Eine clevere Strategie verfolgt das Startup Recyclium, um Recycling weltweit zu revolutionieren und die Kreislaufwirtschaft zu fördern.
Weltweit werden jährlich mehr als zwei Milliarden Tonnen Abfall produziert. Allein bei E-Zigaretten gelangen jedes Jahr nach Schätzungen mehr als 4,3 Milliarden Einheiten in Umlauf – weniger als zehn Prozent davon werden recycelt.
Gleichzeitig nimmt die regulatorische Dynamik zu: EPR-Vorgaben, Green Taxonomies, ESG-Standards, CO2-Bilanzen. Inmitten dieser Entwicklung positioniert sich das Schweizer Startup Recyclium als digitaler Infrastrukturanbieter für moderne Kreislaufwirtschaft.
Gründer Pascal Siegrist will nichts weniger als die globale Abfallwirtschaft neu ordnen – mit einem einzigartigen, vollständig digitalen Blockchain-gestützten Rücknahmesystem, das lineare Wertschöpfungsketten in geschlossene, transparente Kreisläufe überführt.
Dazu hat das Startup die weltweit erste vollständig digitale Rücknahmeplattform auf Blockchain-Basis entwickelt. Mit dem Ziel, eine globale Infrastruktur für zirkuläre Rohstoffwirtschaft zu etablieren.
Ein digitales Pfandsystem, das Verbraucher und Sammler belohnt
Herzstück der Recyclium-Plattform ist ein digitales Pfandsystem, das Verbraucherinnen und Sammler finanziell incentiviert, Hersteller mit Echtzeitdaten versorgt und Recyclingprozesse lückenlos über die Blockchain rückverfolgbar macht.
Die Lösung funktioniert ohne Sammelautomaten – Rückgaben erfolgen per QR-Code über eine App, Prämien werden analog oder digital ausgegeben.
Die Plattform von Recyclium ist modular aufgebaut, lässt sich in ERP- und Lieferketten-Software integrieren und unterstützt mehrsprachige, multiregionale Compliance-Strukturen. Damit wird sie weltweit einsetzbar – auch in Regionen ohne staatlich organisierte Rücknahmesysteme.
Vom Abfall zur Ressource: Rückverfolgung, Daten, Skalierung
Recyclium basiert auf fünf Prinzipien:
- Lifecycle Traceability
Jeder Rückgabeprozess wird mit Geodaten, Zeitstempel, Materialklassifikation und Transaktionsdaten in der Blockchain dokumentiert – unveränderbar und ESG-konform. - Incentivized Participation
Das Pfand wird als variabel skalierbarer Mikrobonus ausgezahlt – angepasst an den Materialwert. So werden auch schwierige Stoffströme attraktiv. - ESG-grade Data Infrastructure
Recyclium liefert auditierbare Daten zu Rückgabequoten, CO2-Einsparung und Materialkreisläufen, als Dashboard oder API. Damit können Unternehmen regulatorischen Anforderungen besser entsprechen. - Micro-Logistics Enablement
Lokale Sammelstellen – sogenannte Storers – übernehmen die Annahme und Vorverifizierung. So entsteht ein dezentrales Rückgabenetz, auch in Regionen ohne Infrastruktur. - Globale Skalierbarkeit
Die SaaS-Architektur erlaubt Integration in Unternehmenssysteme ebenso wie in nationale Rückgabesysteme. So entsteht ein universeller Standard für Kreislaufwirtschaft.
Strategisch kritische Rohstoffe
Eine digitalisierte Kreislaufwirtschaft ist besonders in der EU für die Rückführung und Neuverwertung sogenannter "strategisch kritischer Rohstoffe" von hoher Relevanz.
Laut EU-Kommission stammen über 90 Prozent des Lithiums, 98 Prozent der Seltenen Erden und 71 Prozent des Platins aus Ländern ausserhalb der EU. Gleichzeitig gehen in Europa jährlich geschätzte 20 bis 50 Prozent strategisch kritischer Rohstoffe durch unsachgemässe Entsorgung verloren.
Mit dem im Mai 2024 in Kraft getretenen Critical Raw Materials Act verpflichtet sich die EU bis 2030:
- mindestens zehn Prozent ihrer kritischen Rohstoffe selbst zu fördern
- 40 Prozent intern zu verarbeiten
- 25 Prozent durch Recycling zu gewinnen
- nicht mehr als 65 Prozent eines Materials aus einem einzigen Drittstaat zu beziehen
«Wir arbeiten daran, dass jetzt und in Zukunft möglichst gar keine kritischen Materialien mehr auf Mülldeponien landen. Dafür schaffen wir nicht nur die technische Basis mit unserer digitalen Plattform, sondern fördern auch ein Umdenken. Damit kann die EU beispielsweise einen wichtigen geopolitischen Schritt hin zur Unabhängigkeit von strategisch kritischen Rohstoffen aus Drittstaaten und weg von der unnötigen Vergiftung und Vermüllung unseres Planeten gehen», erklärt Pascal Siegrist.
Strategischer Mehrwert für Unternehmen
Recyclium ist nicht nur ökologisch und geopolitisch, sondern auch wirtschaftlich relevant. Die Plattform eröffnet Unternehmen Rohstoffsicherheit durch gezielte Rückführung originärer Materialien, EPR-Optimierung durch belastbare Rücknahme- und Recyclingdaten, sowie eine glaubwürdige Nachhaltigkeitspositionierung, belegbar über die Blockchain.
«Viele Unternehmen wollen nachhaltiger werden, aber ihnen fehlen messbare, zertifizierbare und kosteneffiziente Systeme», sagt Siegrist, «Recyclium schafft diese ohne die typischen hohen Infrastruktur-Investitionen».
Kann sich das System durchsetzen?
Idee, System, Plattform und Technologie von Recyclium sind gut gedacht und durchaus gebaut für eine Welt mit weniger Abfall und einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft. Zumal alle Involvierten profitieren: Hersteller, Verbraucher und Sammler. Durch Transparenz, Effizienz und vor allem auch durch Anreize.
Ob sich die Vision des Schweizer Startups und die grossen Ziele ihres Gründers weltweit durchsetzen können, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.