Digitalbanken

Neo-Banken und der Finanzplatz Schweiz

Finanzplatz Schweiz
Bild: Lightstone-Media | Getty Images

Die Schweizer Neo-Banken bleiben nicht unter sich, auch N26 und Revolut werfen einen Blick auf die Schweiz.

Über das Schweizer Startup Yapeal haben wir in den letzten Tagen ausführlich berichtet. Yapeal fokussiert stark auf die Community, das FinTech will nach Aussagen von Andy Waar und Christian R. Meier in der zweite Jahreshälfte 2019 in den Markt gehen.

Die unterschiedlich ausgerichteten Challenger-Banken und Schweizer Startups wie Yaepal, Neon, Seba, Oyoba und andere werden nicht unter sich bleiben – der Schweizer Markt ist auch für Digitalbanken aus dem Ausland interessant.

Was die Schweiz interessant macht

Neben zahlreichen anderen Gründen dürfte ein Faktum im Vordergrund stehen: Schweizer agieren zunehmend preissensitiv. Als (im Durchschnitt) gutverdienende Einwohner einer Hochpreisinsel behalten und schärfen sie den Blick dafür, was im Ausland machbar ist. Der blühende Einkaufs-Tourismus im grenznahen Ausland ist ein Beispiel dafür, in welchem Ausmass Möglichkeiten wahrgenommen werden, wenn sie sich bieten.

Schweizer Banken ziehen, mit wenigen Ausnahmen, aus verständlichen Gründen bei den Gebühren an. Jüngstes Beispiel ist die Postfinance, welche von ihren traditionell eingeräumten Gratis-Services abrückt und diese durch ein Gebührenreglement ersetzt, das nicht allen gefällt. 

Challenger-Banken, in- und ausländische, fahren in der Regel eine andere genau entgegengesetzte Strategie: Basis-Dienstleistungen bleiben kostenlos. Umsätze werden mit wählbaren Premium Packages und Zusatzleistungen generiert. Diese kann man nutzen oder auch nicht, wer sich mit den meist sehr ausgebauten Standard-Leistungen zufriedengibt, spart auf Dauer massiv Geld.

Wer rechnet, kann ins Grübeln geraten. Dazu kommen Komfort-, Coolness- und Feature-Aspekte, welche von sämtlichen Challenger-Banken gepflegt werden – im Angebot und im Marketing – und die bei Nutzern in zahlreichen Ländern auf einen aufnahmebereiten Boden fallen. 

Was hat N26 vor?

Die expansive Smartphone-Bank N26 ist in 18 europäischen Ländern präsent und ist vor einigen Tagen mit etwas Verspätung in Grossbritannien gestartet. Für Anfang 2019 stehen die USA auf der Expansions-Landkarte. Mit 1,5 Millionen Kunden gehört N26 inzwischen zu den Schwergewichten im Kreis der Neo-Banken.

Im Gespräch mit Reuters sagt Alex Weber, Head of International Markets bei N26, dass regelmässig potenzielle neue Märkte für N26 ausgelotet werden, und er konkretisiert:

Dabei ist die Schweiz für uns ein sehr interessanter Markt, den wir uns gerade näher ansehen und in dem eine grosse Nachfrage nach unserem Service besteht

Gut möglich und auch wahrscheinlich, dass N26 in absehbarer Zeit in der Schweiz an den Start gehen wird.

Was hat Revolut vor?

Nach eigenen Angaben bedient Revolut heute bereits weit über 2,5 Millionen Kunden in mehr als 30 europäischen Ländern. Täglich kommen rund 8'000 neue Kunden dazu. Das Startup agiert deutlich aggressiver als N26 und hat aktuell die Märkte USA, Kanada, Singapur, Australien und weitere auf dem Radar. Bei Revolut fällt das Tempo der Entwicklung und der Einführung neuer Features und Leistungen auf. Der Fächer ist bereits sehr breit gefasst, bald will das FinTech neu auch Aktienhandel und Online-Trading zum Nulltarif anbieten.

Offiziell gehört die Schweiz (noch) nicht zu bearbeiteten Märkten, das FinTech zählt in der Schweiz jedoch über 50'000 Kunden, welche den Weg "einfach so" und ohne Marketinganstrengungen zu Revolut gefunden haben. Die Überlegung, den Markt Schweiz aktiv zu bewirtschaften, dürfte innerhalb aktueller Expansions-Strategien früher oder später mit eine Rolle spielen. Eher früher, weil bereits ein solider Boden vorhanden ist.

Revolut-Co-Gründer und CEO Nikolay Storonsky beleuchtet in seinem aktuellen Open Letter die Vergangenheit und Zukunft des Startups und meint zu Wachstum und Tempo:

Vor nur drei Jahren waren wir ein kleines Startup-Unternehmen, und jetzt sind wir eines der am schnellsten wachsenden Technologieunternehmen der Welt

Das sagt noch nichts über den Markteintritt in der Schweiz, darf aber als Versprechen verstanden werden, dass Revolut in Sachen Aggressivität und Tempo nicht auf die Bremse treten wird.

Was haben N26 und Revolut gemeinsam?

Beide Challenger Banken sind erst seit 2015 unterwegs, operieren expansiv und erfolgreich, sind inzwischen komfortabel finanziert und verfügen über solide Mittel für ihren Expansionskurs und für den weiteren Ausbau von App und Services. N26 wie auch Revolut wachsen extrem schnell, beide FinTechs vergrössern ihre Kundenbasis laufend. Die Gebühren sind zwischen sehr günstig bis kostenlos angesiedelt – ein Geschäftsmodell, das bei Konsumenten gut ankommt und das Wachstum beschleunigt.

Beide FinTechs fokussieren beim Ausbau ihrer Apps sehr stark auf die Bedürfnisse und Wünsche von breiten Zielgruppen. Was fehlt und gewünscht ist, wird dazuentwickelt. Meistens sehr schnell. Bestehende und neue Funktionen sind einfach und komfortabel im Handling, eine gewisse Spass-Komponente oftmal inklusive. Benutzer managen ihre persönlichen oder geschäftlichen Finanzen übers Smartphone – was gebraucht wird, steht immer und überall zur Verfügung.

Eine der grossen Herausforderungen für Challenger-Banken liegt darin, ihre Kunden dazu zu bewegen, die Smartphone-Bank-Services nicht als Zusatzkonto, vielmehr als Hauptkonto zu nutzen. Das kann noch etwas dauern. Mit jedem zusätzlichen Service, der von ihren Kunden als sinnvoll, nützlich, komfortabel und kostengünstig (oder kostenlos?) empfunden wird, kommen die Digitalbanken ihrem Ziel jedoch ein Stück näher.

Erhöhter Takt und viel Bewegung 2019

War's aktuell und in den vergangenen Jahren schon nicht langweilig, dürfte der Takt der Neuerungen 2019 noch zunehmen. Neue Anbieter, neue Angebote, neue Leistungen, neue Preismodelle und auch neue Überraschungen. Dabei stehen die Challenger-Banken nicht unbedingt in Konkurrenz zueinander, sie wildern und operieren in den weit gesteckten Terrains der etablierten Anbieter. 

Dazu kommen laufend erweiterte Leistungen von Big Techs im Finanzbereich oder auch begehrliche Blicke etablierter Finanz-Grössen auf den Schweizer Markt. Zum Beispiel die Überlegungen von Goldman Sachs, welche nach einem aktuellen Bericht der NZZ am Sonntag den Einstieg in den Schweizer Hypothekenmarkt prüfen soll.