Die Schweiz hat in Sachen Blockchain, FinTech und Krypto vieles gut und richtig gemacht: frühzeitige Regulierungen, spürbare Unterstützung von Bund und Bundesräten, innovationsfreundliche Haltung von Politik und FINMA. Das hat dazu geführt, dass sich unter dem Segel des Crypto Valley – und auch ausserhalb – zahlreiche Startups, FinTechs, Krypto- und Blockchain-Unternehmen am Standort Schweiz in einem innovationsfreundlichen Klima wie zu Hause fühlen konnten.
In seiner Bestform ist das alles jedoch schon ein paar Jahre her – und seither hat sich in Technologien und Märkten vieles verändert. Man kann sich nicht ganz des Eindrucks erwehren, dass die staatlichen und regulatorischen Unterstützer sich nach getaner Arbeit vor einigen Jahren zurückgelehnt haben und die Schweizer Szene und Innovatoren sich selbst überlassen haben.
Das ist schade – was sehr gut begann, muss nicht unbedingt gut enden. Hatte sich die Schweiz vor einigen Jahre einen soliden Vorsprung erarbeitet, laufen wir jetzt Gefahr, verdrängt zu werden – eher schnell.
Lässt die Schweiz nach oder holen andere Standorte auf?
Beides trifft zu. Wobei das eine das andere verstärken kann. Attraktivere Bedingungen zum Beispiel in Singapur, Dubai, in den USA und in anderen Destinationen werden nur dann als attraktiver wahrgenommen, wenn die Schweiz nicht mehr mithalten kann.
Einige Beispiele illustrieren, in welchen Bereichen die Schweiz ins Hintertreffen gerät und andere Länder aufholen.
Die FinTech-Szene in der Schweiz
Da sind zum Beispiel Startups, die in Frühphasen noch relativ gute Chancen auf Risikokapital und Anschubfinanzierung haben, als FinTechs in Wachstumsphasen jedoch praktisch keine Investoren finden. Oder nur ausländische, die dann auch die Standortwahl mitbestimmen. Resultat: Adieu Schweiz. Dieser Verlust kann die Schweiz schon vor der Wachstumsphase von FinTechs treffen, weil Startups sich gerne von Anfang an für einen innovationsfreundlichen Standort mit guten Rahmenbedingungen entscheiden – und das ist zunehmend nicht mehr die Schweiz.
Ein Verlust, der meistens nicht mal wirklich als Verlust registriert wird, weil kein Umzug ins Ausland stattfindet, wenn innovative FinTechs und Startups bereits im Ausland gründen. Hier liefert dann einzig die nachgeführte Statistik Hinweise auf entstehende Lücken. Zum Beispiel die aktuelle Studie der Hochschule Luzern – sie zeigt, dass die Schweizer FinTech-Branche ihre Wachstums-Dynamik verloren hat, Details dazu hier.
Das Verhältnis der Schweiz zu Stablecoins
Stablecoins gehört die Zukunft. Eigentlich schon die Gegenwart. In einer Zeit, in der Riesen wie Walmart, Amazon, J.P. Morgan und zahlreiche andere Player Stablecoins in den Markt stellen, ist die Schweiz noch im Dornröschenschlaf.
In einer Zeit, in welcher der Genius Act Stablecoins ins Zentrum der US-Finanzstrategie rücken und damit Zahlungssysteme verändern werden, überlegt die offizielle Schweiz, ob sie so was Wildes überhaupt möchte. Und falls ja, in welcher abgeschwächten Form.
Initiativen privater Innovatoren werden durch einschränkende Regulierungen so einschneidend gebändigt, dass an ein Durchstarten noch nicht zu denken ist. Es ist ein bisschen so, wie wenn die Schweiz als Zuschauerin beim internationalen Stablecoin-Feuerwerk im Moment noch lange und intensiv darüber nachdenkt, wie die Zündschnüre des eigenen Feuerwerks am besten trockengehalten werden können.
Blockchain und Kryptos
Die Schweiz ist immer noch Blockchain- und Krypto-freundlich, hat aber ihre weltweit marktführende Stellung verloren. Inzwischen gibt es zahlreiche Standorte, die der Schweiz den Rang abgelaufen haben, weil sie Innovation aktiver fördern und deshalb als Standort attraktiver sind.
Das kürzlich veröffentlichte Manifest der Organisationen Swiss Blockchain Federation, Crypto Valley Association, Bitcoin Association Switzerland, DAO Suisse und Swiss FinTech darf durchaus als Hilferuf verstanden werden. In Form eines 12-Punkte-Programms, das im Detail zeigt, wo es in der Schweiz seit einiger Zeit harkt, Details dazu hier.
Rahmenbedingungen zu Stablecoins sind zurzeit in Bundesbern in Überarbeitung. Ebenso der Rahmen zur FinTech-Lizenz. Das sind positive Signale und auch dringend notwendige, weil: ohne eine aktive und unterstützende Rolle von Bundesrat, Parlament und FINMA wird es nicht gelingen, die Schweiz wieder an die Spitze der innovationsfreundlichen Länder zu bringen.
Allerdings, die Zeit drängt inzwischen, weil die Schweiz zu lange zugeschaut hat, wie andere Nationen links und rechts am einstigen Pionier-Standort vorbeigezogen sind.
Positive Signale aus Bundesbern
Die Swiss Blockchain Federation (SBF) war mit 30 der bedeutendsten Blockchain- und Krypto-Pionieren aus dem Crypto Valley letzte Woche zu Gast im Bundeshaus.
Bundesrat und Wirtschaftminister Guy Parmelin hat die Delegation empfangen. In seiner Ansprache betonte Parmelin die Bedeutung der Blockchain-Industrie für den Innovations- und Technologie-Standort Schweiz.
Blockchain und Krypto seien heute keine Nischen mehr, sagte der Wirtschaftsminister und bedankte sich bei den Unternehmerinnen und Unternehmern für ihr Engagement in der Schweiz.