weltweit auf dem 3. Platz des Rankings. Die Schweiz scheint hier deutlich weniger beunruhigt, dieses Risiko steht mit lediglich 14 Prozent auf dem 8. Platz.

Der Klimawandel als Risikofaktor hat in der aktuellen Umfrage weltweit an Gewicht verloren, steht jedoch mit 17 Prozent der Nennungen immerhin noch auf Platz 7. Erstaunlich: in der Schweiz werden Auswirkungen und Risiken des Klimawandels mit 9 Prozent auf den letzten Platz des Top-10-Rankings gesetzt.

2023 – mehr als nur ein herausforderndes Jahr?

Ja, glaubt Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Allianz, geht noch einen Schritt weiter und sagt:

Rein wirtschaftlich gesehen dürfte es für viele Haushalte und Unternehmen buchstäblich ein Jahr zum Vergessen werden

Dennoch sieht der Experte keinen Grund zu verzweifeln. Zum einen hilft die Zinswende, so Subran, wovon nicht zuletzt Millionen von Sparern profitieren würden. Auch die mittelfristigen Aussichten wären trotz – oder gerade wegen – der Energiekrise deutlich besser. Die Folgen, die über die erwartete Rezession im Jahr 2023 hinausgehen, würden sich sich bereits abzeichnen: in Form eines forcierten Umbaus der Wirtschaft in Richtung Dekarbonisierung sowie durch ein erhöhtes Risikobewusstsein in allen Teilen der Gesellschaft, das die soziale und wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit stärken werde.

Der Risk-Barometer zum Runterladen

Der Allianz Risk-Barometer 2023 steht mit weiteren Resultaten und Interpretationen als Report zur Verfügung. Das 40-seitige PDF in englischer Sprache kann direkt bei Allianz kostenlos runtergeladen werden, über den Link gleich unten.