Neo-Banken

UBS startet mit der ersten hybriden Neo-Bank in der Schweiz

Smartphone-Ansicht und Karte der digitalen App UBS Key4
Bild: UBS

Eine Neo-Bank ist möglicherweise dann eine hybride Bank, wenn die neue App Teil einer bestehenden App ist – und wenn das Wort "Neo-Bank" explizit ausgeklammert wird.

Was die UBS letzte Woche in den Markt gestellt hat, ist als Strategie ziemlich clever. Die Grossbank lanciert eine neue App, ohne eine neue App zu promoten. Sie startet mit einer Neo-Bank, ohne eine Neo-Bank zu lancieren. Das Ganze packt sie in den Brand UBS Key4 – und diese Marke verspricht einiges für die digitale Zukunft im Banking der UBS.

Klassische Banken und ihre Neo-Banking-Apps

Die meisten klassischen Banken, welche den Angeboten der markt- und raumbeanspruchenden Neo- und Challenger-Banken die Stirn bieten wollen, bauen eine Neo-Bank, die sie in Form einer App ausrollen. Das haben in der Schweiz die Bank Cler mit Zak, die Credit Suisse mit CSX oder auch Swissquote und Postfinance mit Yuh bereits vorgemacht.

Der Begriff Neo-Bank wird dabei in aller Regel vermieden, weil man nicht den Eindruck erwecken möchte, erfolgreichen Neo-Banken hinterherzurennen. Deshalb ist die Neo-Bank keine, sondern eine digitale App. Eine App allerdings, die daherkommt und sich in Angeboten und Ausstattung benimmt wie eine Neo-Bank. Kundinnen und Kunden ist diese akademische Begriffs-Abgrenzung allerdings ohnehin egal, die möchten einfach smarte, digitale, vielseitige Angebote, Komfort und tiefe Gebühren. 

Meistens öffnen klassische Banken bei ihren Neo-Banking-Initiativen zwei Türen. Neue und oftmals jüngere Kundensegmente können die App durch den Haupteingang als Erstkunden entdecken – bestehende Kundinnen und Kunden der Bank können durch den Seiteneingang vom traditionellen zum digitalen Angebot wechseln. Dieser Seiteneingang ist auch als Ausgang geöffnet. Banken versprechen sich zuweilen auch Neukunden-Zugänge aus der App für Angebote unter dem Dach der klassischen Bank.

Die Koexistenz von klassischer Bank und Neo-Bank – ja, wir haben schon verstanden: Banken starten keine Neo-Banken, nur digitale Apps – wird dann gerne unter das differenzierende Segel gestellt, dass hier das Beste aus zwei Welten zu haben ist. Ein Argument, das Challenger-Banken nicht ins Feld führen können, die bestehen auf Dauer nur mit dem Allerbesten aus einer Welt. 

Die Strategie der UBS: Mehrspurig, hybrides Banking, Kunden im Zentrum

Die UBS verfolgt keine grundsätzlich andere Strategie, setzt jedoch ein völlig neues Segel über ihr Engagement. Die Grossbank geht dabei einen durchdachten Weg und lanciert ihr neues Angebot in einer anderen Verpackung ziemlich clever. Sie fragt nicht: Möchten Sie unsere Leistungen als Grossbank oder bevorzugen Sie die digitalen Leistungen unserer Neo-Bank? Die UBS öffnet eine mehrspurige Strecke, befahrbar in alle Richtungen und fokussiert damit auf die unterschiedlichen Wünsche von verschiedenen Kundengruppen – bestehenden und neuen.

Die Grossbank bezeichnet ihr UBS Key4 als "rein digitale Sortimentslinie für Kundinnen und Kunden, die ihre Bankgeschäfte ausschliesslich digital abwickeln wollen – selbstbestimmt, eigenverantwortlich, rund um die Uhr von ihrem Smartphone aus". Diese neue digitale Sortimentslinie ist in die Mobile Banking App integriert – also in eine Umgebung, die es schon seit Jahren gibt. Damit soll UBS Key4 "das neue breite Eingangstor zum digitalen Banking bei UBS" werden.   

Dieser von der UBS beschrittene Weg des hybriden Banking lässt bestehende Kundinnen und Kunden laufend neue Funktionen in ihrer Mobile Banking App entdecken, die sie nutzen können oder auch nicht. Neue Kundengruppen, insbesondere junge Zielgruppen, steuern die App aus der anderen Richtung an, finden die Leistungen einer Neo-Bank und können ihre Konto direkt in der App eröffnen.

Sabine Magri, COO der UBS Schweiz, legt gegenüber unseren Kollegen von Finews Wert auf die Feststellung: «Wir fahren keine Neobankenstrategie» und unterstreicht, dass Kundinnen und Kunden sich frei zwischen den Angeboten bewegen können – niemand werde in einen Kanal gezwungen. Hybrides Banking eben, das neuen und bestehenden Kundinnen und Kunden die Wahl lässt, was sie brauchen und nutzen möchten.

Das Angebot von UBS Key4

Verbesserte User Experience und ein aufgefrischtes Look & Feel gehören dazu. Darüber hinaus sind die neuen Funktionen und Features zum Start noch überschaubar gehalten, entsprechen jedoch heute schon den Angeboten, mit denen Neo-Banken in aller Regel starten. Zum digitalen Basisangebot gehören: digitales Onboarding, Privatkonto, zwei Sparkonten, eines davon nachhaltig, eine Prepaidkarte mit attraktiven Wechselkursen (Mastercard-Wechselkurs plus 0.5%), Mobile Payment (Apple Pay, Google Pay, Samsung Pay und weitere), eine Debitkarte, UBS Twint und UBS Key Club. Plus Leistungen wie eBill, Push-Infos und andere, die bisher schon im Mobilie Banking genutzt werden konnten.

Jugendlich bis 26 sowie Studentinnen und Studenten bis 30 nutzen UBS Key4 zum Nulltarif, alle anderen kostet das Angebot CHF 8 pro Monat. Zudem hat die UBS ein Angebot für Jugendliche ab 15 Jahren in Arbeit.

Das Startangebot soll eher schnell erweitert werden, die UBS will Schritt für Schritt weitere digitale Angebote in die UBS Key4-Sortimentslinie integrieren. Was da zu erwarten ist, zeigt der Coming-soon-Anriss auf der Website von Key4.

Wer die Verschmelzung von UBS Mobile Banking und Key4 sowie den aktuellen Leistungsumfang im Detail studieren möchte: Prof. Dr. Andreas Dietrich von der Hochschule Luzern hat eine sehr ausführliche Würdigung der neuen App in der App verfasst, hier zu finden.

Warum die gewählte Strategie clever ausgelegt ist

Zum Start von Key4 trommelt die UBS nicht übermässig laut, sie stellt aber ein Angebot zur Verfügung, dass einer neuen Neo-Bank würdig ist, die keine sein will. Das Angebot soll laufend ausgebaut und erweitert werden, dazu hat die Grossbank offenbar genügend Entwickler-Power bereitgestellt. Nach Aussagen der UBS soll das Angebot in agilen, interdisziplinären Teams ständig weiterentwickelt und dabei das Kundenfeedback gezielt miteinbezogen werden. Dadurch soll sich der Innovationsrhythmus massiv erhöhen und die Produktentwicklung soll noch besser auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt werden.

Das Beste an der Strategie ist generell dieser starke Fokus auf die Wünsche und Bedürfnisse von Kundinnen, Kunden und unterschiedlichen Kundengruppen. Bestehende und neue Kunden brauchen sich nicht für verschiedene Apps und Zugänge zu entscheiden, eine App ist genug. Die Entscheidung liegt dann schlicht im individuellen Paket der gewünschten Leistungen, Funktionen und Features.

Diese Angebote sind aus verschiedenen Richtungen und auf mehreren Spuren erreichbar und ansteuerbar. Für bestehende Kundinnen und Kunden über ihr gewohntes Mobile Banking. Für neue Kunden über Key4, innerhalb des Mobile Banking. Eine App, die von jüngeren Kundengruppen als neu, Neo-Banken-ähnlich, digital und im Smartphone entdeckt und genutzt werden kann. Im Ergebnis jedoch eine einzige App, die (längerfristig betrachtet) mehr oder weniger kann – und deshalb genau das und so viel, wie eine Kundin oder ein Kunde sich das wünscht. Dazu gehören Leistungen aus dem bisherigen Angebot der Bank, Beratung inklusive, wie auch neue digitale Angebote.

Eine spannende Initiative und ein interessanter Ansatz, um heute ein bisschen und in Zukunft möglicherweise massiv neue Bewegung und frischen Wind in die Landschaft der Neo- und der klassischen Banken zu bringen.