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WhatsApp reagiert auf den Massenexodus von Nutzern

Smartphone-Monitor mit den Icons von Messenger-Diensten
Bild: bigtunaonline | Getty Images

Die Messenger von Signal und Threema haben Hochkonjunktur und enormen Zulauf, WhatsApp von Facebook verliert – und reagiert.

Die neu kommunizierten Nutzungsbedingungen von WhatsApp sind bekanntlich bei Millionen von Usern nicht sehr gut angekommen. Die angekündigte – nach Lesart von WhatsApp missverstandene – neue Nähe in Bezug auf Daten zwischen WhatsApp, Facebook und Instagram, wird von vielen Nutzern nicht goutiert.

Wer die neuen Nutzungsbedingungen bis zum 8. Februar nicht akzeptiert, soll von den Messenger-Diensten von WhatsApp ausgeschlossen werden – so die bisherige Ankündigung. Jetzt rudert WhatsApp ein Stück zurück und sieht sich als Opfer von "Fehlinformationen", die im Umlauf wären.

So widerspricht WhatsApp explizit den in den letzten Tagen oft gelesenen oder gehörten Meldungen, wonach Facebook WhatsApp-Daten für Werbezwecke erhalten soll, und schreibt in einem Blogbeitrag am 15. Januar 2021:

"Diese Aktualisierungen geben uns keinerlei zusätzliche Berechtigungen, Daten mit Facebook zu teilen"

Signal und Threema freuen sich, WhatsApp will sich erklären

Messenger ohne Datensammel-Ambitionen wie Signal oder auch Threema haben Hochkonjunktur, wechselwillige Nutzer rennen den genannten und anderen Anbietern in diesen Tagen die Türen ein. Offenbar in Mengen und Zahlen, die für Giganten wie Facebook und WhatsApp spürbar werden.

Auf dem Blog versucht WhatsApp, die Wogen zu glätten und schreibt:

"Eine Menge Fehlinformationen befinden sich in Umlauf, die Bedenken verursachen. Wir möchten dazu beitragen, dass jeder unsere Prinzipien und die Fakten verstehen kann."

WhatsApp erklärt, was sich mit den neuen Nutzungsbedingungen nicht ändern soll, hier nachzulesen. und führt auf der anderen Seite aus, von welchen neuen Optionen Nutzer mit den Aktualisierungen profitieren sollen, hier nachzulesen.

Im Blogbeitrag erklärt sich WhatsApp weiter, verschiebt den Termin fürs Akzeptieren der neuen Nutzungsbedingungen um drei Monate und führt aus:

"Wir haben nun beschlossen, das Datum, an dem Benutzer gebeten werden, die Nutzungsbedingungen zu lesen und zu akzeptieren, weiter nach hinten zu verschieben. Kein Account wird am 8. Februar gesperrt oder gelöscht. Wir werden auch noch viel mehr unternehmen, um die Fehlinformationen rund um das Thema, wie Datenschutz und Sicherheit bei WhatsApp funktionieren, aufzuklären. Wir werden dann unsere Benutzer nach und nach bitten, die Richtlinie nach eigener Zeitvorgabe zu lesen, bevor die neuen Optionen für die Kommunikation mit Unternehmen am 15. Mai verfügbar werden."

Schwierigkeiten mit der Kommunikation?

Die neuen Nutzungsbedingungen von WhatsApp sind von zahlreichen Journalisten und auch von Datenschutzexperten als missverständlich oder auch problematisch eingestuft worden. Entsprechende Medienberichte haben denn auch die Wogen der Empörung hochgehen lassen und WhatsApp-Nutzerinnen und Nutzer in Scharen dazu veranlasst, bei einem anderen Messenger-Dienst anzudocken.

Nutzer mögen in der Kommunikation ihrer Dienste-Anbieter weder "missverständlich" noch "problematisch", sie wollen einfach Klarheit, wie und in welcher Form ihre Daten verwendet werden. So können sie frei entscheiden, welchem Messenger sie ihre persönlichen Daten anvertrauen wollen. Das Big Tech scheint sich mit der klaren Kommunikation schwerzutun, nicht zum ersten Mal. 

Warum ist ein Big Tech, das alles über seine Nutzer weiss, überrascht von der Wirkung seiner eigenen Kommunikation?

WhatsApp hat nach aktuellen Erhebungen weltweit mehr als zwei Milliarden Nutzer und der Facebook Messenger bekommt über 1,3 Milliarden Nutzer auf die Waage. 

Facebook als Schwergewicht und Mutterhaus von WhatsApp und Instagram weiss aus Erfahrung, dass Nutzerinnen und Nutzer, Medien, Politik und Datenschützer heute sehr viel sensibler als auch schon auf geänderte Nutzungsbedingungen reagieren.

Deshalb darf von einem Big Tech, von einem Social Media- und Messenger-Giganten erwartet werden, dass neue Regeln und Bedingungen einfach, klar und unmissverständlich formuliert werden. So klar, dass weder Anwender, Journalisten, Datenschützer noch andere Gruppen über Fragezeichen oder Lücken stolpern, die zwangsläufig mit Interpretationen gefüllt werden müssen.

Sieht sich WhatsApp aktuell als Opfer von "viel Verwirrung" und einer "Menge Fehlinformationen", die da im Umlauf sein sollen, dann hat ein Konzern schlicht und einfach seinen Job nicht gut gemacht. "Verwirrung" und "Fehlinformationen" entstehen nicht einfach so, sie sind das Ergebnis einer Kommunikation, die offenbar Interpretationsspielräume und dadurch Missverständlichkeiten zulässt oder in Kauf nimmt.

Schreibt WhatsApp als Reaktion auf das bereits zerdepperte Geschirr: "Wir werden auch noch viel mehr unternehmen, um die Fehlinformationen rund um das Thema, wie Datenschutz und Sicherheit bei WhatsApp funktionieren, aufzuklären", dann stimmt die Reihenfolge nicht. Klären und Aufklären steht am Anfang der Information, nicht am Ende, wenn das Kind bereits mit dem Bade ausgeschüttet worden ist.

Was jeder kleine Laden um die Ecke weiss, scheint noch nicht bei jedem Big Tech angekommen zu sein. Die Konsequenzen trägt der Absender – ob der in Gang gesetzte Massenexodus durch nachgereichte Erklärungsversuche gestoppt werden kann, wird sich zeigen.