Die Finanzierung von FinTechs mit gigantischen Summen geht weiter: 800 Millionen US-Dollar für Revolut

Geld fällt vom Himmel
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2021 wird zum Jahr der Mega-Finanzierungsrunden für FinTechs – die eingesammelten Summen sind gigantisch, die Bewertungen ebenfalls.

Das schwedische FinTech Klarna hat im März eine Milliarde US-Dollar eingesammelt und ist danach mit 31 Milliarden Dollar bewertet worden. Kurze drei Monate später hat Klarna weitere 639 Millionen erhalten, was zu einer Post-Money-Bewertung von 45.6 Milliarden Dollar geführt hat.

In der Zwischenzeit haben das InsurTech mit Schweizer Wurzeln, Wefox, mit 650 Millionen und der deutsche Neo-Broker Trade Republic mit 900 Millionen US-Dollar den Frühling der grossen Summen fortgesetzt.

Die britische Challenger-Bank Revolut zieht mit 800 Millionen US-Dollar nach

Revolut hat sich neuen finanziellen Treibstoff für die Expansion in den USA, in Indien und in weiteren Märkten beschafft: 800 Millionen US-Dollar in einer Series-E-Finanzierung, angeführt von Softbank und Tiger Global. Die Investoren bewerten das Unternehmen neu mit 33 Milliarden US-Dollar.

Damit hat die Challenger-Bank mit dem ausdrücklichen Ziel, die ultimative Super App als komplette Finanzprodukt-Suite zu schaffen, ihren Konkurrenten N26 deutlich abgehängt. Nach einem Bericht von Bloomberg ist allerdings auch N26 nicht untätig, die Gespräche mit Investoren sollen kurz vor dem Abschluss stehen. Die Neo-Bank soll mit mehreren hundert Millionen US-Dollar frischem Kapital eine Bewertung von 10 Milliarden Dollar anstreben.

Gigantische Investitionen sind das eine, fantastische Bewertungen das andere

Die Grössenordnungen der investierten Summen sind real, sind es die Post-Money-Bewertungen auch? Nach grossen Finanzierungsrunden von FinTechs oder auch von Neo-Banken kommen im Zusammenhang mit den Bewertungen regelmässig Vergleiche zu traditionellen Playern, welche teilweise auch Grossbanken nicht allzu gut aussehen lassen.

Wirtschaftsinteressierte Zeitgenossen mit etwas mehr Distanz zu schnell skalierenden Startups und FinTechs wundern sich zuweilen, weshalb zum Beispiel Revolut mit 33 Milliarden Dollar nun deutlich höher bewertet wird als die Deutsche Bank. Oder warum eine zu erwartende Bewertung von N26 mit angepeilten 10 Milliarden die Commerzbank in den Schatten stellt.

Das eine wie das andere trifft (noch) nicht zu, weil diese direkten Vergleiche hinken – die Bewertungen von Mehrfach-Unicorn-FinTechs und klassischen Banken basieren nicht auf vergleichbaren Daten und Werten. Die genannten FinTechs wachsen tatsächlich sehr schnell, haben wirklich sehr viel Potenzial, erwirtschaften jedoch in der Regel (noch) überschaubare Erträge und mit wenigen Ausnahmen keine Gewinne.

Investoren, welche sich bei diesen schhnell wachsenden FinTechs mit grossen Summen engagieren, wollen ihr investiertes Kapital mehren. Deshalb wissen sie, was sie tun, kalkulieren vorwärtsgerichtet, engagieren sich aufgrund von Wachstum, Potenzial und Ertragsaussichten durch Skalierung –  sie tätigen keine blossen Casino-Investitionen. Dennoch, und das schleckt keine Geiss weg, die aktuellen Post-Money-Bewertungen kommen in der Regel durch "eine Handvoll" Investoren zustande und diese Bewertungen werden erst in der Zukunft durch konkrete Resultate bestätigt oder eben auch korrigiert. Daran ändern auch vergoldete Exits oder vorgezogene Börsengänge wenig, sofern weiterhin Fantasie, Erwartungen, hochgerechnete Potenziale und Hoffnungen deutlich stärker gewichtet werden als konkrete Resultate, Erträge und Gewinne.

Die traditionellen Player und auch klassische Banken werden nicht von einigen wenigen Investoren bewertet, der Börsenwert kommt durch hundertausende von Anlegern zustande, welche bereit sind, für eine Aktie des Geldhauses X den Betrag Y zu zahlen. Selbstverständlich spielen auch an der Börse Erwartungen und Fantasie eine Rolle, aber nicht in dem Masse, wie das bei sehr hoch bewerteten FinTechs ausserhalb der Börsen der Fall ist.

Der langen Schreibe kurzer Sinn: die Bewertungen von Klarna, Revolut, N26 und anderen Milliarden-Neos sind weder abenteuerlich noch ungerechtfertigt, aber sie kommen schlicht auf einer anderen Basis zustande und sind nicht 1:1 mit traditionellen Playern vergleichbar. Deshalb ist Revolut heute (noch) nicht mehr wert als die Deutsche Bank. Und N26 wird auch mit einer 10-Milliarden-Bewertung (noch) nicht die Commerzbank in den Schatten stellen.

Für die Zukunft bleibt das eine wie das andere allerdings möglich, vielleicht früher als gedacht. Gerade auch bei einem Börsengang, sofern dann viele Anleger bereit sind, die hochfliegenden Erwartungen der bisherigen Investoren als Potenzial und als Fantasie zu teilen. Und dafür stehen die Chancen tatsächlich gut, bei Revolut, bei N26 und auch bei einigen anderen FinTechs, die den Sprung an die Börse in Planung haben.