Big Techs und Regulierung

Die BIZ befürchtet, dass die Finanzindustrie unter die Räder der Big Techs geraten könnte

Monstertruck in den Sanddünen
Bild: Artur Didyk | Getty Images

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich identifiziert Risiken und wendet sich mit einem dringlichen Appell an Regulierer und Zentralbanken.

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) führt in ihrer Mitgliederliste rund 60 Zentralbanken und Finanzaufsichten – deshalb wird ihr oft die Etikette als "Notenbank der Notenbanken" an die Flagge geheftet. Die BIZ agiert auch als Mit- und Vordenkerin für Fragen rund die Finanzregulatorik.

Big Techs werden mit digitalen Zahlungs- und Finanzdienstleistungen sichtbar

Diese Sichtbarkeit und der stark wachsende Einfluss von Tech-Konzernen wie Apple, Google, Facebook und anderen beunruhigt die BIZ. Generaldirektor Agustin Carstens, Forschungschef Hyun Song Shin und weitere BIZ-Experten wenden sich mit einem dringlichen und auch ausführlichen Appell an Regulierer und Zentralbanken.

Die BIZ erkennt durch die Marktmacht, die gewaltige Menge an Kundendaten und durch die Datenkontrolle der Big Techs neue Herausforderung für die etablierten Player in der Finanzindustrie. Und mehr als das. Carstens und seine Mitautoren warnen davor, dass Zahlungsverkehrs-Initiativen von Technologie-Unternehmen wie Apple oder auch Facebook mit Diem die traditionelle Finanzwelt dramatisch umgekrempeln und etablierte Banken- und Finanzsysteme in Schwierigkeiten bringen könnten.

Die Risiken der laufenden Entwicklung illustrieren die Autoren der BIZ am Beispiel von Alipay und Tenpay (Wechat Pay und QQ Wallet), welche in China bereits 94 Prozent des Marktes für mobiles Bezahlen beherrschen würden. Das schnelle Wachstum dieser Technologie-Unternehmen würde zeigen, dass Big Techs innerhalb von wenigen Jahren Marktdominanz erreichen könnten.



Dieses Potenzial für schnelles Wachstum würde die besondere Aufmerksamkeit von Zentralbanken rechtfertigen und erfordern, mahnt die BIZ – auch und gerade in Ländern, in denen Big Techs aktuell (noch) keine dominante Stellung im Finanzsystem besetzen würden.

Mit dem Verweis auf die Rollen von Big Techs als Kreditgeber, Versicherer oder Vermögensverwalter machen die Autoren klar, dass nicht ausschliesslich Leistungen im Zahlungsverkehr im Vordergrund stehen würden. Wie bereits zahlreiche Anwendungen zeigen, ist das Spielfeld und auch der Hunger der Big Techs grösser. Zumal Services rund um den Zahlungsverkehr gute Voraussetzungen schaffen, um das Terrain für weiterführende Finanzdienstleistungen zu ebnen.

Zudem, so die Autoren der BIZ, hätten Stable Coin-Projekte und andere Big Tech-Initiativen auch das Potenzial, Geld- und Währungssysteme unter bestimmen Voraussetzungen grundlegend zu verändern.

Big Techs als "systemrelevante Finanzinstitute"?

Die BIZ moniert, dass die Bezeichnung "systemrelevantes Finanzinstitut" fast ausschliesslich für traditionelle Finanzinstitute wie Banken oder Versicherungen verwendet würde. Der aktuelle Rahmen von Betrachtung und Regulierung würde jedoch nicht die potenziellen (möglicherweise globalen) systemischen Auswirkungen von Big Techs und ihren Geschäften berücksichtigen. Auswirkungen, welche alle bereits angeführen Bereiche berühren, tangieren und auch auf den Kopf stellen könnten.

Das Papier der BIZ zur Regulierung von Big Techs in der Finanzindustrie

Das "BIS Bulletin No 45" hat es in sich und überrascht. Einerseits durch die brisanten Inhalte, welche an Eindringlichkeit und Klarheit wenig zu wünschen übrig lassen – Empfehlungen für Regulierer und Zentralbanken, Warnungen an alle klassischen Teilnehmer der Finanzindustrie inklusive.

Auf der anderen Seite überrascht der Zeitpunkt. Die Entwicklung an sich ist ja nicht neu, Medien wie MoneyToday.ch und andere berichten schon seit Jahren zum Thema, diese Entwicklung wird heute lediglich sichtbarer und spürbarer. Big Techs wie Amazon, Apple, Google, Facebook und andere Player haben den notwendigen Anlauf in den letzten Jahren unter den Augen der Regulierer und der gesamten Finanzindustrie geholt. Die Früchte dieses Anlaufs werden bereits seit einiger Zeit nach und nach ausgerollt und in den Markt gestellt, in Form von konkreten Finanzdienstleistungen – in diesen Tagen einfach forcierter. Die logische Folge einer relativ langen Vorbereitungszeit, die jetzt fassbare Resultate zeitigt und auch in Zukunft weitere Ergebnisse bringen wird.

Das Papier der BIZ ist interessant und liefert weitere Betrachtungen und Details. Das Bulletin kann als PDF kostenlos runtergeladen werden, über den Link gleich unten.