Konsumenten wollen das Traditionelle der klassischen Bank und das Innovative der Neo-Bank unter einem Hut

Rivo Uibo, Mitgründer und Chief Business Officer von Tuum
Rivo Uibo, Mitgründer und Chief Business Officer von Tuum: «Etablierte Banken haben die Nase vorn, wenn es darum geht, auf unterschiedliche Kundenbedürfnisse einzugehen» | Bild: Tuum

Darf man der Studie von Tuum glauben, befinden sich hybride Apps von klassischen Banken in einer starken Position, um Marktanteile auszubauen.

Wie stehen Konsumentinnen und Konsumenten zu klassischen Banken? Was halten sie von FinTechs und Neo-Banken? Und wie wechselwillig sind sie, um das für sie perfekte Paket an Finanzdienstleistungen zu bekommen?

Je nach Land, befragten Gruppen und Fragestellungen, gibt's in Studien oftmals unterschiedliche Resultate und Einsichten. Eine aktuelle Studie der Core-Banking-Plattform Tuum macht klassischen Banken Mut und kommt zum Schluss: Etablierte Banken haben noch immer die Nase vorn.

Das Marktforschungsunternehmen Sapio Research hat im Auftrag von Tuum 4'000 Konsumentinnen und Konsumenten befragt.  Dazu 313 IT-Entscheidungsträger in Finanzinstituten. Die eine wie die andere Gruppe in Frankreich, Deutschland und Grossbritannien.

Nicht überraschend: die Ansprüche werden laufend grösser

Nicht überraschend deshalb, weil Kundinnen und Kunden von FinTechs und Neo-Banken immer wieder mit neuen Funktionen und Services verwöhnt werden. Das macht offenbar nicht unbedingt satt, sondern vergrössert eher den Hunger nach weiteren Leistungen. Jedenfalls erwarten Kunden ein zunehmend vielfältigeres Angebot an Finanzdienstleistungen.

Innovative Bankdienstleistungen, welche die eigene Lebensqualität verbessern und neuen Komfort bringen, werden geschätzt und auch genutzt. Dennoch besteht weiterhin eine hohe Nachfrage nach traditionellen Bankdienstleistungen wie zum Beispiel Sparkonten.

Innovative Finanzprodukte sind gefragt

Zahlreiche FinTechs und Neo-Banken haben in den letzten Jahren Nutzerinnen und Nutzer laufend mit neuen Angeboten überrascht. Andere haben sich auf bestimmte Nischen konzentriert wie zum Beispiel das Angebot von Konten in mehreren Währungen. Das eine wie das andere kam und kommt auch gut an. Überzeugt hat in der Regel auch der sichtbare Vorteil, dass FinTechs  in der Lage sind, innovative Dienstleistungen schnell anzubieten. Tatsächlich waren es oftmals die FinTechs, die neue Arten von Bankdienstleistungen einführten und erst dadurch den Bedarf anregten.

Die Umfrage ergab eine steigende Nachfrage nach praktischen Bankdienstleistungen, die sich in den Alltag der Menschen einfügen und ihnen helfen, ihr Geld besser zu verwalten. Zu diesen Services gehören schnelle und einfache Geldüberweisungen und die Möglichkeit, Rechnungen aufzuteilen (fast jeder Dritte nutzt diese Dienste bereits). Mit im Spiel sind die Integration von Konten an einem Ort (18 Prozent der Befragten nutzen diese Funktion) sowie gebührenfreie Ausgaben im Ausland (13 Prozent der Befragten nutzen diese Dienste). 

Traditionelle Bankprodukte stehen ebenso hoch im Kurs

Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen finanziellen Unsicherheit zeigt die Studie jedoch auch eine starke Nachfrage der Kundinnen und Kunden nach traditionellen Bankdienstleistungen. Sparen und Dispokredite sind in allen Altersgruppen die beliebtesten Bankdienstleistungen, die von 65 Prozent bzw. 35 Prozent der Personen genutzt werden.

Darüber hinaus ergab die Umfrage, dass Konsumentinnen und Konsumenten Banken und etablierte Finanzdienstleister nach wie vor als verlässliche und vertrauenswürdige Institutionen ansehen und sie als Anbieter neuer Bankdienstleistungen bevorzugen.

Auf die Frage, welche Art von Dienstleistungen Verbraucher gerne von ihrer Bank eingeführt sähen, gaben 16 Prozent der Befragten an, dass sie es begrüssen würden, wenn ihre Bank den Zugang zu Kryptowährungsmärkten öffnen würde, obwohl diese Dienstleistungen bereits über verschiedene Drittanbieter verfügbar sind. 

Kunden wollen das Beste aus beiden Welten

Mit dieser Aussage fasst Rivo Uibo, Mitgründer und Chief Business Officer von Tuum, das Gesamtergebnis der Studie zusammen und sagt:

Während die Banken seit Jahren den Druck ihrer flinken FinTech-Kollegen spüren, zeigen diese Ergebnisse, dass sie tatsächlich immer noch in einer Spitzenposition sind

Uibo ist überzeugt, dass die etablierten Anbieter gut aufgestellt sind, um beides zu leisten, also bequeme, attraktive und neue Dienstleistungen ebenso wie traditionellere Dienstleistungen, zum Beispiel Sparen und Dispokredite – das Beste aus beiden Welten eben.

Kapital sieht Uibo im "überwältigenden Vertrauen", das klassische Banken bei Konsumentinnen und Konsumenten immer noch geniessen würden – vor allem, so Uibo, wenn Kunden neue Dienste ausprobieren wollen. Der Chief Business Officer in seiner finalen Einschätzung zu den Chancen von Banken und FinTechs:

«Diejenigen Banken, die über die Technologie verfügen, um ihre Kundinnen und Kunden besser zu verstehen und die von ihnen benötigten Dienstleistungen schnell einzuführen, befinden sich heute in einer starken Position. FinTechs, die Pioniere der Bankinnovation, haben angesichts der Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher nach neuen Bankdienstleistungen noch viel zu gewinnen, sollten aber auch eine Diversifizierung oder Erweiterung ihres Angebots in Betracht ziehen.»

Und wie agieren die Banken?

In derselben Studie sind IT-Entscheidungsträger in Finanzinstituten zur Situation der Banken befragt worden. Die Ergebnisse zeigen, dass Banken und andere Finanzdienstleister sich weitgehend auf die sich ändernden Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten einstellen, neue Technologien etablieren sowie Transformationsprogramme durchführen, um neue Dienstleistungen schneller anbieten zu können.

Die Studie hat ergeben, dass 64 Prozent der Banken und Finanzdienstleister ihren Technologiepark bereits umgestellt haben oder derzeit umstellen, während weitere 35 Prozent Umstellungspläne haben, die noch nicht umgesetzt wurden.

Fazit

Die Studie von Tuum zeichnet im Vergleich zu anderen Erhebungen der letzten Monate ein deutlich positiveres Bild und setzt klassische Banken auf die Pole Position. Kann man den Resultaten glauben und lassen sie sich auf die Schweiz übertragen, könnten die hybriden Neo-Banken CLX der Credit Suisse, Yuh aus dem Hause Swissquote und Postfinance sowie Zak von der Bank Cler, genau richtig liegen: alle drei, wenn auch in unterschiedlicher Stärke und Ausprägung, bieten das, was Kundinnen und Kunden aufgrund der Studie wollen: das Beste aus beiden Welten.