Interview

Andy Waar und Christian R. Meier von Yapeal über ein ehrgeiziges Projekt

Andy Waar und Christian R. Meier von Yapeal
Andy Waar, CMO (links) und Christian R. Meier, COO (rechts) | Foto: Sonya Fricker, MoneyToday.ch

Im Interview: Warum die Schweiz eine Neo-Bank braucht, wie sie das neue Banking definiert, was einen Yapster erwartet und warum Yapeal die Community mit "Family & Friends" ins Zentrum stellt.

Letzte Woche haben wir das Projekt der neuen Digitalbank Yapeal vorgestellt. Der zweite Blick geht tiefer. Wir haben uns mit CMO Andy Waar und COO Christian R. Meier über Pläne, Ziele, Banking im Wandel, Machbarkeiten, Notwendigkeiten und Hürden unterhalten – und auch darüber, ob und wie das Schweizer Startup die Bankenlandschaft verändern kann.

Das Interview

Wie kommt man dazu, in diesen Tagen eine Bank zu gründen? 

Christian: Wir denken, dass das Angebot in der Schweiz und auch in anderen Ländern nicht mehr zeitgemäss ist. Wir wollen das ändern und haben dabei festgestellt, dass das nur geht, wenn man die ganze Wertschöpfung, die Bank als Ganzes anschaut – also vom User Interface bis zu den eigentlichen Bankdienstleistungen. Nur so lassen sich bessere und auch neue Funktionen zu markant tieferen Preisen und damit eine höhere Wertigkeit realisieren.

Braucht denn die Schweiz eine neue Bank?

Andy: Im klassischen Sinn sicher nicht. Aus Dienstleistungssicht in der heutigen Zeit sicher ja. Ob das dann eine Bank ist, ist eine andere Frage. 

Genau, deshalb nachgefragt: Ist Yapeal, eine Neo-Bank, eine Digitalbank oder etwas ganz Anderes?

Christian: Im Kern ein intelligentes, digitales Portemonnaie, das dem Yapster Übersicht gibt und ihm hilft, besser ans Ziel zu kommen. Und das weltweit. Vielleicht kann man es mit einem Navi vergleichen, die Tankanzeige alleine ist da zu wenig. 

Seid ihr das Revolut oder N26 der Schweiz?

Andy: Danke für die Blumen, so früh schon mit solchen Namen genannt zu werden macht Laune. Spass bei Seite: Nein, wir sind Yapeal und machen unser Ding zusammen mit unseren Yapster Friends & Family – zuerst in der Schweiz und dann auch in anderen Ländern.

Wer wird Yapeal nutzen, wer ist eure Zielgruppe?

Christian: Viele Kunden sind mit den heutigen Angeboten nicht glücklich und wünschen sich eine einfache und intuitive App, um Ihr Geld zu managen. All jene, die einfach gerne Neues ausprobieren, werden überrascht sein, wie viel "Plausch" eine gute Banking App machen kann.

Andy: Die App wird auch hilfreich für alle sein, die von einem Zahltag zum nächsten leben, gegen Ende Monat meist schon am Limit sind und ungeduldig auf den nächsten Zahltag warten. Notabene: Das hat nichts mit der Höhe des Einkommens zu tun. Es gibt viele sehr gut verdienende Leute, die ebenfalls eine zu hohe "Burning Rate" haben und ebenfalls zu viel oder zu schnell ausgeben in Relation zum Einkommen.

Christian: Die App ist ein Begleiter, der den Benutzer im Umgang mit seinem Geld unterstützt, ohne dass er daneben Notizen oder Spreadsheets führen muss.

Wer ist denn der typische Yapster?

Andy: Die Zeit wird das zeigen. Meine Vorstellung von einem Yapster ist nicht visueller Natur, obwohl der Begriff an Hipster erinnert, sondern die der Lebenseinstellung in Bezug zu Geld. Das sind Leute, die bewusster mit Ihrem Geld umgehen wollen und zwar aktiv, so wie es in ihren Lebensstil reinpasst – sie wissen, was mit ihrem Geld passiert. Darum gibt es bei uns auch die "Lifestyling Intelligence" Funktion, die sich an den Lebensstil smart anpasst.

Wir werden so operieren, wie sich das User heute von Apple, Amazon oder Google gewohnt sind

Yapeal setzt stark auf die Community – wird sie mitmachen?

Andy: Das Produkt wird so gut, wie das ehrliche Feedback der Yapster – sonst wird es einfach ein zusätzliches Produkt im Markt mit guten Funktionen und einem besseren Preis. Beides funktioniert, mir persönlich wäre ersteres natürlich lieber. Damit würden wir für die Yapster einen wirklichen Mehrwert schaffen, statt nur eine "Convenience", also bequemere Handhabung.

Viele Mitglieder aus eurer Crew haben lange in Grossbanken gearbeitet. Wird man in Yapeal die Banken-Rezeptur erkennen?

Andy: Ich denke, es macht einen grossen Unterschied, wenn die Macher das Business sehr gut kennen – im Vergleich zu frischen Studienabgängern, die super intelligente Ideen haben, aber das Umfeld nicht kennen. Es muss ja auch rechtlich und von den Prozessen her in den Schemen funktionieren. Unsere UX wird näher beim Kunden sein.

Christian: Nun ja – wir versuchen das Gute mitzunehmen und mit dem zu kombinieren, was heute machbar und gewünscht ist. Unsere Lösung wird sicher sein, aber auch sehr benutzerfreundlich.

Vorausgesetzt, alles läuft nach Plan: Ist oder wird Yapeal eine Gefahr für klassische Banken?

Andy: Uns ist bewusst, dass wir das Vertrauen gewinnen müssen, bevor die Yapster über uns Ihre Ausgaben, Sparziele etc. managen. Diesen Vorteil haben die etablierten Banken uns gegenüber. Zu allen anderen Punkten, die mir spontan einfallen und dieses Interview zu einem Monolog ausarten lassen würden, denke ich, dass unsere Value Proposition absolute Daseinsberechtigung hat. Ob das eine Gefahr oder eine Motivation ist sich zu ändern? Auch hier: Eine Frage der Betrachtung.

Christian: Aus meiner Sicht hat die Transformation im Finanzsektor schon lange begonnen. Yapeal ist ein Teil davon. Banken, die sich da nicht genügend schnell bewegen, werden es zunehmend schwer haben. In der Zeit der Informationen und Netzwerke sind Offenheit und Integration unabdingbar. Es geht um das Morgen, nicht um das Gestern.

Wann geht Yapeal in den Markt?

Christian: Unser Plan ist es, in der zweiten Jahreshälfte 2019 in den Markt zu gehen. Davor werden wir das Angebot innerhalb einer kleineren Gruppe der Yapster im Markt sorgfältig erproben. 

Andy: Unsere Timeline ist sehr straff und wir operieren nicht in geheimer Mission, es ist alles sehr transparent aufgezeigt – hier zu sehen. Wir hoffen, dass die "fremdgesteuerten" Prozesse keine Verzögerungen haben – wenn doch, dann ist das halt so – auch hier wird unsere Community immer transparent im Loop sein.

Mit der Website und diesen klaren Ansagen ist Yapeal heute schon präsent, die Community darf zuschauen, wie eine Bank entsteht – setzt ihr euch damit nicht eher kräftig unter Druck?

Andy: Doch und gemäss meiner Frau scheint mir das Abnehmen von paar Kilos gut zu tun. Das gehört zu einer ehrlich gemeinten Community-Strategie dazu. Alles andere wäre bloss Marketing und da gehen wir bewusst neue Wege. Wir haben übrigens die Webseite und Visuals etc. ohne Marketingausgaben gemacht. Wir verwenden ausschliesslich "Free Stuff". Ich bin der Meinung, dass jeder Franken, der mehr in das Produkt fliesst, statt in sinnloses Marketing, dem Yapster zugute kommt.

Christian: Wir sind eine agile Organisation und werden alles daransetzen, die Vision zusammen mit der Community umzusetzen. Wir hoffen, dass das alles nach Plan klappt. Allerdings haben wir das so ja auch noch nie gemacht.

Wir sind Yapeal und machen unser Ding zusammen mit unseren Yapster Friends & Family – zuerst in der Schweiz und dann auch in anderen Ländern

Der Funktionsumfang von Yapeal ist im Endausbau sehr umfangreich – welcher technologische Unterbau liegt Yapeal zugrunde, um alle diese Funktionen stemmen zu können?

Christian: Unser System ist für die Cloud entwickelt, also "Cloud Native". Wir haben lange nach einer Basissoftware für Banken gesucht, die kompromisslos so entwickelt worden ist. Diese haben wir gefunden und können damit eine hohe Verfügbarkeit ohne geplante Downtimes erreichen. Alle Daten sind immer aktuell – das System kennt keine der sonst bei Banken üblichen "Batches".

Andy: Vielleicht noch ergänzend in einfacheren Worten – wir werden so operieren, wie sich das User heute von Apple, Amazon oder Google gewohnt sind.

Weitere Länder stehen auch auf eurer Expansions-Landkarte – warum startet Yapeal in der Schweiz?

Christian: Wir denken, dass der Start in der Schweiz eine gute Wahl ist. Oft sind die Standards höher als im Ausland. Was in der Schweiz funktioniert, kann mit Anpassungen sicher auch im Ausland erfolgreich sein. Dabei wird es wichtig sein, an jeder neuen Location auch wieder eine starke Community zu haben, um den Yapstern die jeweils passenden Services anbieten zu können.  

Andy: Ich freue mich auf die zusätzlichen Chancen in den Ländern, welche Open Banking und PSD2 gegenüber aufgeschlossener sind.

Wie ist das Pricing ausgelegt, was zahlt ein Kunde, der Yapeal täglich nutzt?

Christian: Wichtig für uns ist, dass wir keine Produkte an unsere Kunden verkaufen, sondern über eine Flatrate genau die Dienstleistungen anbieten, welche der Kunde benötigt. Wir haben keine "Produkt-Bundles", welche Kosten von Produkten und Services beinhalten, die der Kunde nicht braucht. Kosten, die von aussen entstehen und auf die wir keinen Einfluss haben, geben wir transparent weiter – wie zum Beispiel Bankomatbezüge, die ja bekanntlich in der Schweiz im internationalen Vergleich mit über 2 Franken sehr teuer sind.

Denkt ihr, dass Kunden wirklich ihre Bankbeziehung zu Yapeal wechseln?

Christian: Ein Wechsel wäre natürlich für uns schön. Wir sind auch überzeugt, dass das passieren wird. Allerdings in Phasen. Das Schöne ist, dass man die neue Dienstleistung parallel einmal erproben kann. Man wechselt dann, wenn man zufrieden ist. Das passiert dann irgendwie automatisch – ähnlich wie der Übergang von CDs zu Streaming. Das ist anders als bei Krankenkassen oder Telefonverträgen.

Aktuell arbeiten 12 Leute in der Yapeal-Crew, wie gross wird das Team Ende 2019 sein?

Christian: Das ist gar nicht so einfach zu sagen. Natürlich streben wir einen hohen Automatisierungsgrad an. Ob der immer erreichbar ist, wird sich noch zeigen. Wir gehen von etwa 20 Stellen aus.

Die 12 Crew-Mitglieder sowie drei Verwaltungsräte sind durchwegs Gründer und auch Mitinhaber, warum?

Andy: Das Mindset, die Arbeitsmoral, der Durchhaltewille und vor allem der Zeithorizont für das Gedeihen einer guten Sache sind als Mitinhaber einfach anders als bei reinen "Angestellten".

Christian: Alle sind Teil der Firma und haben wirklich "Skin in the Game".

Wenn Friktionen entstehen oder die Schweiz keine neue Bank will – gibt’s einen Plan B für die Crew und für das Projekt?

Christian: Da mach ich mir wenig Sorgen. Personen mit den Qualifikationen unseres Teams sind heiss begehrt.

Andy: Es gibt immer Pläne mit anderen Buchstaben als A. Wir werden sehr agil auf alles reagieren und darum haben wir unser Setup auch so gestaltet.

Banken, die sich nicht genügend schnell bewegen, werden es zunehmend schwer haben

Nach der FinTech-Lizenz 2019 steht für 2020 die Banklizenz auf der Roadmap. Kommen ab dieser Phase auch Kreditgeschäft und andere Bank-Angebote ins Programm?

Christian: Das muss sich im Detail noch zeigen. Das hängt auch davon ab, wie sich die FinTech Lizenz entwickelt. So wie die Sachlage gerade aussieht – Begrenzung auf 100 Millionen an Einlagen – ist eine Banklizenz notwendig. Das liegt daran, dass es in der Schweiz kein modulares Lizenzsystem gibt wie in anderen Ländern.

Andy: Und ganz wichtig – bei uns kann der Kunde immer entscheiden, was mit seinem Geld passiert. 

Gibt es Punkte, die eurer Meinung nach unbedingt noch erwähnt werden sollten?

Andy: Danke der Nachfrage. Ja, gerne erwähne ich an dieser Stelle noch unsere Funktionen "Family Shizzle" und "Financial Amigo". Beide helfen dabei, das finanzielle Leben, sprich den Umgang mit Geld in der Familie und im Umfeld zu verbessern. Darum nennen wir unsere Community auch "Family & Friends". 

Wenn ich noch anfügen darf – für App-interessierte Vorreiter: Wir werden eine geschlossene Gruppe haben, Alpha Family & Friends, die unsere App vor dem Public Launch auf Herz und Nieren testen wird. Interessierte finden alle nötigen Informationen auf unserer Webseite.

Wir schreiben das Jahr 2023: Wie sieht die Bankenlandschaft aus und wo steht Yapeal darin?

Christian: Wir sind überzeugt, dass dann bei Yapeal eine starke Community eine Plattform geschaffen haben wird, auf der die verschiedensten Services das finanzielle Leben des Benutzers vereinfachen. Das klassische Banking oder eine neue Blockchain-basierte Bases ist im Hintergrund integriert – als Mittel zum Zweck. Ganz generell wird sich aber die Landschaft in der Schweiz stark verändert haben – durch neue oder heute in der Schweiz noch nicht präsente Firmen.

Andy: #WeAreTheFuture – schon vergessen? Als Marketeer musste ich diesen Steilpass einfach nutzen (lacht schallend). Und: Herzlichen Dank, Ruedi, für dieses sehr lebendige Interview.