Neo-Banken

Gedanken zu Super Apps – und: auf dem Weg zur Super App erledigt die Neo-Bank Vivid die Steuerklärung für ihre Kunden

Eine Familie, Eltern und Kinder verkleidet als Super Man
Bild: RichVintage | Getty Images

Über den Charakter einer Super App, weshalb noch nicht alle Neo-Banken eine haben und welche Fallstricke auf dem Weg zur Super App lauern.

Die Berliner Neo-Bank Vivid gehört zu jenen FinTechs, die ihre App neben Banking-, Karten- und Zahlungs-Services laufend mit neuen Funktionen und Zusatzdiensten erweitern. Unter anderem bereits seit längerem an Bord: provisionsfreier Handel mit Aktien, ETFs, Edelmetallen und Kryptos, Fractional Trading inklusive, wie sich das für eine Neo-Bank gehört.

Mit zu den Komfortfunktionen gehört zum Beispiel auch das Überwachen und Blockieren von Abos, die User am Laufen haben – und mehr. Die Neo-Bank hat sich in Sachen Funktionen und Services noch sehr viel vorgenommen, wenig überraschend deshalb, dass auch Vivid die Zielmarke Super App im Visier und konkret in Arbeit hat.

Über den Charakter einer Super App

Inzwischen nehmen zahlreiche Challenger- und Neo-Banken für sich in Anspruch, eine Super App zu sein oder sie sehen sich zumindest auf dem Weg dahin. Wer von den Macherinnen und Machern als Superman und Superwoman einer Supercrew seine App dereinst mit diesem Supercape schmücken darf, wird sich erst zeigen.

Mit zum Charakter einer Super App gehört nämlich vor allem, dass eine App nicht nur alles kann, sondern in erster Linie übersichtlich und userfreundlich bleibt. Deshalb ist dieses "Alles" nicht einfach nur eine Riesensammlung von komfortablen Funktionen und Features, die weit über Banking und Zahlungs-Services hinausgehen. Ein intelligent definiertes und praktikabel umgesetztes "Alles" liegt in all den verfügbaren und auf Wunsch zuschaltbaren Funktionen, die eine einzelne Nutzerin oder ein bestimmter Nutzer braucht und haben möchte. Das gehört zum Pflichtlauf einer Super App. Gelingt das nicht, ist die Super App überhaupt nicht super, sondern einfach nur überladen und verliert ganz schnell an Wert und an Komfort. 

Eine Vielzahl von Funktionen und Services wie Banking, Zahlungen, verschiedene Kontotypen, Sparen, Investieren, Reisen, Shoppen, Specials, Rewards, Versicherungen und mehr beanspruchen sehr viel Raum. Die Challenger-Bank Revolut zum Beispiel löst diese Angebots-Inflation mit einem Hub in der App. Ein Klick auf den Hub zeigt auf einen Blick alle verfügbaren Funktionen, Leistungen und Services, sauber geordnet nach Kategorien. Was aktuell gebraucht und gewünscht wird, schalten Nutzerinnen und Nutzer individuell frei, erst dann werden diese Funktionen in der App sichtbar. Was im Moment nicht genutzt wird, bleibt als Option im Hub und verstellt den Nutzern nicht den Blick – es ist da, ohne sich aufzudrängen, es bleibt in der Alltagsumgebung der jeweiligen Nutzer unsichtbar.

Wie positioniert sich die Neo-Bank Vivid?

Das gut finanzierte FinTech ist mit seiner App Mitte 2020 in Deutschland gestartet und ist heute auch in Frankreich, Italien, Spanien, Slowenien und Rumänien verfügbar. Mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter treiben die Neo-Bank in Technologie, Funktionen und Expansion in Europa voran. Die Gründer Artem Iamanov und Alexander Emeshev gelten als aggressive Strategen. Auffällig ist, dass Vivid laufend grosse und kleine Funktionen aufschaltet und damit bestehende und neue Kunden bei Laune hält.

In Strategie und Funktionen ist Vivid mit der deutlich grösseren Challenger-Bank Revolut oder auch mit der kleineren Neo-Bank Yuh in der Schweiz vergleichbar. Zahlen, Sparen und Investieren steht bei diesen Anbietern im Vordergrund, Revolut und Vivid sind zudem nach eigenen Aussagen unterwegs zur Super App.

Der EU-Raum ist gross genug, die Schweiz steht für Vivid vorderhand nicht auf der Expansions-Landkarte. Gut möglich allerdings, dass die von Revolut in den letzten Jahren nahezu nebenbei eingesammelten 450'000 Nutzerinnen und Nutzer in der Schweiz irgendwann auch Vivid einen begehrlichen Blick auf den Schweizer Markt werfen lassen.

Der clevere Steuererklärungs-Schachzug von Vivid

Die neueste Marke auf dem Weg zur Super App hat Vivid in diesen Tagen gesetzt. Nutzerinnen und Nutzer von Vivid können ihre Steuererklärung in wenigen Schritte über die App fertigmachen und direkt beim Finanzamt einreichen.

Diese neue Funktion ist insofern clever, als das Ausfüllen der Steuererklärung von den meisten Menschen als mühsame und zeitraubende Strafaufgabe empfunden wird. Wer hier einspringt und geplagten Steuerzahlern das Leben einfach macht, gewinnt Punkte.

Vivid nutzt bestehende Technologie von Steuerbot und integriert als Embedded Finance Service oder Embedded Tax Service als erste Finanzplattform in Deutschland ein Steuererklärungs-Tool nativ in die eigene App. Der Service wird schrittweise für alle deutschen Kundinnen und Kunden ab heute ausgerollt.

Marc Neumann, Co-Founder von Steuerbot, zur Kooperation mit Vivid: «Viele Menschen in Deutschland trauen sich aufgrund der vielen Formulare nicht eine Steuererklärung abzugeben – und verpassen dabei die Chance, Geld vom Finanzamt zurückzubekommen. Bei Steuerbot verfolgen wir das grosse Ziel, den oftmals langwierigen Bearbeitungsprozess von Steuererklärungen so einfach und angenehm wie möglich zu gestalten. Dabei wollen wir unsere Dienstleistungen auch in andere Apps integrieren, um so unseren Nutzerinnen und Nutzern auch die Chance zu bieten, die Steuererstattung direkt sinnvoll anzulegen oder zu investieren.»

User werden in der Vivid App Chatbot-basiert durch ihre Steuererklärung geführt, dieser Prozess soll nur 20 Minuten in Anspruch nehmen. Mit dem Service sollen über 95 Prozent aller Angestellten ihre Steuererklärung erstellen können, zusätzlich werden Studenten, Rentner, Ferienjobber und Azubis unterstützt.

Für Kundinnen und Kunden mit einem Premium-Konto bleibt der neue Steuererklärungs-Service in der Vivid App kostenlos. Kunden mit einem kostenlosen Standard-Konto zahlen für die Dienstleistung einmalig 19.90 Euro – allerdings nur dann, wenn die Steuerrückerstattung des Finanzamtes mehr als 100 Euro beträgt. Finanziert sich die Nutzung des Tools gewissermassen nicht von selbst, fallen auch keine Kosten an.

Dass Vivid auf dem Weg zur Super App nicht nicht rasten will, unterstreicht Co-Founder Alexander Emeshev mit der Bemerkung:

«Wir freuen uns, schon bald weitere Vivid-Services anbieten zu können, um das tägliche Leben unserer Kundinnen und Kunden zu vereinfachen»

Man mag ihm glauben, die Neo-Bank aus Berlin hat die kurzen eineinhalb Jahre seit Markteintritt genutzt und ist heute mit einem erstaunlich dichten und vielseitigen Angebot unterwegs.