Finanzierung

Neon hat mit Crowdinvesting 8.6 Millionen eingesammelt

Schweizer Tausendernoten, die in einen Trichter fliessen
Bild: fatido | Getty Images

Die Neo-Bank hat ihre Crowdinvesting-Kampagne abgeschlossen – insgesamt hat Neon diesen Herbst mehr als 11 Millionen Franken generiert.

Im September 2022 hat Neon von seinen institutionellen Bestandesinvestoren 2.5 Millionen Franken erhalten. Das ist weniger als in früheren Runden, letztes Jahr ist das FinTech von seinen Investoren mit 7 Millionen ausgestattet worden. Die neue Zurückhaltung ist einerseits eine Konsequenz des teuren Kapitals, Geld hat seit den Leitzinserhöhungen wieder einen Preis. Zudem, das eine hängt mit dem anderen zusammen, halten Investoren generell ihre FinTechs an, den ziemlich kostspieligen Wachstumskurs der letzten Jahre neu auf die Schienen einer erreichbaren Profitabilität zu verlegen. 

Neon hat 2021 den üppigen Einschuss der Investoren (TX Group, Back Bone Ventures, QoQa Services, Helvetia Venture Fund, Innovationsstiftung der Schwyzer Kantonalbank sowie private Investoren) mit einer ersten Crowdinvesting-Kampagne erweitert und über diesen Kanal weitere 5 Millionen Franken generiert. Seither war die Neo-Bank mit insgesamt 12 Millionen Franken frischem Kapital unterwegs. MoneyToday.ch hat über beide Finanzierungsrunden berichten, hier und hier.

Die Finanzierungsrunden 2022

Im Anschluss an die Septemberrunde der Investoren mit 2.5 Millionen hat Neon im Oktober eine zweite Crowdinvesting-Kampagne gestartet, um weitere 5 Millionen Franken von den Kundinnen und Kunden einzuspielen. Während der laufenden Runde hat Neon das Ziel auf 10 Millionen erhöht. Am 31. Oktober 2022 ist die Kampagne abgeschlossen worden, die Crowd hat insgesamt 8.6 Millionen Franken beigesteuert.

4'962 Kundinnen und Kunden haben Neon ihr finanzielles Ja-Wort gegeben und durchschnittlich 1'750 Franken investiert. Der Durchschnitttsbetrag sagt allerdings nicht allzu viel aus, die Verteilung dürfte auf eine Vielzahl von Kleininvestoren hinauslaufen, welche das Minimum von 2 Aktien (stimmrechtslose Partizipationsscheine) für 400 Franken gezeichnet haben. Eine kleinere Zahl von privaten oder "halbinstitutionellen" Investoren mit höheren Limits dürfte den Schnitt nach oben gedrückt haben.

Das ändert jedoch nichts am Resultat, in der Schweiz gehört eine Crowdinvesting-Kampagne, die 8.6 Millionen einbringt, zu den grossen und erfolgreichen Crowd-Beteiligungen. Damit ist Neon mit insgesamt gut 11 Millionen Franken nahezu mit demselben Betrag im Rennen wie letztes Jahr – die Crowd war diesmal zusammengenommen einfach grosszügiger als die institutionellen Investoren.

Die Nebengeräusche bei der Crowdinvesting-Kampagne

Neon hat vor und während der laufenden Kampagne ein Forum unterhalten, das auch stark genutzt worden ist. Neben zahlreichen sachbezogenen Fragen zu Prozessen oder Abwicklung, haben sich mehrere Crowdinvestoren an zwei Punkten gestört:

Zum einen gab's Fragen zur "Entwertung" oder Verwässerung der eigenen Anteile, wenn im laufenden Spiel die Summe der neuen Investorengelder erhöht wird, also von 5 auf 10 Millionen. Dieser Punkt ist ein Klassiker und betrifft nicht nur Neon. Mit der Ausgabe zusätzlicher Aktien findet zwangsläufig eine Verwässerung statt, eine Entwertung schlimmstenfalls dann, wenn die realistische Firmenbewertung sich nicht erhöht, sondern stehenbleibt oder in den Keller geht. Dieses Risiko gehen alle Investoren ein, bei Neon und auch bei neuen Finanzierungsrunden anderer FinTechs.

Zum anderen ist verschiedenen Neo-Investoren ein Passus sauer aufgestossen, der besagt, dass die Gesellschaft (also Neon) jederzeit das Recht hat, ausgegebene Partizipationsscheine zum Ausgabepreis von 200 Franken zurückzukaufen, zuzüglich 10 Prozent Jahreszins, berechnet ab Ausgabedatum. Diese "Kaufoption" bedeutet, führt ein Forums-Teilnehmer aus, dass in einigen Jahren vor einem lukrativen Exit sämtliche Crowd-Investoren billig rausgekauft werden könnten und folglich nicht am finanziellen Erfolg des Exits beteiligt wären.

Dieser Passus ist tatsächlich brisant. Neon beschwichtigt im Forum mehrfach und verspricht in Fettauszeichnung, dass bei einem Exit, "alle Investoren genau gleich behandelt und genau denselben Preis für die Wertschriften erhalten" würden. Warum dieser Passus überhaupt besteht? Neon führt aus, dass "der Passus aber in einem "Streitfall" eine faire und schnelle "Trennung" ermöglichen soll" und hofft, mit dieser Antwort "die Befürchtung entkräftet zu haben".

Ganz ohne Kraft bleiben die Befürchtungen möglicherweise nicht, weil mit diesem Passus die Crowd-Investoren auf Gedeih und Verderb der Fairness auf freiwilliger Basis ihrer Neo-Bank ausgeliefert sind. Sie allein definiert, ab wann eine Diskussion als "Streitfall" betrachtet wird und zum Rauswurf über den Rückkauf der Anteile führen darf. Zudem geben die Verantwortlichen von Neon ein Versprechen ab, dass bei einem Exit von institutionellen Investoren, die das Sagen haben werden, eingelöst werden müsste. Möge der Schutzgott der Kleininvestoren (gibt es einen solchen?) dafür sorgen, dass professionelle Investoren sich an ein Versprechen erinnern, dass sie nicht selbst abgegeben haben. Ziemlich sicher werden sie das tun, wenn Neon dereinst den Exit planen sollte. Dennoch kein gutes Gefühl, Investor zweiter Klasse mit einer Rauskauf-Klausel zu sein, die grundsätzlich jederzeit ausgeübt werden könnte.

Wird Crowdinvesting zum Finanzierungskanal für FinTechs und Startups?

Neon hat bereits zum zweiten Mal eine erfolgreiche Finanzierungsrunde mit der Crowd durchgeführt. In den letzten Monaten haben in der Schweiz die FinTechs Inyova und Relai über Crowdinvesting-Kampagnen ebenso erfolgreich die Geber-Qualitäten ihrer Community getestet, MoneyToday.ch hat berichtet, hier. Weitere Beispiele im In- und Ausland beweisen, das mit gut inszenierten Kampagnen frisches Kapital beschafft und die Nähe zur eigenen Community aufgebaut und gestärkt werden kann. 

Die durchgeführten Kampagnen der jüngeren Vergangenheit zeigen zudem, dass die realisierbaren Summen tendenziell wachsen und inzwischen Grössenordnungen erreichen, die ein mittelgrosses FinTech für einen längeren Zeitraum finanzieren können.

Crowdinvesting mag nicht für jedes Startup der Königsweg sein, in Zeiten von spärlicher fliessenden Investorengeldern kann der Kanal jedoch zur prüfenswerten Alternative werden.