ZHAW-Studie: "Neo-Banken verändern die Bankenwelt"

Junge Frau mit Smartphone auf Parkbank
Bild: Creative-Family | Getty Images

Eine aktuelle Studie der ZHAW zeigt, dass sich Challenger-Banken inzwischen ins Bewusstsein der Bevölkerung gespielt haben – und mehr als das.

Vor nicht allzu langer Zeit waren Challenger-Banken in der Schweiz eher ein Expertenthema. Das hat sich geändert, seit Wirtschafts- und Breitenmedien fast täglich über Revolut, N26, Transferwise, Neon, Yapeal, Zak und andere Neo-Banken berichten.

Die Herausforderer haben sich ins Bewusstsein der Bevölkerung gespielt – und sie werden nicht nur gekannt und benannt, ihre Angebote werden auch zunehmend genutzt.

Wer nutzt die Angebote von Neo-Banken in der Schweiz?

Neutrale Studien haben vor Monaten oder Jahren eher ein Bild der abwartenden Zurückhaltung ergeben. Oft waren Neo-Banken und ihre Angebote den Befragten noch gar nicht bekannt. Wenn doch, führte diese Bekanntheit damals bestenfalls zu Interesse und Neugier, weniger zu konkreten Handlungen.

Verlässliche Nutzerzahlen aus jüngster Zeit sind aus neutralen Quellen dünn oder noch gar nicht verfügbar, die Erfolgsmeldungen kommen jeweils von den Challenger-Banken selbst. 

Zak
Die App der Bank Cler, Zak, hat in ihrem ersten Jahr nach Markteintritt (März 2018) nach Angaben von Bank Cler 14'000 Nutzer gewonnen, aktuell (November 2019) wird die Zahl der Nutzer mit 25'000 angegeben.

Neon
Das FinTech Neon ist mit seiner App im Frühling 2019 gestartet und hat kürzlich die geknackte 10'000-Kunden-Marke gemeldet. Der Hauptanteil der Nutzer stammt aus dem Raum Zürich, Neon startet aktuell Kampagnen in weiteren Regionen und Kantonen.

N26
Die Smartphone-Bank N26 hat ihre Services erst im September 2019 für die Schweiz geöffnet, deshalb liegen noch keine belastbaren Nutzer-Zahlen vor.

Transferwise
Das FinTech ist in mehr als 170 Ländern aktiv, weist die Zahlen für die Schweiz jedoch nicht gesondert aus. Immerhin: Transferwise hat die Zahl seiner Kunden innerhalb eines Jahres verdoppelt, aktuell unterhalten sechs Millionen Kunden weltweit ein Konto bei Transferwise und versenden pro Monat vier Milliarden Pfund.

Revolut
Die Challenger-Bank Revolut ist in der Schweiz offiziell noch gar nicht am Start, allerdings schon seit längerem grundsätzlich für Nutzer verfügbar – und da scheint nach Angaben des FinTechs die Post abzugehen.

Dass die britische Neo-Bank zu den bestehenden 70'000 Schweizer Kunden Ende 2018 im laufenden Jahr neu 180'000 weitere mit an Bord genommen hat, war auch für unsere Redaktion überraschend. Das heisst, die insgesamt rund 250'000 Kunden haben "von selbst" den Weg zur Challenger-Bank gefunden – einerseits, darauf setzen alle Challenger-Banken, über die Empfehlung von Bekannten und andererseits über die massiv gestiegene Zahl von Berichten in Breitenmedien.

Berechtigte Frage: Wie verlässlich sind die Angaben der Challenger-Banken?

Vor allem Revolut und N26 haben in den letzten zwei Jahren regelmässig geradezu explosive Wachstumszahlen kommuniziert. Im Januar 2019 haben wir eine Analyse zum Thema gebracht, welche die Angaben der beiden Unternehmen im Wesentlichen bestätigt hat.

Dennoch liefern neutrale Erhebungen und Studien die härteren Werte, weil keine eigenen Interessen im Spiel sind. Diese harten Werte kommen aktuell von der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, welche eine repräsentative Studie zum Thema Neo-Banken durchgeführt hat:

600 Personen im Alter zwischen 16 und 65 Jahren aus der Deutschschweiz sind zu ihrem Zahlungsverhalten im Zusammenhang mit Neo-Banken befragt worden. 

Fast jeder Fünfte sitzt bereits im Boot einer Neo-Bank

Die Studien-Autoren der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften fassen einige der bemerkenswerten Ergebnisse zusammen:

Das Wichtigste auf einen Blick
Die Autoren der Studie bezeichnen die Resultate selbst als erstaunlich, denn bereits über die Hälfte der befragten Personen, nämlich rund 54 Prozent, kennt Neo-Banken und knapp jeder Fünfte (19 Prozent) nutzt eine oder mehrere Leistungen einer Neo-Bank oder hat solche schon einmal ausprobiert. Männer nutzen Neo-Banken deutlich häufiger als Frauen.

Einige Details in der Zusammenfassung
In der Schweiz ist von den Schweizer Neo-Banken Zak am bekanntesten, am meisten genutzt werden jedoch die britischen Anbieter Revolut und Transferwise – dies trotz einer gewissen Verunsicherung infolge der jüngsten Cyberangriffe auf ausländische Online-Banken. 

Die Hauptgründe für die Nutzung von Neo-Banken sind klar: geringe Gebühren bzw. tiefe Kosten sowie die Bequemlichkeit (Convenience). 73 Prozent nutzen Neo-Banken zusätzlich zu traditionellen Anbietern. Am häufigsten werden sie für Internetzahlungen genutzt (22 Prozent), gefolgt von Bank- und Postüberweisungen sowie für das Bezahlen vor Ort in einem Ladengeschäft (je 16 Prozent).

Die Auslandzahlungen, dies sind Zahlungen aus der Schweiz ins Ausland oder Zahlungen direkt im Ausland (zum Beispiel Ferien), sind mit 45 Prozent zwar am häufigsten vertreten, allerdings haben reine Inlandzahlungen mit 39 Prozent ebenfalls einen gewichtigen Anteil.

Bei der Sicherheit gehen die Meinungen auseinander. Insgesamt wird die Sicherheit von Neo-Banken als mittelmässig eingeschätzt, am sichersten werden aber inländische Anbieter wie Neon und Zak wahrgenommen.

Eine erstaunliche Zahl und eine Einsicht dazu

Die Erhebung der ZHAW ist in der Deutschweiz durchgeführt worden, allerdings dürften die Werte in den anderen Sprachregionen ähnlich ausfallen. Deshalb eine zulässige Betrachtung für die ganze Schweiz: 

Die grosse Altersgruppe der 16- bis 65-jährigen Bevölkerung umfasst mehr als 5 Millionen Menschen in der Schweiz. Hat davon knapp jeder Fünfte einschlägige Erfahrungen mit Challenger-Banken, sind das 1 Million Personen, welche "eine oder mehrere Leistungen einer Neo-Bank nutzen oder solche schon einmal ausprobiert haben".

Statistische Unschärfen und Hochrechnungs-Fragezeichen mit eingerechnet, die Million ist gesetzt. Das ist erstaunlich und zeigt, dass Challenger-Banken und deren Leistungen bei der Bevölkerung angekommen sind.