Challenger-Banken

N26 bricht seine Zelte in Grossbritannien ab und schliesst sämtliche Kundenkonten

Geschlossener Laden
Bild: Gwengoat | Getty Images

Nach nur gerade 18 Monaten räumt N26 das Feld und zieht sich aus dem britischen Markt wieder zurück. Kostengründe oder Antwort auf Brexit?

Der Start in Grossbritannien war für N26 ein grosser Schritt. Immerhin hatte die Challenger-Bank damit den Heimmarkt ihres Rivalen Revolut betreten.

Von den Kundenzahlen her kann der Ausflug auf die Insel als Erfolg gewertet werden, N26 soll in Grossbritannien weit über 200'000 Kunden betreuen. Einer dieser Kunden hat uns das Schreiben mit dem freundlich formulierten Rauswurf zugespielt – zusammen mit der Frage, wie die Smartphone-Bank seines Vertrauens dazu käme, ihn für den Brexit abzustrafen.

Die im Kündigungsschreiben versprochene Liste der FAQs in aller Ausführlichkeit gibt's hier.

Notwehr oder Kostengründe?

Die Einstellung des Geschäfts auf dem britischen Markt begründert N26 mit der Tatsache, dass "Grossbritannien am 31. Januar 2020 die Europäische Union offiziell verlassen hat". Aufgrund der im Austrittsvertrag festgelegten Rahmenbedingungen, so N26, wäre es dem Unternehmen mit seiner europäischen Vollbanklizenz in Zukunft nicht mehr möglich, in Grossbritannien tätig zu sein.

Ein Argument, dass die britische Tageszeitung The Guardian in Zweifel zieht. Zumal ursprünglich geplant war, nach dem Brexit die vorübergehende Genehmigung der britischen Aufsichtsbehörde zu nutzen, um in Grossbritannien weiterhin aktiv bleiben zu können. Eine Regelung, welche es EU-Finanzdienstleistungs-Unternehmen ermöglichen soll, nach der am 31. Dezember 2020 endenden Übergangsfrist ihre Geschäftstätigkeit fortzusetzen, sodass sie drei Jahre Zeit haben, eine formelle Lizenz zu beantragen.

The Guardian verweist auf Beiträge im Blog von N26, in denen das Unternehmen seinen britischen Kunden versichert hätte, dass es auch nach dem Brexit für sie weitergehen werde. Diese Blogbeiträge sollen inzwischen gelöscht worden sein. Banken-Korrespondentin Kalyeena Makortoff unterstellt N26, dass "das Unternehmen seine Meinung schlicht geändert habe, da es zur Einsicht gekommen sei, dass die Kosten die Vorteile eines Verbleibs auf dem britischen Markt überwiegen würden."

Will Sorby, General Manager von N26 UK, schafft Tatsachen:

«Wir möchten uns bei den mehreren Hunderttausend N26-Kunden aus Grossbritannien bedanken. Uns ist nun wichtig, dass der Übergang für alle Kunden reibungslos verläuft. Die nächsten Schritte sind sorgfältig vorbereitet.»

Der Unterschied zwischen einer Neo-Bank und einer Frittenbude

Ob die Challenger-Bank nun tatsächlich dem Druck der Ereignisse folgt oder ob letztlich eine schlichte Kalkulation den Ausschlag gegeben hat (das eine hängt ohnehin mit dem anderen zusammen) – als vertrauensbildende Massnahme kann der Akt nicht verbucht werden, "mehrere Hunderttausend N26-Kunden aus Grossbritannien" mit einem lieblosen "Danke und Tschüss" rauszuwerfen.

Das kann sich gerade noch eine Frittenbude mit fünf Stammgästen leisten, welche den Strom für die Friteuse nicht mehr bezahlen kann. Und selbst diese würde zum wehmütigen Abschied ein Freibier ausgeben. Eine Challenger-Bank mit fünf Millionen Kunden weltweit und "mehreren Hunderttausend Kunden" in Grossbritannien findet Wege des Bleibens oder dann zumindest Wege des würdigen Abschieds. Denkt man. Falsch gedacht.

Dazu kommt, dass N26 kräftig aufs Gas drückt und die Verabschiedung der nun lästig gewordenen Kunden schnell über die Bühne bringen will. Die rausgeworfenen Kontoinhaber haben gerade mal zwei Monate Zeit, ihre Dinge zu ordnen und zu einer anderen Bank zu wechseln, am 15. April 2020 gehen bei N26 Grossbritannien die Lichter aus.

N26 lockt mit dem Slogan "Die erste Bank, die du lieben wirst" und hat auch in Grossbritannien Hunderttausende dazu gebracht, sich auf die offensichtlich sehr einseitige Liebesbeziehung einzulassen. Die verlassenen Briten werden den Slogan umtexten und bei Revolut andocken. Die machen keinen auf Liebe, sondern versprechen nur: "A Radically Better Account". Möglicherweise ein Account auf Dauer.