Digitale Währung

Libra-Projekt: Kalte Füsse und Gruppen-Exodus bei den Zahlungsdienstleistern

Mann mit Smartphone und Libra im Monitor
Bild: sompong_tom | Getty Images

Die Fraktion der Zahlungsdienstleister bei den Libra-Mitgliedern ist aktuell verwaist, nach PayPal haben auch weitere Libra-Mitglieder das Handtuch geworfen.

Was als Gerücht seit einigen Tagen schon im Gespräch war, hat sich Ende letzter Woche bewahrheitet: die Zahl der ursprünglich 28 Gründungsmitglieder hat sich auf 22 reduziert.

PayPal ist bereits vor einer Woche ausgestiegen, mit Ebay, Mastercard, Mercado Pago, Stripe und Visa haben fünf weitere prominente Namen vorderhand (!) vom Libra-Projekt verabschiedet. Vorderhand in dem Sinne verstanden, als praktische alle Abtrünnigen mit unterschiedlichen Worten ihr ungebrochenes Interesse am Projekt bestätigen und eine spätere Mitgliedschaft nicht ausschliessen.

Weshalb denn der Ausstieg, wenn die Sympathie zum Projekt weiterhin besteht?

Der Boden ist zu heiss geworden

Wie auch MoneyToday.ch mehrfach berichtet hat, steht das Libra-Projekt seit seiner Ankündigung kräftig im Gegenwind von Politik und Regulatoren. Gegenwind mit einer Vehemenz, die zum Teil weit über sachliche Kritik hinausgeht und zuweilen schon panische Züge trägt.

Dass die Regulierung "höchsten Anforderungen genügen muss", wie oft betont wird, steht ausser Frage. Verschiedene Exponenten möchten Libra jedoch nicht regulieren, das Projekt soll einfach verschwinden, bevor es gestartet ist. Mit Verlaub und aus verschiedenen Gründen: Deckel zu und Ruhe herrscht, wird nicht funktionieren. Sollte Libra wegreguliert und gebodigt werden können, übernehmen andere.

Bemerkenswerte Blüten treibt die Ablehnung unter anderen bei den demokratischen US-Senatoren Sherrod Brown und Brian Emanuel Schatz. Die beiden Politiker haben massiv Druck gemacht, indem sie Mastercard, Stripe und Visa mögliche Konsequenzen in Aussicht gestellt haben, wenn diese sich nicht vom Libra-Projekt distanzieren. Benannt haben die Senatoren die Möglichkeit von "strengeren Überprüfungen von Regulierungsbehörden", die dann über Libra hinausgehen und alle Zahlungen betreffen könnten.

Der Druck zeigt temporäre Wirkung

Dass Warnungen und Drohungen dieser Güteklasse bei Libra-Mitgliedern Wirkung zeigen, erstaunt nicht. Immerhin steht nicht nur ein neues Projekt unter Beschuss, das angestammte Geschäftsmodell wird regulatorisch infrage gestellt.

Ob der brachiale Kurs und der Kampf mit knüppelharten Bandagen längerfristig die gewünschten Früchte trägt, ist fraglich. Ob das Projekt unter dem Segel der Libra Association startet oder unter ganz anderen Voraussetzungen, anderen Flaggen und mit neu definierten Spielregeln später lanciert wird – der Keim ist gesetzt und mit blosser Ablehnung können Projekte dieser Art weder kanalisiert noch verhindert werden.

Aktuell bleibt die Libra Association nach eigenen Aussagen jedoch auf Kurs und hält an ihren Plänen fest. Ein Update zum Thema bringen wir in den nächsten Tagen.

Schützenhilfe für Libra von verschiedenen Seiten

Stellvertretend für andere Exponenten, welche dem Widerstand mit streckenweise brachialem Säbelrasseln von Politik und Regulatoren wenig Verständnis entgegenbringen, aktuelle Statements von Brian Armstrong.

Der CEO der Krypto-Handelsplattform Coinbase fragt sich, ob die USA ihre "lächerlich Reaktion auf Libra überdenken werden, jetzt, da China im Begriff ist, einen Stable Coin zu schaffen". Er sieht in der Haltung der US-Regierung die Gefahr, innerhalb der aktuellen weltweiten Entwicklung ins Hintertreffen zu geraten, weil andere Nationen nicht nur ablehnen, sondern aktiv entwickeln.

Zum übergeordneten Thema der Ängste, die Innovationen blockieren, meint Brian Armstrong:

Um langfristig relevant zu bleiben und weiterhin ein hohes Wirtschaftswachstum zu erzielen, müssen die Länder in Wissenschaft, Technologie und Innovation investieren. Wenn die Regierung dabei helfen kann, umso besser. Aber allem voran sollte sie keinen Schaden anrichten.

Armstrong teilt die Haltung zahlreicher weiterer Exponenten aus verschiedenen Lagern, die sich in der Befürchtung zusammenfassen lässt, dass der fruchtlose Kampf (nicht die Regulierung!) gegen die Libra Association sämtliche Kräfte und Möglichkeiten absorbiert, die für Innovationen und Entwicklung dringend notwendig wären.