Neo-Banken

Neo-Bank Atom arbeitet profitabel – und finanziert sich neu

Das Team der britischen Atom Bank als Schwarz-Weiss-Aufnahme in einem goldenen Bilderrahmen
Bild: Atom Bank

Können andere Neo-Banken von der Atom Bank etwas lernen? Möglicherweise schon, ambitionierte Startups ganz sicher.

Die britische Atom Bank gehört zu Pionieren – 2014 sind mit Atom und Starling die ersten beiden Neo-Banken gegründet worden. Atom hat als erste Neo-Bank in Grossbritannien die Banklizenz erhalten. Warum sich heute ein kurzer Blick nach Grossbritannien auf die Atom Bank lohnt, hat mehrere Gründe.

Zum einen hat die Neo-Bank kürzlich ihr erstes Geschäftsjahr mit Gewinn abgeschlossen, Atom arbeitet profitabel. Damit reiht sich das Unternehmen in eine wachsende Zahl von Neo-Banken ein, die den Beweis erbringen, dass ihr Geschäftsmodell funktionieren kann.

Zum anderen hat Atom diese Woche von bestehenden Investoren 100 Millionen Pfund eingesammelt. Das ist in Zeiten zurückhaltender Investoren und spärlich fliessender Gelder bemerkenswert. Zudem ist diese Finanzierungsrunde aktuell das grösste Funding in Grossbritannien.

Atom will den britischen Hypothekarmarkt weiterhin disruptieren

Die Neo-Bank operiert mit attraktiven Angeboten für Sparer, Hauskäufer und KMU im Markt. Damit unterscheidet sich das Unternehmen von anderen Neo-Banken, auch hierzulande. Die Vergabe von Krediten durch Neo-Banken ist noch nicht Regel, Hypotheken die absolute Ausnahme. Im einen wie im anderen Bereich setzt Atom Schwerpunkte.

Nach eigenen Aussagen will Atom Kundinnen und Kunden auch in diesen Bereichen mit Angeboten überzeugen, die "schneller, einfacher und preiswerter sind als das, was Mitbewerber und Grossbanken anbieten". Atom hat seit der Einführung des Kreditgeschäfts bereits mehr als 4 Milliarden Pfund an britische Hausbesitzer und Hauskäuferinnen sowie über 1 Milliarde Pfund an kleinere Unternehmen ausgezahlt.

Mit dem neu eingesammelten Kapital will die Neo-Bank die Kreditvergabe weiter forcieren und vor allem den britischen Hypothekarmarkt nach eigenen Aussagen "weiterhin disruptieren".

Die Atom Bank in Zahlen

Die Neo-Bank hat seit ihrer Gründung nicht auf ungebremstes Wachstum gesetzt, vielmehr auf ein kosteneffizientes und skalierbares Modell. Atom ist zudem dafür bekannt, sehr gut für Teams, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu "sorgen". Das FinTech testet immer wieder Massnahmen und Arbeitsmodelle, welche Motivation, Teamgeist und Freude an der Arbeit mit Effizienz verbinden.

Der Umgang mit der Crew und diese Team-Initiativen scheinen sich auch positiv auf Support und Servicebereitschaft auszuwirken, Atom erhält regelmässig hohe Bewertungen von Kundinnen und Kunden. 

Das Unternehmen hat seinen Kundenstamm innerhalb eines Jahres verdoppelt. Aktuell werden 224'000 Kundinnen und Kunden von einer Crew mit insgesamt 465 Mitgliedern betreut. Atom verwaltet Kredite über 3.4 Milliarden Pfund sowie Spareinlagen in der Höhe von 6.6 Milliarden Pfund. Der bereinigte Betriebsgewinn wird mit 4.2 Millionen Pfund beziffert.

Nach Aussagen der Neo-Bank zeigen die Kennzahlen aller relevanten Bereiche auch im laufenden Geschäftsjahr weiterhin nach oben.

Das Statement des Mitgründers und CEOs Mark Mullen zur momentanen Verfassung seiner Neo-Bank ist eine Mischung aus Prognose und Credo, ist auf sympathische Weise unspektakulär und dürfte – gerade deshalb – mit dem Erfolg der Atom Bank zusammenhängen.


«Atom wächst weiterhin stark und nachhaltig.

Wir sind eine umsichtige Bank mit einer hervorragenden Erfolgsbilanz bei der verantwortungsvollen und erfolgreichen Vergabe von Krediten.

Wir haben ein kompaktes Geschäftsmodell und behalten die strenge Kontrolle über unsere Kosten.

Wir kümmern uns um unsere Kunden, indem wir ihnen stets ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten und sie fair behandeln.»


Können andere Neo-Banken von Atom etwas lernen?

Möglicherweise schon. Atom hat seit der Gründung nicht versucht, eine Alltagsbank mit allen Services zu sein. Die Neo-Bank fokussiert auf die Bereiche Sparen, Hypotheken und Kredite – ausschliesslich für Kundengruppen in Grossbritannien.

In ihrem Kerngeschäft operiert Atom erfolgreich und fällt auf durch faire Konditionen, Kundinnen und Kunden fahren bei der Neo-Bank in der Regel deutlich besser im Vergleich zu klassischen Banken. Zudem geniesst Atom einen sehr guten Ruf in Sachen Service und Support.

Mit dem gewählten Fokus ist eine Kundenzahl von 224'000 bereits eine Grössenordnung, welche die Neo-Bank Gewinne schreiben lässt. Zudem bleibt die Crew mit insgesamt 465 Personen in einer sehr überschaubaren KMU-Grösse. Mit dem breiter gefassten Geschäftsmodell von Revolut oder N26, zum Beispiel, müsste die Zahl der Kunden – und auch jene der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – um ein Mehrfaches höher liegen, damit Skaleneffekte greifen können und Profitabilität möglich wird.

Äpfel soll man nicht mit Birnen vergleichen, Neo-Banken verfolgen unterschiedliche Konzepte mit verschiedenen Geschäftsmodellen. In ihrer Nische scheint die Atom Bank jedoch einige Dinge sehr gut und sehr richtig zu machen. Deshalb ist sie ist ein gutes Beispiel dafür, dass nicht jede Neo-Bank mit vergleichbaren bis austauschbaren Angeboten die App für alles sein muss – davon gibt es inzwischen viele.

Neo-Banken mit Spezialisierungen haben als Verticals Chancen. Sie haben die Möglichkeit, sich in einer ausgewählten Sparte schneller – oder überhaupt – zur einzigen, besten, innovativsten oder günstigsten Alternative zu positionieren. Die Zeit der Neo-Banken ist nicht vorbei, aber für Startups mit der Geschätsidee von Konto, Karte und klassischen Banking Services ist kein Raum mehr da, dieses Terrain ist bereits sehr dicht besetzt.

Im Bereich Vertical Banking stehen hingegen noch zahlreiche Türen und Nischen offen, die bisher praktisch ausschliesslich von klassischen Banken oder Versicherern besetzt werden.