Neo-Banken

Die Neue heisst Clanq. Sind Schweizer FinTechs Weltmeister im Gründen von Neo-Banken?

Das Gründer-Team von Clanq: Christina Hammer, Benedict von Hoffmann, Jakob Kaya
Das Gründer-Team von Clanq: Christina Hammer, Benedict von Hoffmann, Jakob Kaya (Bild: Clanq)

Gemessen an der kleinen Schweiz mit überschaubarer Bevölkerungszahl ist die FinTech-Szene beim Gründen von Neo-Banken forsch, innovativ und extrem aktiv.

Der Start der Schweizer Neo-Bank Clanq hat in Deutschland höhere mediale Wellen geschlagen als in der Schweiz. Das hängt damit zusammen, dass das Zürcher FinTech mit seiner Finanz-App vorerst "nur" in Deutschland gestartet ist und die Schweiz erstmal aussen vor lässt. 

Dieser Umweg ist kein Hinweis auf fehlenden Patriotismus, der Ausflug hat zwei handfeste Gründe. Allem voran ist ein Start in Deutschland in der richtigen Konstellation einfacher. Die Anbindung an die Solarisbank liefert die Banklizenz im Hintergrund gleich mit – dadurch öffnet sich nicht nur der Markt Deutschland, sondern gleich der gesamte EU-Raum, ohne regulatorische Sorgen und Hürden. 

Zudem, und nochmals mit Seitenblick auf den Partner Solarisbank, das Unternehmen liefert wählbar sämtliche Software, Module und Prozesse, die notwendig sind, damit ein FinTech als Neo-Bank mit den gewünschten Leistungen in den Märkten funktionieren kann. Banking as a Service eben und damit Embedded Finance à la carte – das macht jedes FinTech mit einer starken Idee über Nacht zur Bank. Jedes andere Unternehmen übrigens auch, das eingebundene Finanzdienstleistungen anbieten möchte.

Diese wehende Bankenflagge und die Aussicht auf x-fach grössere Märkte hat die Macherinnen und Gründer von Clanq dazu bewogen, erstmal im Ausland den Markteintritt zu wagen.

Neugründer von Neo-Banken setzen vermehrt auf Vertical Banking

Noch vor wenigen Jahren war es einfacher, den Start einer Neo-Bank zu beschreiben: Konto, Karte und Zahlen, das war's zum Start. Weitere Leistungen kamen dann erst im Laufe der Zeit dazu.

Das hat dazu geführt, dass inzwischen zahlreiche Neo-Banken mit mehr oder weniger identischen Angeboten unterwegs sind – das bietet zunehmend weniger Raum für FinTechs ohne neue Ideen.

Deshalb drängen in letzter Zeit Neo-Banken mit Vertical Banking-Ausrichtung in den Markt, die eine bestimmte Nische besetzen oder eine enger gefasste Kundengruppe bedienen wollen. Letztmals und erst vor wenigen Tagen demonstriert durch das FinTech Kaspar&, das auf Sparen und Investieren fokussiert, MoneyToday.ch hat berichtet, und jetzt mit dem FinTech Clanq.

Wie positioniert sich die Neo-Bank Clanq im Markt?

Clanq fokussiert auf Familien, Alleinerziehende eingeschlossen, deshalb auf Menschen mit Kindern. Für die Erwachsenen gibt's ein Bankkonto, eine Karte und die gewohnten Leistungen einer Bank, um Zahlungen im Alltag ausführen zu können. Für die Kinder gibt's Sparkonten dazu, Finanz-Erziehung und Mentoring inklusive.

Das Ganze segelt unter der Flagge: "Sparen im Clan – Finanztechnologie für Familien". Über Clanq sollen Eltern die finanzielle Vorsorge ihrer Kinder sichern und zudem ihren Nachwuchs fürs Sparen begeistern können.

Der angesprochene Clan setzt sich aus Eltern, Familien, Freunden und anderen Zugewandten zusammen, die dem Thema "Sparen fürs Kind" gemeinsam ein Gesicht in Form von wachsenden Kontoständen geben wollen. Das geschieht einerseits durch Cashbacks bei den Kartenzahlungen der Eltern, mit jeder Transaktion werden 0.1 Prozent der bezahlten Beträge automatisch aufs Konto des Kindes oder der Kinder überwiesen.

Die Sparziele definierter Sparpläne lassen sich durch weitere automatisierbare Regeln oder auch durch direkte Einzahlungen schneller erreichen. Eltern wie auch andere Angehörige des Clans können über Bankkonto-Verknüpfungen jeweils schnell und unkompliziert über beliebige Bankkonten das Guthaben der Sparkonten der Kinder wachsen lassen. 

Das Hauptkonto der Eltern ist und bleibt kostenlos. Über dieses Hauptkonto lassen sich bis zu fünf Kinderkonten einrichten, die mit dem Elternkonto verbunden sind. Pro Kinderkonto belastet das FinTech 0.95 Euro pro Monat.

Für die nahe Zukunft stehen auch mobiles Bezahlen, virtuelle Karten, ETF-Investitionen über die App, der direkte Abschluss von Versicherungen und weitere Funktionen auf dem Programm.

Die Macherinnen und Macher

Die Gründer sind überzeugt, dass Millionen von Familien Hilfe beim Sparen brauchen. Deshalb versteht sich das FinTech nicht nur als Finanz-App, vielmehr auch als digitaler Finanz-Mentor. Und weil die Gründer ebenso überzeugt sind, dass Ziele gemeinam besser zu erreichen sind, denken sie in Clans. Daher rührt übrigens auch die Konstruktion des Firmennamens: Clan + Bank = Clanq. Nein, kein Schreibfehler, die Gründer sind akademisch gebildet und auch in der Orthografie sattelfest, das "q" soll einen weicheren und moderneren Sound schaffen. Schliesslich soll "Clanq" nicht nur gelesen, sondern auch gesprochen werden. Damit wäre auch dieses Rätsel aufgelöst.

Christina Hammer, Co-Founder & CMO

Um auf gute Ideen zu kommen, brauche ich viel Schokolade und inspirierende Diskussionen

Mehr als 30 Jahr Bankerfahrung in Privat- und Grossbanken als Head of Marketing und Marketing Executive, verantwortlich für den Aufbau globaler Netzwerke für erfolgreiche Wirtschaftsköpfe sowie Financial-Education-Plattformen für Frauen und junge Erwachsene – danach reif für das eigene edukative FinTech.

Benedict von Hoffmann, Co-Founder & CEO

Bei mir gilt in vielen Angelegenheiten das Ganz-oder-gar-nicht-Prinzip

Den Traum vom 3-Sterne-Koch angepackt, gelernt und gelebt, irgendwann Herd und Töpfe neu als Hobby deklariert und den akademischen Weg beschritten, Wechsel auf die Agenturseite, um blossem Wissen in praktischem Machen und Bewegen ein Gesicht zu geben – jetzt als "No-Bullshit-Macher" für das eigene FinTech engagiert.

Jakob Kaya, Co-Founder & CPO

Ich war einer dieser Jungen, über die sich andere Eltern beklagt haben

Kein Talent zum ruhig Sitzen, Schlagzeuger aus musikalischen und therapeutischen Motiven, Mehrfach-Gründer von Startups, Digital- und Internet-Freak – über den Umweg der Studien von Musik und Medienkunst hat der ewig Rastlose den Einstieg als Macher in die FinTech-Branche und als Mitgründer zum eigenen FinTech gefunden.

Der Weg zum FinTech und zur Neo-Bank verlief bei allen drei Gründern weder hürdenlos noch gradlinig. Gut möglich, dass das Gründerteam der Schweizer Neo-Bank mit Auslandsambitionen gerade deshalb das Zeug dazu hat, mit einer anderen und breiteren Denke Menschen und Clans zum Sparen und zum Vorsorgen zu motivieren.