Der falsche Neid der Banken auf die FinTechs

Drei Eier in Karton mit aufgemalten Gesichtern
Bild: 101dalmatians | Getty Images

Über die Invasion der Technobanker, welche Kämpfe die Banken in diesem Zusammenhang gewinnen können und Lösungsansätze für die Bank der Zukunft.

Gastautoren: Steffen Lentz und Andy Messer

FinTechs und zunehmend auch die Technologie-Giganten greifen die Banken mit ihren auf moderner Technologie basierten Geschäftsmodellen frontal an. Für manche Services einer klassischen Bank erhalten die Kunden plötzlich anderswo bessere Produkte zu transparenten und günstigen Konditionen. Folglich steigt der Druck auf die Platzhirsche hier nachzuziehen. Doch ist das sinnvoll? Und wenn ja, wie sollten das die etablierten Banken am besten anstellen?

Es ist ein unfaires Wettrennen, das da versucht wird, denn die jungen Technobanker lassen spezialisierte und daher agile Schnellboote vom Stapel. Währenddessen sitzen die Bankiers alter Schule am Steuer eines grossen Tankers mit viel Legacy, dessen Organisation und Technik zwar viel kann, dafür aber träge und teuer ist. 

Banken unter Druck

Wo traditionelle Banken ihr Geld verdienen, lässt sich grob in zwei Bereiche einteilen: Zum einen ist da das komplexe und beratungsintensive Geschäft wie Asset Management, Wealth Management, Corporate und Investment Banking sowie das Lending Business. Es ist das lukrative Business, das in der Zukunft auch attraktiv für FinTechs ist, das aber trotz Robo Advisors & Co. noch fest in der Hand der Banken liegt. Auf der anderen Seite steht das Volumengeschäft mit Kleinsparern, Kontokorrenten und Karten, Hypotheken sowie der Ausführung von Handelsaufträgen. Es ist genau dieses Basisgeschäft, welches nun unter Druck steht. Diese Dienstleistungen sind zum Commodity- und Volumengeschäft geworden, bei welchem sich die in der Vergangenheit aufgerufenen Preise nicht mehr länger erzielen lassen. 

Eigenes digitales Retailangebot

Die etablierten Banken ringen erkennbar seit Jahren um Antworten auf diese Situation. Wurde anfangs auf den Margendruck mit reinen Sparprogrammen reagiert, so tendieren mehr und mehr Banken zu einem eigenen digitalen Retailangebot. Doch was bewegt die Banken eigentlich zum Mitmachen?

Warum sollen Banken in dieses margenschwache, wenn nicht gar verlustträchtige Geschäft weiter investieren und versuchen, der wendigeren Konkurrenz die Stirn zu bieten? Ist es eine Stay-in-the-Market-Strategie, mit der man nah bei den Kunden bleiben will, koste es was es wolle? Oder sind Banken tatsächlich auf das Retail-Geschäft angewiesen, um aus diesem hoffentlich zukünftig rentablen Wealth Management Kunden zu gewinnen? Oder spielt es etwa auch eine Rolle, dass man hier über Jahre eine teure IT aufgebaut hat und weiterhin bezahlt, welche sonst überflüssig würde? Oder folgt man einfach dem Trend und tut was jeder tut? Diese Gründe sind alle durchaus valide und es mag letztendlich eine Kombination aus ihnen sein, die zu Investitionsentscheiden ins digitale Basisgeschäft führen.

Geld, Sicherheit und Vertrauen bleiben unzertrennlich

Schweizer Banken setzten jahrhundertelang auf die Werte Stabilität, Universalität, Verantwortung und Exzellenz. In den komplexen und damit auch weiterhin beratungsintensiven Geschäftsbereichen sind das Werte, die mit Sicherheit auch zukünftig relevant bleiben werden für Kunden. Entsprechend schwer haben es die jungen Herausforderer, nennenswerte Kundenvermögen anzuziehen. So liegt das durchschnittliche Guthaben der Kunden von Neo-Banken in der Regel bei unter 1'000 Franken. Damit finden sich die Banken also in einer Situation wieder, in der sie in einem Teil ihres Geschäfts massiv unter Druck stehen, in einem anderen aber ganz klar die Oberhand gegenüber neuen Herausforderern haben. Wie sollten sie damit umgehen?

Der Weg zur Bank der Zukunft

Eine Bank, die Zukunft haben will, muss bewusst ihren Platz im Markt und in ihrem Kundensegment definieren. Sie stellt dabei den Kunden ganz an den Anfang der Wertschöpfungskette (Stichwort Kundenzentrierung) und verabschiedet sich davon, ein Supermarkt für alle Bankdienstleistungen zu Billigpreisen zu sein. Konkret muss sie festlegen, in welcher Nische sie als Spezialistin mit dem besten Produkte- und Dienstleistungsangebot Kunden überzeugen und anziehen will. Erst dann kann sie für sich beantworten, in welchen Geschäftsbereichen sie als Plattform agieren und das Kernangebot mit Commodity-Dienstleistungen oder Partnern wie FinTechs ergänzen möchte.

Entscheidet man sich, in einem margenschwachen Geschäft tätig zu sein, dann müssen dafür die eigenen Produktionskosten so gering wie möglich sein. Dies umso mehr, da die Differenzierung hier allenfalls über den Preis stattfindet. In Konsequenz müssen Banken technisch und organisatorisch in der Lage sein, moderne Geschäftsmodelle digital abzubilden, so dass Technologie und persönlicher Kontakt zu einer gewinnbringenden Mischung verschmelzen. Genauso muss die Bank der Zukunft die Fähigkeiten erlangen, digitale Netzwerke und Plattformen aufzubauen sowie Dienstleistungen ausserhalb des Kerngeschäfts günstig extern zu beziehen. 

Zusammenarbeit mit FinTechs?

Das bedeutet auch und gerade, mit FinTechs zusammenzuarbeiten. Ergänzungen des eigenen Angebots oder auch operative Teile am Markt zu beziehen, senkt die Kosten und steigert die Flexibilität. Die verbreitete Strategie, grundsätzlich alles selbst zu machen, wird langsam aber sicher zu teuer. Im zukünftigen Banking können nämlich Banken und FinTechs gleichermassen voneinander profitieren.

Damit Banken einerseits im Kerngeschäft überzeugende Leistungen anbieten, andererseits aber auch Leistungen von Dritten beziehen können, sollten sie sich noch des Themas IT-Legacy annehmen. Die aktuellen IT-Landschaften der Banken sind tatsächlich ein Problem und das laufende Hinzufügen neuer Technologien wie Machine Learning und Robotic Process Automation machen die Landschaft noch komplexer, anstatt sie zu vereinfachen. Auch die gängigen Bestrebungen, agile Methoden im Maschinenraum einzubauen, machen den Tanker nicht zum Rennboot. Zum Glück gibt es aber Lösungswege wie man mit einem kundenzentrierten Ansatz ausgewählte Services schrittweise auf eine neue Basis stellen kann.

Wir sind überzeugt, dass Banken eine grosse Zukunft haben, wenn sie die aktuellen Veränderungen als Chance sehen und das Richtige angemessen digitalisieren. Begleiter für Banken auf diesem Weg verstehen Core Banking, denken in Ventures, sind digital vernetzt und agieren als Brückenbauer zu FinTech Partnern.


Die Autoren

Der Gastautor: Steffen Lentz

Steffen Lentz ist als Associate Partner verantwortlich für die Themen FinTech & Digital Banking bei Q Perior Schweiz. Der Wirtschaftsinformatiker war zuvor in leitenden Positionen sowohl bei Banken wie auch Kernbanken-Software-Herstellern und FinTechs tätig. Er kennt die Umwälzungen des Marktes aus erster Hand und weiss, dass es für nachhaltigen Erfolg in der neuen Welt die richtige Kombination aus Geschäftsmodell, sinnvollen Technologien und skalierbaren Organisationen braucht.

Der Gastautor: Andy Messer

Andy Messer ist Managing Consultant bei Q Perior Schweiz und hilft Banken, Technologie-basierte Geschäftsmodelle zu entwickeln und implementieren. Product Ownership und Programm Management sind seine Domänen. Er kennt als Führungskraft sowohl Startups als auch Grossbanken von innen und ist überzeugt, dass beide Welten sich gewinnbringend verbinden lassen.