Nachhaltig Investieren

Anleihen können bei der Finanzierung von Klimaschutzzielen und Anpassungen effektiver sein als Aktien

Market Insights
Gründe Fassade eines ESG-Unternehmens
Bild: Getty Images | Fahroni

Machen Investments in Unternehmen mit guter ESG-Bewertung Portfolios grüner? Manchmal schon, für ein Mehr an Wirkung gibt's jedoch auch andere Wege.

Angesichts der beispiellosen Hitzewellen in Europa in diesem Jahr, der Waldbrände in Kanada, Griechenland und Hawaii, der Überschwemmungen in Kalifornien, des Schnees in Afghanistan und vieler anderer extremer Wetterereignisse, zeigen sich die verheerenden Folgen des Klimawandels immer deutlicher.

Naturkatastrophen verursachten im Jahr 2022 versicherte Schäden in Höhe von über 130 Milliarden Dollar, wobei sich der Hurrikan Ian in den USA als das zweitteuerste Ereignis aller Zeiten erwies.

Ausschliessen oder Kapital gezielt zur Verfügung stellen?

Anleger, die nachhaltige Anlageentscheidungen treffen wollen, schliessen häufig Unternehmen mit schlechteren ESG-Bewertungen aus ihren Portfolios aus. Dies kann der schnellste Weg sein, um ein Portfolio grüner zu machen. Längerfristig kann jedoch eine echte Wirkung erzielt werden, indem Unternehmen und Regierungen Kapital zur Verfügung gestellt wird, um ihre Pläne zur CO2-Reduzierung und zur Energiewende zu finanzieren und – was besonders wichtig ist – um sie bei der Anpassung an den bereits eingetretenen Klimawandel zu unterstützen.

Sogenannte grüne Anleihen wurden entwickelt, um diese Art der Finanzierung zu ermöglichen. Der Vorteil von Anleiheinvestitionen gegenüber Aktieninvestitionen besteht darin, dass die Unternehmen oder Regierungen direkt Kapital für einen bestimmten Zweck erhalten und die Verwendung dieses Kapitals genau überwacht wird.

Die Unterstützung von Ländern und Volkswirtschaften bei der Anpassung an den bereits stattfindenden Klimawandel ist von entscheidender Bedeutung. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, hat zu dringenden Massnahmen aufgerufen, um die Menschen vor den unmittelbaren Auswirkungen des Klimawandels zu schützen. «Der Anpassungsbedarf in den Entwicklungsländern wird bis 2030 auf bis zu 340 Milliarden Dollar pro Jahr ansteigen», sagte er, «doch die Unterstützung für die Anpassung beträgt heute weniger als ein Zehntel dieses Betrags».

Riesige Finanzierungslücke

Derzeit klafft eine riesige Lücke zwischen dem, was die Länder brauchen, und dem verfügbaren Geld, obwohl die Anpassung nachweislich zu Ergebnissen führen kann: Die Global Commission on Adaptation hat Investitionen in Höhe von 1,8 Billionen Dollar ermittelt, die bis 2030 einen Nutzen von 7,1 Billionen Dollar bringen könnten.

In drei Sektoren besteht ein besonders dringender Bedarf an Anpassungsfinanzierung. Infrastruktur und Immobilien müssen so angepasst werden, dass sie weniger anfällig für Sturm- und Überschwemmungsschäden sind, und die Energiequellen müssen sich ändern. Auch der Versorgungssektor steht vor grossen Herausforderungen. In den Städten müssen die Entwässerungssysteme verbessert werden, und die Stromnetze sind besser gegen Hitze, Stromstösse und Stürme zu schützen. Auch die Landwirtschaft ist ein anfälliger Sektor, da die Ernten den sich ändernden Wetterbedingungen standhalten müssen. 

Konkrete Massnahmen reduzieren Versicherungsprämien

Es gibt viele Möglichkeiten für Investoren, Ländern und Unternehmen zu helfen, widerstandsfähiger zu werden. Untersuchungen von Munich Re haben gezeigt, dass die Verknüpfung von Anpassung und Versicherung, zum Beispiel durch die Wiederherstellung von Korallenriffen zur Verringerung von Sturmschäden oder durch Bepflanzung zur Verringerung von Überschwemmungen, zu niedrigeren Prämien und einer sechsfachen Rendite führen kann.

Parallel dazu sollte nicht nur in die offensichtlich "grünen" Branchen investiert werden, sondern auch in solche, die einer Überholung bedürfen. Die Unterstützung "brauner" Unternehmen mit glaubwürdigen Umstellungsplänen, wie zum Beispiel die Umstellung eines grossen Umweltverschmutzers auf erneuerbare Energien, könnte die CO2-Werte weiter senken als die Investition in ein Unternehmen mit geringen Emissionen.

Anleihen helfen, gezielter zu investieren

Festverzinsliche Wertpapiere spielen hier eine wichtige Rolle, mit einzigartigen Instrumenten wie grünen und kommunalen Anleihen, die Gelder in klimaresistente Projekte lenken. Der Vorteil des Kaufs grüner Anleihen gegenüber der Investition in ESG-Aktien besteht darin, dass bei Anleihen eine detaillierte Berichterstattung über die Auswirkungen jedes investierten Dollars erfolgen muss.

Bei erfolgreichen Klimaschutzinvestitionen muss sichergestellt werden, dass die Erlöse wie beschrieben verwendet werden. Das kann bedeuten, dass man Anleihen von Unternehmen und Regierungen kauft, die auf den ersten Blick vielleicht nicht "grün" aussehen, aber klare Ziele und Wege haben. 

Energie, IT, Aluminium

Beispiele hierfür sind Energias de Portugal, ein multinationales Energieunternehmen, das bei der Umstellung auf erneuerbare Energien führend ist, und der Computerhersteller Dell, der sich ehrgeizige Ziele für die Senkung seines Energieverbrauchs und die rasche Umstellung auf erneuerbare Energien gesetzt hat. Ein weiterer Kandidat ist die Ball Corporation – ein führender Anbieter von Aluminiumverpackungen für die Getränke-, Körperpflege- und Haushaltswarenindustrie, der sich auf die Verringerung seines ökologischen Fussabdrucks konzentriert und unendlich viele recycelbare Aluminiumprodukte anbietet.

Es gibt auch Möglichkeiten für grüne Staatsanleihen, wie die von Chile und den Niederlanden ausgegebenen, die praktische Anpassungen gegen die zunehmenden Überschwemmungen infolge des Klimawandels finanzieren.

Investitionen auf globaler Ebene und in einer Reihe von Märkten sind der Weg, um die Chancen mit der grössten Wirkung zu nutzen. Da die Temperaturen weltweit weiter ansteigen, wird der Bedarf an Anpassungslösungen nur noch zunehmen. Sorgfältig ausgewählte und genau überwachte grüne Anleihen bieten Anlegern die Möglichkeit, ihr Kapital dort einzusetzen, wo es am effektivsten ist.

Der Autor: Thomas Leys

Thomas Leys, Investment Director im European Credit Team und Research Lead für den Climate Transition Bond Fund

Thomas Leys ist Investment Director im European Credit Team und Research Lead für den Climate Transition Bond Fund bei Abrdn. Seit 2013 konzentriert er sich hauptsächlich auf das Kredit-Research, unter anderem in den Bereichen Immobilien und strukturierte Finanzierungen, sowohl bei öffentlichen als auch bei privaten Anleihen.

Thomas schloss sein Studium an der University of Manchester mit einem Bachelor of Laws (LLB) und einem Master of Laws (LLM) in Internationalem Finanzrecht ab. Er ist CFA Charterholder.