Yuh – hat die Banking App von Postfinance und Swissquote als Challenger das Zeug zur Yuhuu-App?

Junge Frau mit Hut und Sonnenbrille ist begeistert
Bild: Deagreez | Getty Images

Die Vorschusslorbeeren sind gestreut, die Erwartungen hoch – nächste Woche betritt mit Yuh der nächste Banken-Challenger die Bühne.

Mit der Anfang März 2020 lancierten neuen Postfinance App hat sich die Postbank in den letzten Wochen massive Kritik von Kunden und auch mediale Prügel eingehandelt – so richtig gut konnte der letzte Wurf (noch) nicht landen.

Beifall von allen Seiten und Konfettiregen wäre deshalb erfreulich und erwünscht, wenn das Gemeinschaftswerk von Postfinance und Swissquote nächste Woche vorgestellt wird: die neue Schweizer Banking App. Sie hört auf den Namen Yuh.

Yuh – eine App, die das traditionelle Banking challengen will

Diese Ankündigung der Macherinnen und Macher ist interessant – dahinter lässt sich die Bereitschaft erkennen, auch das eigene traditionelle Banking zu challengen und zu kannibalisieren, zumindest im Falle der Postfinance. Eine App "ganz ohne Schnickschnack, physische Prozesse oder überhöhte Gebühren" legt die Spur zu einem Pricing, das den bereits seit längerem aktiven Challenger-Banken auch bei den Gebühren die Stirn bieten kann.

Markus Schwab, der CEO von Yuh, sagt:

Es ist uns wichtig, den Menschen mit Yuh ein Instrument auf ihr Handy zu geben, das ihnen die Freiheit gibt, ihr Geld so zu verwalten, wie sie es gerne möchten...

Das ist nicht neu, das haben bisher alle Neo- und Challenger-Banken gesagt, dieser Anspruch gehört zu den Standards und zu den geteilten Flaggen, die über allen Neos wehen.

...und dies mit Partnern im Hintergrund, die sie kennen und denen sie auch vertrauen können

Diese nachgeschobene Bemerkung von Markus Schwab ist insofern exklusiv, als sie heute erst auf zwei Neo-Bank-Projekte zutrifft: Zak mit der Bank Cler im Hintergrund und CSX mit der Credit Suisse als Mutterschiff.

Traditionelle Bank und Challenger App unter einem Dach – kann das gut gehen?

Möglicherweise schon, sofern das Dach gross genug ist. Die Verbindung von smartem FinTech und traditioneller Bank hat tatsächlich eine gewisse Brisanz und auch Potenzial. Immer vorausgesetzt, die etablierte Bank begeht nicht den Fehler, dem Startup-Projekt ihr traditionelles Mindset überzustülpen. Ist die Startup-DNA der Neo-Bank, auch wenn's "nur" eine App ist, deutlich weniger spürbar als die laute Stimme der starken Mutter hörbar, bleiben die unabhängigen Challenger-Banken im Vorteil. Möglicherweise sogar um Längen. Weil sie als neu, frisch und anders wahrgenommen werden, weniger als Bank, mehr als smarter Dienstleister rund um Leben und Finanzen.

Die Bank Cler bekommt mit Zak diese Gratwanderung ziemlich gut hin und könnte durch sensibel geplante und intelligent gebaute Brücken zwischen Neo- und traditioneller Bank längerfristig Früchte ernten. CSX von der Credit Suisse ist erst seit Oktober 2020 aktiv im Markt, versucht mit salopper Kommunikation bei jungen Zielgruppen zu punkten, «Hey Anzugträger, ich check euch echt nicht...», und wird erst in Zukunft den Beweis antreten, ob der versuchte Spagat gelingen kann.

Die Yuh-Antwort von Postfinance und Swissquote auf Revolut, N26, Neon, Yapeal und Co. positioniert der Postfinance-CEO Hansruedi Köng mit folgendem Statement:

«Immer mehr Kundinnen und Kunden wünschen sich smarte digitale Lösungen rund ums Geld. Heute finden sie dieses Angebot primär bei ausländischen Playern und FinTechs. Mit Yuh kombinieren wir die Onlinebanking-Technologie und -Erfahrung von Swissquote mit unserer Bekanntheit und unserer starken Position im Retailbanking.»

Alle Details zur Yuh App und zum Innovationsprojekt von Postfinance und Swissquote werden die beiden Joint Venture-Partner nächste Woche verraten. Ein letztes Statement vorgezogen, das die ohnehin schon hochfliegenden Erwartungen gleich noch ein weiteres Stück nach oben schraubt:

"Die gemeinsame Lösung wurde von Grund auf neu entwickelt und umfasst Features, die man bis dato von keiner anderen Banking-App in der Schweiz kennt."

Ein starkes Versprechen: Features in der Mehrzahl, also mehrere, noch nie gesehen, bisher von keiner App und von keiner Challenger-Bank angeboten. Man darf gespannt sein.

Ein bemerkenswertes Joint Venture

Die Verbindung von Postfinance und Swissquote ist interessant. Die möglichen Vorteile dieses Joint Ventures leuchten ein: Postfinance weiss, wie Banking geht, Swissquote kann Online-Trading, Kryptowährungen inklusive.

Sollten neben den Banking Services auch Trading und Kryptowährungen in der Yuh App eine Rolle spielen, würde sich Yuh verstärkt auch gegen Revolut und Yapeal aufstellen. Revolut bietet Trading und Kryptos seit längerem an, Yapeal lanciert demnächst den Handel mit Kryptowährungen. Das österreichische Unicorn-FinTech Bitpanda steht bereits nahe an den Schweizer Startpflöcken, die deutsche Trade Republic dürfte sich ebenfalls irgendwann für die erhöhte Investitionsbereitschaft der Schweizer Anlegerinnen und Anleger interessieren. Die PayPals und Robinhoods dieser Welt fliegen aktuell auf die Schweiz bezogen noch unter dem Radar, sie heute schon auf dem Schirm zu haben, kann Überraschungen vermeiden helfen.

Auch die Schweizer Flow Bank stünde im Visier, sollte Yuh mit Aktien- und Kryptohandel ernst machen. Das letzten November gestartete FinTech unterscheidet sich von allen anderen Challenger-Banken durch seine Ausrichtung – das Startup positioniert sich vor allem als Investment- und Trading-Plattform mit einem sehr breiten Angebot für Rookies und für Profis.

Beide Bereiche, Wertpapier- und Kryptohandel, würden zum Segel "Banking & Beyond" passen, das Postfinance und Swissquote gemeinsam gehisst haben. Und auch zum Versprechen der Postfinance, bereits letzten Oktober im Rahmen ihrer vorgestellten "SpeedUp"-Strategie abgegeben, nämlich "ein radikal neues, vollständig digital gedachtes Angebot" in den Markt zu stellen.

Der Unterschied zwischen neu und radikal neu

Auch hier macht die Nuance den Unterschied. Ein neues Angebot ist einfach nur neu, das muss in der aktuellen Challenger- und Neo-Banken-Dichte der Schweiz nicht zwingend auffallen. Eine weitere Banking App dazu macht noch keine Revolution.

Radikal neu ist eine ganz andere Güteklasse. Dieses "radikal" müsste das Neue mit einer massiv aufgeladenen, weitherum sichtbaren und deshalb höchst wirkungsvollen Durchschlagskraft in den Markt pushen. Wirklich radikal eben.

"The Future is Yuh", sagt die neue App selbstbewusst. Welche Fakten den Weg in diese Zukunft öffnen werden? Nächste Woche erfahren wir, ob die Schweiz mit Yuh nur eine nette App dazu bekommt – oder tatsächlich eine radikale Challenger-Bank, die Zeichen setzen wird und die Kraft hat, neue Bewegung in den Mobile-Banking-Markt zu bringen.