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Warum das FinTech Klarna in einer Mega-Finanzierungsrunde eine Milliarde US-Dollar einsammeln konnte

Sebastian Siemiatkowski, Mitgründer und CEO von Klarna
Sebastian Siemiatkowski, Mitgründer und CEO von Klarna (Bild: Klarna)

Das schwedische Unternehmen mit Banklizenz schreibt durch aggressives Wachstum in mehreren Bereichen grosse Zahlen – auch in der aktuellen Finanzierungsrunde.

Grosse Summen ist man sich bei Finanzierungsrunden von Klarna gewohnt. Der Sommer 2019 hat 460 Millionen US-Dollar in die Kassen des FinTechs gespült, im September 2019 kamen weitere 650 Millionen dazu, welche das Wachstum von Klarna vorangetrieben haben. 

Die aktuelle Finanzierungsrunde von 1 Milliarde US-Dollar setzt den momentanen Höhepunkt und macht Klarna mit einer Post-Money-Bewertung von 31 Milliarden US-Dollar zum höchst bewerteten privaten FinTech in Europa.

Die im Vorfeld kursierenden Gerüchte des gewaltigen Andrangs von Investoren hat Klarna diese Woche bestätigt, in der vierfach überzeichneten Runde sollen neue und bestehende Investoren zum Zug gekommen sein.

Der Börsengang des FinTechs ist in Planung, ob der IPO noch dieses Jahr oder 2022 über die Bühne gehen soll, bleibt noch offen.

Was macht Klarna für Nutzer, Händler und auch für Investoren interessant?

Es ist nicht schnelles Wachstum allein, der Erfolg des FinTechs liegt im intelligenten Geschäftsmodell, das Märkte und Teilnehmer durch ein Weitwinkel-Objektiv betrachtet. Was in dieser breiten Optik Platz hat, wird untereinander organisch verbunden und mit Services verwöhnt, die inzwischen sehr weit über blosse Zahlungsdienstleistungen hinausgehen.

Bei den Wünschen der unterschiedlichen Gruppen ersetzt Klarna die Weitwinkel- durch eine Tele-Optik, um Bedürfnisse klar und fokussiert zu erkennen und auch individuell zu erfüllen. In diesen wechselnden Betrachtungswinkeln und Perspektiven dürfte eines der zentralen Erfolgsrezepte des FinTechs liegen.

Klarna verbindet Endkunden über Shoppingerlebnisse und Zahlungsdienstleistungen mit Händlern und erfüllt dabei Wünsche, die auf der einen wie auch auf der anderen Seite als Bedürfnisse oder bisher nicht erfüllte Anforderungen identifiziert werden. Das schwedische Unternehmen mit Banklizenz ist seit 2005 in den Märkten unterwegs und hat es geschafft, das Netz zwischen App-Nutzern, Handel und sich selbst mit einer Vielzahl von Services immer dichter zu weben.

Die Shopping- und Zahlungs-App mit integrierter Bank

Nicht unbedingt überraschend war der Schachzug Mitte Februar 2021, mit dem Klarna gleich eine ganze Bank in die App gepackt hat und damit neu auch als ernstzunehmende Challenger-Bank auftritt. Diese markante Ausweitung der Leistungen passt zur Strategie von Klarna – das Unternehmen wird auch in Zukunft alles über eine einzige App bieten, was Shopping, Bezahlen und den finanziellen Alltag zum komofortablen Erlebnis machen kann. Das gilt für Nutzerinnen und Nutzer der App, wie auch für Einzelhändler. Werden Lücken erkannt, bleiben sie erfahrungsgemäss nicht lange offen.

Aktuell verbindet das Unternehmen 90 Millionen Kunden mit 250'000 Einzelhandelspartnern und schafft laufend neue Services und Schnittstellen, damit sich die einen wie die anderen im Klarna-Universum gut aufgehoben und hervorragend betreut fühlen.

Der Klarna-Weg, um Ziele zu erreichen

Sebastian Siemiatkowski, Mitgründer und CEO von Klarna, ist die Triebfeder für den Wachstumskurs von Klarna. Er kritisiert oft und hörbar die Leistungen etablierter Finanzdienstleister, beschränkt sich jedoch nicht aufs Motzen, Siemiatkowski füllt erkannte Defizite mit konkreten Leistungen aus dem eigenen Hause. In seinem aktuellen Statement bleibt er eher moderat und sagt:

Bei Klarna lösen wir Probleme , das ist der Kern dessen, was wir sowohl für Verbraucher als auch für Händler tun – Verbraucher wollen transparente Produkte für Bankgeschäfte, Einkäufe und Bezahlvorgänge, die sich ihrem Lebensstil anpassen und keine veralteten, traditionellen Angebote

Klarna operiert sehr nahe an den verschiedenen Kundengruppen und richtet bestehende und neue Services auf deren Wünsche aus. Der CEO glaubt eine strukturelle Verschiebung auf der Seite der Verbraucher zu erkennen: weg von revolvierenden Kreditlinien hin zu Debitkarten. Dementsprechend, so das Unternehmen, sind die einfacheren Alternativen von Klarna auf die globalen Vorlieben von Verbrauchern zugeschnitten und werden so das weltweite Wachstum von Klarna vorantreiben. 

Das Unternehmen ist überzeugt, mit seiner Shopping-Plattform und mit den kanalübergreifenden Einkaufserlebnissen sowie der Vielzahl von individuell zugeschnittenen Services in der Verbindung von Kunden und Handel für die Zukunft gut aufgestellt zu sein. Prognosen zufolge sollen die weltweiten Einzelhandelsumsätze bis 2022 auf 27 Billionen US-Dollar steigen. Klarna sieht sich nach eigenen Aussagen in der optimalen Position, um die Nachfrage der Verbraucher sowohl online als auch im Geschäft zu bedienen.

Klarna in Zahlen

Das Unternehmen will am globalen Wachstum markant partizipieren. Der Ausgangspunkt für die eigenen Wachstumspläne:

Klarna hat das Transaktionsvolumen 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 46 Prozent auf mehr als 53 Milliarden US-Dollar gesteigert. Der Umsatz ist in der gleichen Periode um 40 Prozent auf 1 Milliarde US-Dollar gestiegen.

Der Verlust, der Preis für das schnelle Wachstum, ist von 110 Millionen im Vorjahr auf 168 Millionen US-Dollar 2020 angestiegen. Steigende Kreditausfälle aus aufgeschobenen Zahlungen und aus Ratenzahlungen tragen mit zum Verlust bei. "Buy now pay later" gehört zu den Basisdienstleistungen von Klarna, zusammen mit den wachsenden Nutzerzahlen dürften deshalb auch die Kreditausfälle ansteigen.

Klarna ist aktuell in 17 Ländern aktiv und legt vor allem in den USA massiv zu. In Europa ist Deutschland der grösste Markt für das FinTech, die Expansion in weitere Länder ist in Planung. Aktuell betreuen weltweit 3'500 Mitarbeiter rund 90 Millionen Nutzer der App sowie 250'000 Händler.

Ein Prozent des frischen Kapitals geht an den Planeten

Im Zuge der aktuellen Finanzierungsrunde hat Klarna zudem bekanntgegeben, dass das Unternehmen 1 Prozent des eingesammelten Kapitals von 1 Milliarde US-Dollar an eine neu gegründete Initiative spenden wird, die sich auf die wichtigsten Nachhaltigkeitsherausforderungen auf der ganzen Welt konzentriert. Die Initiative soll offiziell am Tag der Erde, dem 22. April 2021, ins Leben gerufen werden.

CEO Sebastian Siemiatkowski erklärt im Video, weshalb er gerade auch Tech-Unternehmen in der Pflicht sieht, auf Nachhaltigkeit zu setzen.