Neo-Banken

Neo-Banken sind in Sachen Profitabilität noch nicht in den Finanzzentren angekommen

Eine Parkbank auf grüner Wiese an einem See
Bild: NeoPhoto | Getty Images

Nur zwei von 25 der grössten Neo-Banken arbeiten kostendeckend – von den rund 400 Banken weltweit schaffen es weniger als fünf Prozent über die Gewinnschwelle.

Das Bild mit den Finanzzentren hinkt insofern, als Neo-Banken sich anders positionieren und nicht unbedingt mit klassischen Banken verglichen werden wollen. Die Vergleiche finden allerdings dennoch statt – zum Beispiel, wenn Medien die fantasiegetriebenen Investoren-Bewertungen von Unicorn-Neo-Banken traditionellen Finanzinstituten gegenüberstellen.

Dann ist regelmässig die überraschende Einsicht zu lesen, dass die Neo-Bank XY mit zweistelliger Milliarden-Bewertung nun einen höheren Wert auf die Waage bringen würde als zum Beispiel die Börsenwerte der Deutschen Bank, der Commerzbank und von anderen etablierten Geldhäusern.

Da gibt's jedoch einige Unterschiede

Unterschiede, die auch diese Vergleiche mächtig hinken lassen. Zum einen spiegeln die Bewertungen von Neo-Banken nur gerade die Sicht einer kleinen Zahl von Investoren, die massiv Kapital durchwegs in Millionen- und Millardenhöhe ins FinTech investiert haben. In der berechtigten Hoffnung, bei einem Börsengang Kasse zu machen. Da spielen sehr viel Fantasie und Erwartungen mit, die mit klassischen Bewertungskriterien nicht allzu viel zu tun haben. Im Gegensatz zur Neo-Bank wird der Wert einer klassischen Bank jeden Tag durch Tausende Anlegerinnen und Anleger an den Börsen neu festgelegt, die sich aufgrund von Zahlen und Fakten Gewinne oder Dividenden versprechen.

Diese realistischeren Erwartungen, das zum anderen, werden in der Regel durch Geschäftsgang und erzielte Gewinne gestützt, welche diese klassischen Banken tatsächlich erwirtschaften. Das ist bei den meisten Neo-Banken nicht der Fall – die wachsen wohl schnell und aggressiv, schreiben jedoch mit wenigen Ausnahmen keine Gewinne, sind im Gegenteil oftmals noch weit entfernt davon, rentabel zu arbeiten. 

Das eine muss jetzt nicht gegen das andere ausgespielt werden, in den beiden Lagern gelten einfach unterschiedliche Spielregeln und deshalb ebenso unterschiedliche Kriterien zur Bewertung. Fakt aber bleibt, auch hoch finanzierte und sehr hoch bewertete Neo-Banken schreiben in der Regel noch keine Gewinne.

Weniger als 5 Prozent der Neo-Banken weltweit arbeiten kostendeckend

Die Strategie- und Marketingberatung Simon-Kucher & Partners trackt und bewertet für ihren "Global Neo-Banking-Radar" Neo-Banken auf der ganzen Welt auf der Grundlage verschiedener Faktoren, einschliesslich des Aktivitätsniveaus, der Finanzierung und der Bewertungen.

Derzeit gibt es weltweit rund 400 Neo-Banken, die zusammen fast eine Milliarde Kundenkonten betreuen, darunter Privatpersonen sowie kleine und mittelständische Unternehmen. Ein Blick auf den aktuellen Stand der Untersuchungen:

Auch ein Jahrzehnt nach dem Start des Neo-Banking-Hypes ist fast keines von diesen FinTechs rentabel. Nur gerade zwei von 25 der grössten Neo-Banken arbeiten kostendeckend – von den rund 400 Banken insgesamt schaffen es weniger als fünf Prozent über die Gewinnschwelle.

Die Erträge bleiben oftmals bescheiden, der Grossteil der Neo-Banken erwirtschaftet pro Kunde im Jahr weniger als 28 Euro. Entscheidender Punkt: Dieses finanzielle Dilemma betrifft auch renommierte Neo-Banken.

Bei den Neugründungen mischen traditionelle Banken aktiv mit

In vielen Regionen und Ländern, auch in der Schweiz, drängen laufend weitere Neo-Banken in den Markt. Die Zahl der Neugründungen hat weltweit zwar etwas abgenommen, die Finanzindustrie bleibt jedoch ein attraktiver Zielmarkt für Startups und FinTechs.

Wurden 2020 noch 94 Neo-Banken gegründet, kamen 2021 zwar weniger, aber immerhin noch 59 neue hinzu. Interessante Entwicklung: bei jeder dritten Neugründung handelt es sich um sogenannte "Innovation Speedboats" oder reine Digitalbanken, gegründet von Finanzdienstleistungskonzernen oder konventionellen Banken. Ein Trend, der sich nach der Meinung der Experten von Simon-Kucher weiter verstärken wird. Vor allem deshalb, weilt etablierte Banken nach Optionen suchen, neue Märkte und Segmente zu erreichen.

Dieser Trend ist auch in der Schweiz sichtbar. Zu den jüngsten neugegründeten Mitspielern gehören CSX von der Credit Suisse sowie Yuh als Gemeinschaftsprojekt aus den Häusern Swissquote und Postfinance. Zudem dürfte von der UBS eher bald eine Antwort auf die Entwicklung an der digitalen Finanzfront zu erwarten sein. CEO Ralph Hamers wird in der Rolle des Digitalisierers weder CSX noch Yuh und schon gar nicht den "freien" Neo-Banken das Feld überlassen. Und Hamers wird nicht der letzte Digitaliserer bleiben, der frischen Wind und Bewegung in den Markt der jungen digitalen Banken bringt.

Abgesehen von der Bank Cler mit Zak haben klassische Banken erstaunlich lange gewartet, bis sie selbst eigene Startups und FinTechs in den Markt geschickt haben. Diese passive Beobachterrolle scheint Vergangenheit zu sein, da kann noch einiges kommen.

Die Krux mit der Profitabilität

Die von privaten Investoren finanzierten Neo-Banken sind verdammt zu schnellem Wachstum. Aggressive Expansion ist sehr kostspielig und geht längere Zeit zulasten von Profiten. Investoren brauchen deshalb einen langen Atem – der könnte in nächster Zeit allerdings etwas kürzer werden.

Die Innovation Speedboats von etablierten Banken und Konzernen profitieren oftmals von anderen Rahmenbedingungen und auch von der Finanzkraft ihrer Mütter.

Dennoch sollten beide Typen von Neo-Banken irgendwann auf eigenen Füssen stehen und ihre Investoren (oder Mütter) mit Erträgen und Profiten erfreuen.

Auf diese Aspekte gehen wir in einem nächsten Beitrag ein, der mögliche Wege zu profitablem Wachstum skizziert.