Metaversum: das Internet der Zukunft nimmt Gestalt an

Pedro Palandrani, Research Analyst bei Global X
Pedro Palandrani, Research Analyst bei Global X

Unser Gastautor zu verschiedenen Aspekten des Metaversums und zur Bedeutung des Phänomens Metaverse für Anlegerinnen und Anleger.

In den letzten Tagen und Wochen wurde viel geredet über das Metaversum. Der Höhepunkt wurde letzte Woche erreicht: Facebook besetzte den Begriff des Metaversums endgültig mit dem Wechsel seines Namens auf "Meta". Doch auch andere Unternehmen wie die Online-Spielplattform Roblox benutzten den Begriff inflationär in ihrer letzten Telefonkonferenz für Analysten. Die Begeisterung für das Thema kommt daher, dass sich das Metaversum als die Evolution des heutigen Internets herauskristallisiert und unzählige Chancen für Unternehmen und Anleger bietet.

Was ist überhaupt mit Metaversum oder Metaverse gemeint? Das Metaversum wird durch mehrere Schlüsselfunktionen charakterisiert, darunter Echtzeit-Persistenz im Sinne von Dauerhaftigkeit, vielfältige Wirtschaftssysteme und Gemeinschaften, digitale Avatare sowie die Zugänglichkeit über mehrere Geräte. Obwohl es bereits erste Versionen des Metaversums gibt, die Investoren einen Einblick in sein enormes Potenzial geben, wird erwartet, dass ein erfolgreiches Metaversum in der Zukunft eine dezentralisierte Plattform mit offener Architektur bietet, auf die über Virtual-Reality-Headsets zugegriffen werden kann und die auf der Blockchain-Technologie basiert. Sollte das Konzept erfolgreich sein, dürfte sich ein neuer Billionenmarkt für Unternehmen aus verschiedenen Bereichen wie Social Media, Videospiele, E-Commerce und Blockchain eröffnen.

Internet vs. Metaversum

Im heutigen Internet greifen wir oft auf verschiedene digitale Plattformen zu, weil sie uns vielfältige Erfahrungen und Möglichkeiten in der physischen Welt bieten. Wir kaufen Waren auf Amazon, die zu uns nach Hause geliefert werden, wir teilen Bilder von unserem letzten Abendessen auf Instagram oder wir kaufen online Tickets für ein Konzert. Im Metaversum werden digitale Plattformen noch viel weitreichendere Erfahrungen und Möglichkeiten in der virtuellen Welt eröffnen: arbeiten, Videospiele spielen, digitale Gegenstände kaufen, mit Freunden in Kontakt treten und Medien konsumieren – und das alles, während man sich im Metaversum selbst befindet.

Damit die Nutzer teilnehmen können, benötigen sie lediglich einen Einstiegspunkt, sei es ein VR-Gerät, ein Smartphone oder ein PC sowie eine Internetverbindung. Man kann davon ausgehen, dass die NutzerInnen innerhalb der beliebtesten Metaversum-Plattformen funktionierende Wirtschaftssysteme vorfinden, in denen sie Geld ausgeben oder verdienen können. Viele werden das Metaversum als Unterhaltungs- und Freizeitraum betrachten, insofern werden diese Plattformen von Netzwerkeffekten profitieren, da mehr NutzerInnen zu reichhaltigeren digitalen Erfahrungen führen und somit mehr NutzerInnen wie Familie, Freunde und Bekannte anziehen.

Erste Anwendungen zeigen das Potenzial

Dass das Metaversum keine futuristische Idee ist, zeigen verschiedene Beispiele: Fortnite von Epic Games hat virtuelle Konzerte mit Ariana Grande und Travis Scott veranstaltet, bei denen die Nutzer mit ihren digitalen Avataren teilnahmen. Der Erfolg dieser Veranstaltungen war beeindruckend und zog Millionen von Fans an, die die Anzahl Besucher bei herkömmlichen Konzerten bei weitem übertrafen.



Ein weiteres Beispiel ist das Multiplayer-Online-Spiel "Adopt Me!" von Roblox, das seit seiner Veröffentlichung im Juli 2017 durchschnittlich 6,2 Milliarden Besuche pro Jahr zählt. Im August 2021 unternahm auch Facebook einen grossen Schritt in Richtung eines Metaversums, als es "Horizon Workrooms" vorstellte – einen virtuellen Konferenzraum, in dem Mitarbeitende in Form ihrer digitalen Avatare miteinander interagieren können. Um den Arbeitsraum zu betreten, ist ein Oculus VR-Headset und das Herunterladen der kostenlosen App erforderlich.



Metaversum der Zukunft voraussichtlich in einer offenen Architektur

Heute bieten Unternehmen ihre Metaversum-Erfahrungen hauptsächlich über Systeme mit geschlossener Architektur an, was bedeutet, dass ihre Software und/oder Hardware nicht mit anderen Plattformen kompatibel ist. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich die erfolgreichsten Metaversum-Plattformen zu einer offeneren Architektur entwickeln werden, die es allen (oder zumindest vielen) Parteien – Nutzern, Entwicklern und Unternehmen – ermöglicht, unter gleichen Bedingungen teilzunehmen. Ein wahrhaftig offenes Metaversum existiert bereits heute mit Decentraland, das auf der Ethereum-Blockchain aufbaut und Mitgliedern der Community die Möglichkeit gibt, Inhalte und Anwendungen zu erstellen, zu erleben und zu monetarisieren. Im Gegensatz zu anderen virtuellen Welten und sozialen Netzwerken hat kein einzelner Akteur die Macht, die Regeln der Software, des Landes oder der Währung von Decentraland zu ändern.

Zusammentreffen mehrerer disruptiver Themen

Das Metaversum steckt noch in den Kinderschuhen, aber die Infrastruktur wird Stück für Stück aufgebaut, und die gesellschaftlichen Einstellungen ändern sich, so dass wir bald die eingangs erwähnte Evolution des Internets erleben werden. Auch wenn es noch einige Jahre dauert, bis voll ausgebildete und hyperrealistische Metaversum-Erfahrungen allgegenwärtig sind, zeichnen sich bereits jetzt Investitionsmöglichkeiten in verschiedenen Bereichen ab, darunter Social Media, Videospiele, E-Commerce und Blockchain.



Im Mittelpunkt der Möglichkeiten stehen Unternehmen aus den Bereichen soziale Medien und Videospiele, die ihre grossen Nutzerbasen, Entwicklerplattformen, Erfahrungen mit digitalen Live-Events und modernste Hardware nutzen, um die Grundlagen für das Metaversum zu schaffen. Darüber hinaus werden leistungsstarke E-Commerce-Firmen von neuen Vertriebskanälen und Funktionen profitieren, während Blockchain-Firmen bei der Bereitstellung der Finanzinfrastruktur, die die Wirtschaft des Metaversums untermauert, eine wichtige Rolle spielen werden. Insgesamt gehen wir von einem Billionen-Potenzial aus für Unternehmen, die das Metaversum aufbauen und sich darin bewegen.

Auch Anleger können davon profitieren, wenn Sie einen thematischen Investment-Ansatz verfolgen. Die Herausforderung und gleichzeitig die grosse Chance ist, dass das Metaversum verschiedene disruptive Anlagethemen in einem vereint. Das müssen auch die Anleger in ihrem Portfolio abbilden, um erfolgreich zu sein.

Der Autor: Pedro Palandrani

Pedro Palandrani, Research Analyst bei Global X

Pedro Palandrani ist seit 2019 bei Global X als Research Analyst tätig und kümmert sich primär um die Themen disruptive Technologien, E-Mobilität und Infrastruktur. Er verfügt über einen MBA der Salem State University und ist ein Certified Financial Accountant (CFA).

Global X ETFs ist ein New Yorker Asset Manager, der rund $40 Mrd. Vermögen in seinen 80 thematischen ETFs verwaltet. Im Fokus stehen dabei Technologie- und infrastrukturthemen sowie der Zugang über spezifische ETFs zu einzelnen Marktregionen oder Ländern. Das Unternehmen zählt über 100 Anlage- und Finanzexperten in den USA, Europa, Lateinamerika und Asien.