Neo-Banken

Neo-Banken schreiben Gewinne und beweisen damit, dass ihr Geschäftsmodell funktioniert

Gebäude der Nubank von aussen
Bild: Nubank

Druck bringt Bewegung: Ohne Neo-Banken würde die Angebotspalette von Banken heute mehr oder weniger immer noch so aussehen wie vor zehn Jahren.

Die ältesten Neo-Banken sind heute gut zehn Jahre alt. In ihren ersten Jahren sind sie in Kreisen der etablierten Banken-Szene eher belächelt worden, als die Wahnsinnigen und Experimentierfreudigen, die nicht rechnen können. Gratiskarte, kostenloses Konto und dazu noch Verzicht auf unverschämte Gebühren bei Fremdwährungen – wie soll das gutgehen? Als Konkurrenten hat man die Challenger- und Neo-Banken nicht gesehen, mehr als Unterhaltungs-Programme des Scheiterns.

Die Betrachtungen haben sich inzwischen geändert. Traditionelle Banken lancieren selbst Neo-Banken oder digitale Apps. Und die reiferen unter den Neo-Banken schreiben Gewinne. Zum Beispiel Wise, Revolut oder Nubank.

Das Ergebnis der Nubank im ersten Quartal 2023

Die brasilianische Nubank gehört zu den grössten FinTechs und Digitalbanken weltweit und zu den Frühstartern unter den erfolgreichen Neo-Banken. Begonnen hat es vor neun Jahren, David Vélez und Cristina Junqueira wollten mit einer kostenlosen Karte und einem Konto auf dem Smartphone die Vormachtsstellung der hochpreisigen klassischen Banken angreifen. Banken, die in Sachen Gebühren und Kreditzinsen weltweit die Spitze mit anführen.

Der Plan von Vélez und Junqueira ist aufgegangen, weit mehr als ein Drittel der brasilianischen Bevölkerung ist heute bei Nu an Bord und für gut die Hälfte der aktiven Nutzerinnen und Nutzer ist Nu die Hauptbank. Angefügt werden muss, dass 40 Millionen Erwachsene in Brasilien kein Bankkonto haben (hatten) – sie können die hohen Gebühren und Zinsen nicht zahlen, deshalb sind sie für traditionelle Banken nicht interessant – für die Nubank schon.

Heute hat die börsenkotierte Nubank knapp 80 Millionen Kundinnen und Kunden, welche eine Vielzahl von Leistungen und Finanzprodukten nutzen. Der Kundenzuwachs im ersten Quartal 2023 liegt bei 4.5 Millionen, im Jahresvergleich hat die Neo-Bank 19.5 Millionen weitere Kunden an Bord geholt.

Auf Holdingebene hat Nu im ersten Quartal 2023 einen Gewinn von 141.8 Millionen US-Dollar realisiert, im Vergleich zu einem Verlust von 45.1 Millionen Dollar in der Vorjahresperiode. Den Umsatz hat das Unternehmen mit 1.6 Milliarden US-Dollar nahezu verdoppelt im Vergleich zum ersten Quartal 2022.

Der Löwenanteil der Umsätze und Gewinne stammt aus dem Start- und Heimmarkt Brasilien. In Mexico legt die Neo-Bank ebenfalls kräftig zu, die Zahl der Kunden ist um 52 Prozent auf 3.2 Millionen gestiegen. In Kolumbien verzeichnet die Nubank einen Anstieg von 200 Prozent gegenüber dem Vorjahr und bedient inzwischen 635'000 Kunden. Die Wachstumsaussichten in allen drei Märkten sind nach wie vor gut – und damit auch die Aussichten auf Gewinne, die Skaleneffekte schlagen bei der Nubank voll durch.

Die Neo-Bank verzeichnet in praktisch allen relevanten Bereichen Spitzenergebnisse, nachzulesen im ausführlichen Finanzbericht zum ersten Quartal 2023.

Warum das wichtig ist

Dass Nubank, Wise und auch Revolut Gewinne schreiben, ist wichtig. Von klassischen Banken hört man oft: die Neo-Banken müssen erst beweisen, dass ihr Geschäftsmodell funktionieren kann. Mit dieser Feststellung haben die Banken recht, erfreulich deshalb, dass die ersten Neo-Banken konkrete Beweise liefern. In Teilen haben sich die Zweifel der tradierten Banker bereits vorher aufgelöst, weil Challenger- und Neo-Banken für sie spürbarer geworden sind.

In den letzten Jahren haben traditionelle Geldhäuser günstigere Karten lanciert und selbst Neo-Banken gebaut oder digitale Apps in den Markt gestellt. Als Antwort auf den zunehmenden Druck von Neo-Banken. Oder auch als Reaktion auf partielle Abwanderungen von Kundinnen und Kunden. Partiell meint: Kunden bleiben bei ihrer Hausbank, nutzen jedoch die viel günstigeren Karten, Wechselkurse oder auch andere Angebote der Neo-Banken.

Dass die älteren und reiferen Neo-Banken durch ihre Skaleneffekte Gewinne schreiben, bestätigt deren Geschäftsmodelle. Dabei geht es nicht darum, klassischen Banken ans Schienbein zu treten, es geht um Digitalisierung, Innovation und um faire Gebühren. Klassische Banken agieren und reagieren eher träge und haben traditionellerweise ein ausgeprägtes Beharrungsvermögen.

Ohne die Initiativen von Neo-Banken würde die Angebotspalette von Banken insgesamt heute mehr oder weniger immer noch so aussehen wie vor zehn Jahren. Ohne Druck von aussen geht da nichts. Die neue Konkurrenz und die Angebote der einstmals "jungen Wilder" haben frischen Wind und Bewegung in die Banken-Szene gebracht. Davon profitieren Kundinnen und Kunden. Und auch die Banken selbst – zumindest jener Teil, der durch neue Dynamik und neue Angebote Unterschiede und Differenzierungsmerkmale schafft.

Wir stehen erst am Anfang einer tiefgreifenden Entwicklung

Dieser Druck wird bleiben und sogar noch zunehmen. Zum einen durch weitere Neo-Banken, die durch Gewinne ihre Daseinsberechtigung festigen und ihre Geschäftsmodelle bestätigen. Das wird nicht allen heute bekannten Neo-Banken gelingen, aber der erfolgreiche Teil wird bleiben. Zum anderen werden Big Techs mit ihren Finanzdienstleistungen spürbar. Apple lebt gerade sehr offensiv vor, wie Massen zu motivieren sind, ihre Bankgeschäfte auf dem iPhone zu erledigen, ohne Bank. Möglicherweise auch ohne Neo-Bank. 

Die Spiesse sind allerdings für alle Protagonisten gleich lang – eingekürzt werden sie nur durch Zögerlichkeit oder den Glauben an die eigene Unsterblichkeit. Die Antwort wird aus den Märkten kommen. Von Kundinnen und Kunden, die besten Leistungen zu fairen Konditionen und smarten Funktionen mit viel Komfort den Vorzug geben werden.