Das FinTech Transferwise und der chinesische Gigant Alipay partnern und stossen Türen auf

Die Gründer von Transferwise: Taavet Hinrikus und Kristo Käärmann
Transferwise-Gründer Taavet Hinrikus und Kristo Käärmann (Bild: Tranferwise)

Ein cleverer Schachzug mit Win-win-Charakter: Transferwise öffnet einen direkten Kanal nach China, Alipay stärkt das Partnernetz und der Fussabdruck in Europa wird grösser.

Das Unicorn Transferwise ist der Dienstleister, der internationale Zahlungen rund um den Globus schnell, einfach und vor allem auch sehr kostengünstig macht. Inzwischen nutzen mehr als sieben Millionen Kunden die Services von Transferwise und versenden rund 4,5 Milliarden Euro jeden Monat.

Die Lifestyle App von Alipay wird von mehr als 1,2 Millarden Menschen deshalb genutzt, weil sie sehr viel mehr als nur gerade bezahlen kann. Die Smartphone App organisiert das finanzielle Leben in jedem denkbaren Bereich und ist darüberhinaus auch eine Komfort-Anwendung, die das Taxi bestellt, Hotels oder Flüge bucht und auch sonst alles reserviert, kauft und bezahlt, was des Nutzers Herz erfreuen könnte.

Transferwise und Alipay werden Partner

Die Kooperation generiert, neben aktuell noch nicht sichtbaren Effekten, bereits heute drei Gewinner:

Transferwise
Das britische FinTech vergrössert seinen Wirkungskreis erheblich. Transferwise öffnet für seine sieben Millionen Nutzer einen direkten Kanal zu mehr als 1,2 Milliarden Nutzern der Alipay App. Nach einem Bericht des “Migration Data Pool” aus dem Jahr 2019 ist China eines der Länder mit der grössten Anzahl an Empfängern internationaler Überweisungen. Aktuell werden jährlich umgerechnet rund 62 Milliarden Euro nach China geschickt. Transferwise nutzt mit der neuen Kooperation die Möglichkeit, sich ein beträchtliches Stück von diesem grossen Kuchen zu sichern.

Nutzer von Transferwise und Alipay
Für Transferwise-Nutzer öffnet sich ein direkter Kanal in die App und die lokalen E-Wallets der Alipay-Nutzer. Internationale Geldtransfers werden damit schneller, günstiger und vor allem auch deutlich komfortabler. Für eine Überweisung werden nur der Name des Empfängers und die Alipay-ID benötigt. Damit werden Zahlungen aus 17 Währungsräumen, Euro, US-Dollar und Pfund inklusive, sofort ausgeführt und in weniger als 20 Sekunden dem verknüpften Konto des Empfängers gutgeschrieben.

Alipay
Zum einen spült der Deal mit Transferwise zusätzliches Geld direkt in die Wallets von Alipay-Nutzern, das über die App wieder ausgegeben oder investiert werden kann. Auch in Services und Produkte, welche zum Alibaba-Konzern gehören.

Zum anderen: Die schlagkräftige und grossgewachsene Tochter der Ant Financial Services Group wirft einen noch längeren Schatten auf Europa als bisher schon und stärkt ihre Position in einem Markt mit mehr als 500 Millionen neuen potenziellen Kunden. Immerhin fällt Alipay dadurch auf, dass das Netz der Kooperationen aktiv erweitert wird. Auf der Liste der europäischen Kooperations-Partner stehen bei Alipay aktuell Bluecode, Klarna, Solaris Bank, Wirecard und neu jetzt auch Transferwise. In der Schweiz ist Alipay seit längerem mit Worldline/SIX liiert, damit chinesische Touristen bei Schweizer Händlern mit Alipay bezahlen können.

Was hat Alipay in Europa vor?

Bisher sorgt Alipay dafür, dass chinesische Touristen den von zu Hause gewohnten Komfort ihrer App auch in Europa nicht missen müssen. Darüber hinausgehende Pläne hat Alipay bisher noch nicht kommuniziert. Das wird voraussichtlich auch so bleiben und Alipay könnte Europa überraschen. Zumal die Konkurrenz mithört und mitliest – Rivale Tencent, der zweite chinesische Gigant, ist seit längerem ebenfalls dabei, seinen Einfluss in Europa zu vergrössern. Zum Beispiel durch Engagements als Investor bei den Challenger-Banken N26 und Qonto.

Beide Unternehmen, Alipay und Tencent, haben ein vitales Interesse an Europa. Aus mindestens zwei Gründen: Hervorragende Technologie ist vorhanden und die Apps können deutlich mehr als jede bisher bekannte und genutzte Bezahl-App in Europa. Vor allem jedoch ist Europa eine der möglichen Antworten auf die Frage: Wo können die Tech-Giganten wachsen, wenn China nicht mehr allzuviel Potenzial hat, weil der Markt bereits zwischen Alipay und Tencent aufgeteilt worden ist?

Beide Anbieter treffen in Europa auf ein weites Feld – nicht unbesetzt, aber bisher ohne dominierende Anwendung, welche den chinesischen Apps in Sachen Vielseitigkeit das Wasser reichen könnte. Deshalb: Alipay wie auch Tencent sind da, vergrössern ihren Einfluss und beide sind auf die eine oder andere Weise für eine Überraschung gut.

Was hat Transferwise weltweit vor?

Das FinTech tut das, was es unter der Leitung seiner Gründer, Taavet Hinrikus und Kristo Käärmann, bereits sei 2011 tut: es wächst, in erhöhtem Tempo. Seit drei Jahren arbeitet das Unternehmen profitabel und schreibt schwarze Zahlen. Das formulierte Ziel, "grenzenlosen Geldversand so transparent, schnell, bequem und so günstig wie möglich anzubieten", scheint weiterhin ungebrochen auf der ganzen Welt neue Freunde zu finden. Nicht nur bei Endkunden, auch bei Banken.

Neben den direkten Nutzern kommt zusätzliches Wachstum über die Partnerschaft mit Banken, welche als Multiplikatoren wirken. Unter anderen setzen Bunq, Monzo, N26 in Europa sowie SFCU und Novo in den USA und UP in Australien auf die Leistungen von Transferwise. Seit März 2020 gehört auch die Activo Bank in Portugal mit dazu. Der digitale Ableger der Millenium BCP öffnet die Services von Transferwiese für weitere 300'000 neue Kunden.

Transferwise dehnt sich nicht nur geografisch aus, das FinTech erweitert auch seine Services und Funktionen. Zum Beispiel steht Nutzern der Multi-Währungs-Konten, Privat- und Geschäftskunden, seit Januar 2020 das Bezahlen per Lastschrift zur Verfügung. 

Das Technologie-Unternehmen nimmt für sich in Anspruch, für seine mehr als sieben Millionen Nutzer, welche pro Monat 4,5 Milliarden Euro bewegen, jährlich mehr als eine Milliarde Euro an Gebühren einzusparen.