Ob Trump das richten kann? Das Dilemma unterschiedlicher Interessen von Banken und von FinTechs beim Thema Open Banking.
Vor einigen Tagen haben mehr als 80 CEOs und Führungskräfte aus der FinTech-, Krypto- und der Technologiebranche eine Petition an US-Präsident Donald Trump gerichtet.
Diese Initiative, angeführt von der Financial Technology Association (FTA), fordert den Präsidenten auf, gegen die Einführung exorbitanter Gebühren für den Zugriff auf Bankdaten durch Drittanbieter einzuschreiten. Diese "Account Access"-Gebühren, die grosse Banken wie JPMorgan und PNC ab September 2025 erheben wollen, werden als wettbewerbswidrig und innovationshemmend kritisiert.
Was ist der Hintergrund?
In den USA gibt es seit Jahren Bestrebungen für ein Open-Banking-System, das es Verbrauchern ermöglicht, ihre Finanzdaten sicher mit Drittanbietern zu teilen. Dies geschieht über APIs, die es Mobile Apps und anderen Drittdiensten erlauben, auf die Bankkonten zuzugreifen – mit Zustimmung des Nutzers.
Das Consumer Financial Protection Bureau (CFPB) hat 2024 mit Rule 1033 einen rechtlichen Rahmen geschaffen, der solchen Datenaustausch fördert und Verbraucherrechte stärkt.
Nun planen grosse Banken Gebühren für diesen Zugriff zu verlangen, was Finanzdaten-Aggregatoren wie Plaid oder FinTech-Firmen wie Brex teuer zu stehen kommen könnte. Schätzungen gehen davon aus, dass allein Plaid bis zu 300 Millionen US-Dollar pro Jahr zahlen müsste – bis zu 75 Prozent des aktuellen Umsatzes.
Die Petition argumentiert, dass es hier nicht um faire Preise gehen würde, sondern um eine Strategie der Banken, um Marktmacht zu sichern und Konkurrenz auszuschalten.
Kundendaten gehören den Kunden – nicht den Banken, wenn wir für den Zugang bezahlen müssen, zahlen am Ende die Verbraucher mit weniger Auswahl und höheren Kosten
Dan Schulman, CEO von PayPal
Die Petition an "The Honorable Donald J. Trump President of the United States"
Dear Mr. President, so starten die Unterzeichner den Brief. Darunter hat es prominente Namen wie Cameron und Tyler Winklevoss (Gemini), Vlad Tenev (Robinhood), Patrick Collison (Stripe) und Tobias Lütke (Shopify), welche vor schwerwiegenden Folgen warnen in drei Schlüsselbereichen:
Kryptowährungen: Sichere Verbindungen zwischen Bankkonten und Krypto-Wallets sind essenziell für den Einstieg in digitale Assets. Hohe Gebühren könnten Innovationen ins Ausland treiben und die US-Führung in diesem Sektor schwächen.
Künstliche Intelligenz: Personalisierte KI-Tools von FinTechs, die Finanzen managen oder bessere Deals finden, basieren auf autorisiertem Datenzugriff. Banken könnten sich somit abschotten und sich starke Kontrolle über die Zukunft der Finanz-KI-Assistenten verschaffen, die den Verbrauchern eigentlich helfen sollten, bessere Angebote zu finden oder ihr finanzielles Leben zu verwalten.
Digitale Wallets und digitale Zahlungen: Kleine, meist innovative Unternehmen profitieren von günstigen Zahlungssystemen. Blockaden der Banken würden Abhängigkeit von alten Netzwerken verstärken und Kosten erhöhen.
Die Erhebung von Gebühren für den Datenzugriff widerspricht dem Willen der Verbraucher, da 90 Prozent der Amerikaner der Meinung sind, dass sie selbst und nicht die Grossbanken darüber entscheiden sollten, wie und wann ihre Finanzdaten verwendet und weitergegeben werden
Penny Lee, Präsidentin der FTA
In der Petition wird betont: "Der Zugang zum Konto und die Daten gehören dem Kunden". Es geht um das Prinzip der Verbraucherwahl, das Trump in seiner ersten Amtszeit unterstützt hat. Ohne Eingreifen drohe der "Todesstoss" für viele Startups, da Gebühren 60 bis 100 Prozent ihres Umsatzes verschlingen könnten.
Eine breite Allianz von Fin- und anderen Tech Anbietern
Die Liste umfasst über 80 Organisationen, von Krypto-Plattformen wie Gemini und Kraken über FinTech-Riesen wie PayPal, Klarna und SoFi bis hin zu Verbänden wie der Blockchain Association und der National Grocers Association. Auch Investoren wie Andreessen Horowitz und Paradigm sind dabei.
Diese Einheit unterstreicht die Dringlichkeit. Es ist eine geschlossene Allianz – selten zu sehen in dieser Ausprägung – in einer Branche mit einem Marktwert von über 4.2 Billionen US-Dollar.
Die Banken freut es nicht
Die Bankenlobby, vertreten durch verschiedene Fachverbände sowie das Bank Policy Institute (BPI), hat prompt auf die Petition reagiert und sie als irreführend kritisiert.
In einer gemeinsamen Gegendarstellung vom 14. August 2025 wird betont, dass Banken keine Gebühren für Verbraucher erheben, sondern ausschliesslich für kommerzielle Drittanbieter wie Daten-Aggregatoren und FinTechs, die diese Daten gewinnbringend nutzen.
Die Bankenlobby argumentiert, dass der Zugriff auf APIs erhebliche Kosten verursachen würde – von der Wartung sicherer Infrastrukturen über Cybersicherheits-Massnahmen bis hin zu Compliance mit Regulierungen wie der CFPB Rule 1033 (oft auch Open Banking Rule genannt).
Laut BPI-Fact-Sheet "A Fair Exchange" investieren Banken Milliarden in diese Systeme, um Daten sicher und effizient bereitzustellen. Und es sei nur fair, dass Nutzer wie Plaid oder Brex dafür bezahlen würden – ähnlich wie in anderen Branchen, zum Beispiel Tech-Giganten wie Google oder Amazon, die für API-Zugriffe Gebühren verlangen.
Die Banken werfen der FTA Doppelmoral vor: FinTechs würden kostenlosen Zugang zu Bankdaten fordern, würden aber ihre eigenen Daten nicht kostenlos teilen und verdienten so Milliarden durch die Monetarisierung von Verbraucherdaten.
Zudem unterstreichen die Banken ihre Unterstützung für Open Banking und Innovation, einschliesslich Partnerschaften mit Krypto-Firmen – sie weisen darauf hin, dass sie die Trump-Administration bei der Aufhebung regulatorischer Hürden für Krypto-Aktivitäten aktiv unterstützt hätten.
Ein Vertreter der Bankenseite, Stanley Epstein von der Consumer Bankers Association (CBA), kommentierte: «Banken erheben bei Verbrauchern keine Gebühren für den Datenzugriff – diese Kosten gelten nur für gewerbliche Unternehmen».
Kritiker aus dem Bankenlager sehen die Petition als Versuch, Subventionen für FinTechs zu erzwingen, was letztlich die Verbraucher durch höhere Bankgebühren belasten könnte. Insgesamt plädieren die Banken für einen "fairen Austausch", bei dem Kosten geteilt werden, um die Nachhaltigkeit des Systems zu gewährleisten, und sie warnen vor einer Überlastung ihrer Systeme durch ungebremsten Zugriff.
Wir tragen die volle Verantwortung für die Sicherheit der Kundendaten – wer Zugang zu unseren APIs erhält, muss sich an denselben hohen Sicherheitsstandards messen lassen – und diese Standards kosten Geld
Sprecher von J.P. Morgan
Und jetzt? Regulierung vs. freier Markt
Diese Debatte ist ein Test für Trumps "Pro-Innovation"-Haltung, besonders nach seiner Teilnahme an der Bitcoin-Konferenz 2025. Auf X wird die Petition lebhaft diskutiert. Viele sehen sie als Chance für "Financial Data Freedom".
Andererseits wäre das Verbieten von Gebühren eine erhebliche regulatorische Einmischung in einen freien Markt und würde den Schutz des Privateigentums unterminieren. Weil die Banken die hohen Infrastrukturkosten tragen müssen und die Drittanbieter somit nicht gezwungen wären, sich mit den Banken auf ein gemeinsames Businessmodell zu einigen.
Oder anders ausgedrückt: Wenn die Banken ein Business machen könnten, indem sie APIs anbieten, dann werden sie auch viel mehr solcher Dienste anbieten. Falls sie kein Business machen könnten und alles kostenlos anbieten müssten und die Banken (sprich die Kunden) somit die Infrastrukturkosten alleine tragen müssten, werden sie sich auf das regulatorische Minimum beschränken.
Ganz einfach, sowas lernt man sogar in der Grundschule, Fach Wirtschaftskunde.
Vielleicht kommen die Banken ja auf komplett neue Ideen und der Kunde kann irgendwann unter verschiedenen Informationsdiensten gewünschte Optionen einfach auswählen. Zum Beispiel Kontoauszug per Post, Kontoauszug nur per E-Mail als PDF und/oder als maschinenlesbares File, E-Banking Ja/Nein, Zugriff auf Kontodaten durch Dritte und weitere Optionen.
So etwas wäre innovativ und würde in einem freien Markt, bei dem sich der Regulator zurückhält, auch zu neuen Produkten führen und zu mehr Auswahl.
Experten schätzen aber die Chance auf ein Eingreifen Trumps auf 60 bis 70 Prozent, was FinTech-Aktien boosten könnte. In einer Zeit, in der digitale Finanzen boomen, könnte diese Petition den Weg für ein offeneres US-Bankensystem ebnen – oder es weiter fragmentieren. Bleibt abzuwarten, ob Trump handelt, bevor die Gebühren im September wirksam werden.
Der Autor:
Oscar Neira (nei)
In der Finanzindustrie und im Zahlungsverkehr seit Jahren am Puls der Märkte. Und als Redaktor sowie als Korrespondent an Events, Fachtagungen und Kongressen für unsere Redaktion unterwegs.
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