Neo-Banken

Mit Alpian geht eine weitere Neo-Bank an den Start

Verschiedene Smartphone-Ansichten der App der Neo-Bank Alpian
Bild: Alpian

Wenn die Schweiz weitermacht wie bisher, bekommt sie als kleines Land irgendwann das Dutzend der Neo-Banken voll – oder hat sie das schon?

Die Schweizer Neo-Banken haben teilweise unterschiedliche Ausrichtungen und Strukturen. Definiert man den Begriff Neo-Bank aber nicht zu eng, dann wird das was mit dem Dutzend. Beschleunigt vor allem dann, wenn die ausländischen Neo-Banken mit eingerechnet werden, die sich mit einem kräftigen Fuss oder sogar mit beiden Beinen im Schweizer Markt etabliert haben.

Mit Alpian ist soeben eine weitere Schweizer Neo-Bank an den Start gegangen.

Die digitale Privatbank Alpian

Der jüngste Spross in der Schweizer Neo-Banken-Szene heisst Alpian. Das FinTech ist einige Wochen früher gestartet als geplant – jetzt, statt Ende 2022. Allerdings mit einem langen Vorlauf seit Oktober 2019. Alpian hat zwischen 2020 und 2022 in drei Finanzierungsrunden 48 Millionen Franken eingesammelt und verfügt damit über einen Rahmen und Spielräume, die vieles möglich machen.

Dieses Mögliche und auch Kostspielige ist teilweise bereits realisiert worden: die Neo-Bank ist seit März 2022 Inhaberin einer Banklizenz und beschäftigte schon vor ihrem Start 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche sich auf Büros in Genf, London und Rom verteilen. Weitere Niederlassungen in Zürich und auch im Tessin sollen folgen. Das gehört mit zum Konzept der Neo-Bank, Alpian setzt neben digitalen Kanälen auf "persönliche Betreuung und Kommunikation in der richtigen Sprache".

Die persönliche Betreuung ist deshalb wichtig, weil die Neo-Bank auf das Segment der Affluent-Kunden zielt – das sind jene mit einem investierbaren Vermögen zwischen 100'000 Franken und einer Million. Immerhin nimmt Alpian für sich in Anspruch, "die erste digitale Privatbank der Schweiz" zu sein und will für ihre Klientel das Private Banking demokratisieren. Das mit der Demokratisierung kann man insofern gelten lassen, als das Segment der Affluent-Kunden in der Schweiz ziemlich gross ist, im Vergleich zu den sehr vermögenden und von Banken besonders gepflegten Segmenten der HNWI und vor allem der UHNWI

Die umfassenden Leistungen des Private Banking will Alpian nun also bereits Kundinnen und Kunden mit überschaubarem Vermögen zugänglich machen. Zumal der Alpian-CEO Schuyler Weiss davon überzeugt ist, dass die Masse der schlecht betreuten oder unzufriedenen und wechselwilligen Affluent-Kunden gross genug ist, um der Neo-Bank mittelfristig eine gute Position in der Schweizer Banken-Szene zu sichern. 

Welche Leistungen die Neo-Bank anbieten will

Der auf Mobilgeräte ausgerichtete digitale Service der Bank will alltägliche Dienstleistungen und das Private Banking kombinieren, also klassische Bank- und Anlagedienstleistungen in einer App, mit jeweils offenen Zugängen zu Dialog und Beratung. Alpian selbst beschreibt ihr "noch nie dagewesenes, massgeschneidertes, digitales Private-Banking-Angebot" mit folgenden Worten: 

"Mit einem einzigartigen Hybridkonzept kombiniert Alpian eine sichere, hochmoderne Bankplattform mit der Unterstützung und Beratung durch erfahrene Vermögensberater von Alpian, die wohlhabenden Kundinnen und Kunden Zugang zu Dienstleistungen bieten, die sonst der Klientel traditioneller Privatbanken vorbehalten sind."

Die Neo-Bank bietet mit "Managed by Alpian" und "Guided by Alpian" zwei Schienen für Kundinnen und Kunden an. "Managed" bedeutet, dass Kunden die Verwaltung ihres Vermögens vollständig an die Finanzprofis von Alpian delegieren. Dieser Service steht ab einer Mindestanlage von CHF 30'000 zur Verfügung. Auf der Schiene "Guided" verwalten Kunden ihr Vermögen von minimal CHF 10'000 selbst, lassen sich dabei jedoch von Expertinnen und Experten der Neo-Bank beraten, sowohl in der Strategie als auch bei Anlagen.

Alpian legt den Schwerpunkt auf Investieren und Anlagen, kombiniert jedoch die klassischen Retail-Services dazu. Kundinnen und Kunden erhalten Zugang zu vier Konten in CHF, EUR, GBP und USD. Dazu gibt's eine Debitkarte in Metallausführung mit den Services und Leistungen, die alle Neo-Banken im Programm haben. Umtausch von Währungen "zu den günstigsten Tarifen auf dem Markt", verspricht die Neo-Bank. Die Kontoeröffnung setzt eine Mindesteinzahlung von CHF 10'000 voraus.

Die Neo-Bank stellt Gebühren von CHF 90 pro Quartal in Rechnung und will nach eigenen Aussagen mit einer "kompetitiven Verwaltungsgebühr in Höhe von 0.75 Prozent zudem einen neuen Branchenstandard für Investitionen in ähnlicher Höhe definieren". Alle anderen Gebühren, so die Bank, werden Kundinnen und Kunden im Voraus mitgeteilt oder sind in der Gebührenordnung zu finden, hier

Schuyler Weiss, CEO von Alpian, positioniert seine Neo-Bank im Kontext der Finanzbranche mit folgenden Worten:

Die Gründung von Alpian, der ersten digitalen Privatbank der Schweiz, markiert einen Schritt nach vorne für die Branche. Das ist der erste wichtige Meilenstein auf unserer Reise. Und es werden noch viele weitere folgen.

Zudem: Die jüngste Schweizer Neo-Bank will nicht rasten, Alpian verspricht für kommenden Monate die Einführung "weiterer origineller Dienstleistungen für Alpian-Kunden".

Wann ist in der Schweiz das Dutzend der Neo-Banken voll?

Das weiss im Moment noch niemand – eine Auslegeordnung der Neo-Banken in der Schweiz zeigt aber immerhin, was dazu noch fehlt. Allzu viel ist es nicht. Lehnt man sich zurück, bleibt grosszügig und lässt Wise auch als Neo-Bank durchgehen, schwappt das Fass fast schon über – jedenfalls ist damit das volle Dutzend erreicht.

Zwei, drei FinTechs und Apps mit grossen Müttern sind mit Vorsatz nicht unter dem Segel "Neo-Bank" unterwegs, weil sie nicht mit Neo-Banken verglichen werden möchten. Wir ignorieren diese Strategie, weil die Apps im Leistungsspektrum als Neo-Banken wahrgenommen werden, deshalb stehen sie laufend im Vergleich zu ihren Neo-Konkurrenten.

Die mehr oder weniger Unabhängigen

Alpian
Starke Ausrichtung auf Anlagen mit Fokus auf Affluent-Kunden.

FlowBank
Starke Ausrichtung auf Anlagen mit extrem breitem Invest-Angebot.

Neon
Klassische Leistungen einer Neo-Bank mit mehreren Abo-Modellen.

Yapeal
Klassische Leistungen einer Neo-Bank mit mehreren Abo-Modellen.
Seit einiger Zeit verstärkter Fokus auf B2B.

Die Kinder von grossen Müttern

CSX
Die App der Credit Suisse.
Eigenständige App und dennoch hybrid verbandelt.

Key4
Das hybride Angebot der UBS.
Integriert ins Mobile Banking der UBS mit Key4-App-Umgebung.

Radicant (Marktstart noch im laufenden Jahr)
Die Tocher der Basellandschaftlichen Kantonalbank.
Positioniert als digitaler Lebensbegleiter in allen Finanzangelegenheiten, Fokus auf Nachhaltigkeit.

Yuh
Die autonome Tochter von PostFinance und Swissquote.
Starke Ausrichtung auf Sparen und Investieren.

Zak
Die Tochter der Bank Cler.
Eigenständige App und erste digitale Neo-Bank der Schweiz..

Die Ausländischen

N26
Klassische Leistungen einer Neo-Bank mit eingeschränkten Angeboten in der Schweiz.

Revolut
Klassische Leistungen einer Neo-Bank mit mehreren Abo-Modellen.
Die Neo-Bank mit dem breitesten Leistungsangebot und den meisten Kunden in der Schweiz.

Wise
Standard-Leistungen einer Neo-Bank mit Schwerpunkt auf Karten und Fremdwährungen.
Führend im Bereich der internationalen Geld-Transfers und Überweisungen.

Wie bewegt sich die Schweizer Neo-Banken-Landschaft?

Ob man nun alle genannten FinTechs als Neo-Banken betrachten will oder nicht – die Schweiz hat im Vergleich zu ihrer Grösse eine beachtliche Dichte an Neo-Banken und Finanz-App-Angeboten.

Diese Dichte kann auch noch grösser werden, muss aber nicht. Wahrscheinlicher ist, dass sich mittelfristig die Zahl der Neo-Banken in der Schweiz durch Kooperationen, Fusionen, Exit-Strategien, Kapitulationen oder andere Ereignisse weniger nach oben, eher nach unten bewegen wird.

Forciert wird diese Konsolidierung, vor allem bei fremdfinanzierten FinTechs, durch die Abkehr von der Wachstums-Strategie um jeden Preis und der Forderung der Investoren nach Profitabilität.