Das erste Jahr im Leben einer Challenger-Bank war bisher vergleichbar mit den ersten 100 Tagen im Leben einer Führungskraft. Innerhalb dieser Schonfrist liess man Challengers und Neos machen, die Ansprüche des Marktes an die Neulinge blieben im ersten Jahr noch freundlich moderat.
Heute läuft's bereits etwas enger – Basics wie Konto, Karte, faire Wechselkurse und tiefe Gebühren bieten alle Neo-Banken, damit allein ist auf Dauer kein Staat zu machen. Zudem liegen die Hürden durch die wachsende Zahl der Challenger-Banken generell höher und werden vor allem durch jene Neo-Banken gesetzt, die schon länger im Markt sind und ihre Zeit produktiv genutzt haben, um deutlich sichtbare Unterschiede und damit Vorsprung zu schaffen.
Ungeschlagener Meister in Sachen Unterschiede und Vorsprung ist das FinTech Revolut, das nicht ohne Grund weltweit 15,5 Millionen Kunden betreut und auch in der Schweiz die Marke von 350'000 Nutzerinnen und Nutzern erreicht hat. Und dies, obschon Revolut zahlreiche Funktionen, die in EU-Märkten längst verfügbar sind, in der Schweiz noch nicht aufgeschaltet hat. Werden diese Features in der Schweiz nach und nach freigeschaltet, dürfte das zu einem weiteren Zuwachs an Kundinnen und Kunden führen.
Welche Schweizer Neo-Banken haben gute Karten?
Im Bereich der längst erfundenen und deshalb nachbildbaren Standard-Funktionen haben alle Schweizer Neos gute Karten. Zu diesen Standard-Funktionen gehören zum Beispiel Sparkonten (Pockets), automatisierte Sparfunktionen, angehängte Juniorkonten (Gelderziehung für die Kids), Kontrolle und Management von Abos oder regelmässigen Zahlungen und mehr.
Ob Aktien- und Kryptoanlagen in ein und derselben App vom Markt zum Standard gemacht und erwartet werden, wird sich erst zeigen. Falls ja, sind einige der bestehenden Challenger-Banken, welche diese Tools bereits mit an Bord haben, im Vorteil.
Vor allem punkten dürften jene Neo-Banken, welche mit neuem Komfort und wirklich praktischen Funktionen überraschen, die der Markt noch gar nicht kennt – und deshalb nicht unbedingt erwartet hat. Damit lassen sich markante Unterschiede schaffen.
Für Features dieser Art stehen aus heutiger Sicht möglicherweise zwei Schweizer Neo-Banken in der Poleposition, wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen: Zum einen die Challenger-Bank, von der man in letzter Zeit am meisten gehört hat, Yuh. Zum anderen die Challenger-Bank, von der man in letzter Zeit eher wenig gehört hat, Yapeal.
Warum Yuh?
Yuh, die jüngste der neuen Banken, ist erst vor einigen Wochen gestartet, bereits mit den Funktionen von Aktien- und Kryptohandel mit an Bord. Das allein genügt noch nicht, aber der Hintergrund von Yuh ist vielversprechend.
Hinter Yuh stehen zwei Banken mit völlig unterschiedlicher Ausrichtung, Swissquote und Postfinance. Das genügt immer noch nicht, kann sogar zum Hemmschuh werden, wenn starke Mütter ihren Kindern den mütterlichen Stempel prägnant aufdrücken und ihnen dadurch den Raum zur Entwicklung nehmen. Das ist im Falle von Yuh offensichtlich nicht passiert, die Neo-Bank ist offenbar tatsächlich auf der grünen Wiese konzipiert worden und spürbar mit einer Startup-DNA unterwegs.
Diese DNA und die damit verbundene Freiheit sowie Finanzkraft der beiden grossen Mütter im Hintergrund bilden eine Rezeptur, die für Überraschungen in fast jedem Bereich gut ist. Zudem war die Schweizer Neo-Banken-Szene bereits beim Start von Yuh ziemlich gut besetzt – den Macherinnen und Machern war und ist klar: einfach eine neue App dazu, die das kann, was bestehende Neo-Banken auch können oder bald können werden, kann auf Dauer nicht die Erfolgsformel sein.
Schafft das FinTech in den Bereichen von Komfort und neuer Funktionen keine Überraschungen, wäre dann eben das die Überraschung und eine verpasste Chance, ganz vorne mitzuspielen.
Warum Yapeal?
Yapeal ist vor knapp einem Jahr gestartet, ist Inhaberin der Schweizer FinTech-Lizenz und fällt unter anderem durch vier Hintergrund-Faktoren auf:
Zum einen hat die Neo-Bank das wahrscheinlich mit Abstand stärkste Entwickler-Team an Bord, das sich ein Challenger nur wünschen kann. Zum anderen laufen bei Yapeal alle relevanten Prozesse in Echtzeit und dieses Real Time Banking verschafft der Neo-Bank nicht nur Vorsprung, sondern vor allem für die Zukunft erweiterte Möglichkeiten. Zum Dritten fällt Yapeal durch extrem solides Software-Handwerk auf – ob Onboarding-Prozesse oder höchste Sicherheits-Standards, die Neo-Bank setzt hier Massstäbe mit Software aus der eigenen Werkstatt. Und zu guter Letzt: die Kooperation mit der Software-Schmiede Abacus ist nicht nur ein interessanter Move, die strategische Partnerschaft, wir haben berichtet, öffnet Yapeal und Abacus gemeinsam völlig neue Felder und Möglichkeiten.
Mit eine Rolle spielen hier die Software-Lösungen von Abacus, die in Breite und Tiefe führend im Schweizer KMU-Bereich verankert sind. Und vor allem im Vordergrund steht das brisante Abacus-Projekt der Deep Box, das bei Abacus und bei Yapeal parallel in der Mache ist. Ein Ökosystem und ein möglicherweise umwälzendes Produkt, das durch seine intelligente Vernetzung in den Bereichen Administration, Buchhaltung, Banking, Zahlungen, Kommunikation und mehr bei Privatpersonen und bei KMU vieles verändern kann, auch darüber haben wir ausführlich berichtet.
Tatbeweise und erste Früchte dieser Kooperation?
Vieles ist in Vorberereitung und wird erst später sichtbar. Eine erste reife und nutzbare Frucht gibt's allerdings bereits, die bewirkt in Kurzform und als komplett digitaler Prozess das Folgende:
- ein Yapeal-Kunde bezahlt mit seiner Karte ein Spesen-Essen
- er scannt der Spesenbeleg, der wird KI-basiert gelesen und im Abacus-ERP seines Arbeitgebers automatisiert erfasst und verbucht
- die Rückzahlung der Spesen auf das Konto des Yapeal-Kunden erfolgt in Echtzeit und sofort, wenn sein Arbeitgeber auch ein Yapeal-Konto hat – oder zumindest ungewohnt schnell, wenn eine andere Bank in die Rücküberweisung involviert ist
Wer die neue Funktion lieber im Bild erklärt haben möchte, wirft einen Blick in das Video aus der Praxis: