Geldgeschäfte: Bank oder Nicht-Bank?

Bild: Wavebreakmedia | Getty Images

Wie wichtig ist für Konsumenten die Etikette "Bank" bei ihren Geldgeschäften?

Als etwas pauschale Unterscheidung: Banken bieten Vertrauen und Sicherheit. Fintechs bieten neue Services, coole Features, Vereinfachung und Komfort. Was steht für Konsumenten im Vordergrund bei ihren Geldgeschäften?

Das Beratungsunternehmen Cofinpro hat in Deutschland eine repräsentative Studie durchgeführt und 2'100 Konsumenten befragt, um genau diesen Puls zu messen.

Langsam und in kleinen Schritten

Im Vergleich zu Vorgängerstudien ändern Konsumenten ihr Verhalten nur langsam und in sehr kleinen Schritten. Das heisst, ein Run auf Fintechs auf breiter Ebene ist nicht feststellbar, Tendenzen zeichnen sich dennoch ab. Deshalb ein kurzer Blick auf die Studie und einige grundsätzliche Gedanken zum Thema Bank oder Nicht-Bank.

Auszüge aus der Studie

Einige relevante Ergebnisse der Studie, die ins Auge springen:

  • Zahlungsverkehr
    88 Prozent der Bevölkerung sind grundsätzlich bereit, Zahlungen über Anbieter wie PayPal, Apple oder Fintechs abzuwickeln.
  • Kredite
    61 Prozent können sich vorstellen, Kredite nicht von ihrer Bank zu beziehen.
  • Anlegen
    63 Prozent zeigen sich gegenüber der Idee aufgeschlossen, Anlagen über Fintechs zu tätigen.

Unterschiede zeigen sich bei den Beträgen, also bis zu welcher Summe ein Konsument bereit ist, mit Nicht-Banken zu arbeiten. Diese Summen liegen bei den Fintechs tiefer als bei den Banken. Und: Jüngere Zielgruppen und Akademiker sind grundsätzlich aufgeschlossener gegenüber den Angeboten neuer Finanzdienstleister. Einkommensstarke Kundensegmente sind eher bereit, ihre Geldgeschäfte über Fintechs zu organisieren. Details dazu zeigt die Studie, die kostenlos bei Cofinpro angefordert werden kann.

Das Fazit der Herausgeber der Studie

Cofinpro-Vorstand und Digitalisierungsexpertin Christine Naber meint zum Thema:

«Die Kunden wünschen die Sicherheit der traditionellen Bankenwelt, kombiniert mit den einfachen Prozessen der neuen Anbieter. Das wiederum bedeutet einen Vorteil für die etablierten Institute – sofern sie in Digitalisierung investieren und sich ein modernes Image aufbauen.»

Eine Momentaufnahme

Banken im Vorteil
Klassische Finanzinstitute bleiben aktuell im Vorteil, aus mehreren Gründen. Gewöhnung und vor allem Vertrauen bilden nach wie vor einen starken Boden. Zudem verfügen etablierte Banken über langjährige und eingespielte Kundenbeziehungen, Kunden wechseln nicht leichtfertig ihren Bankpartner. Mit eine Rolle spielen sicher auch die Möglichkeiten in der Kommunikation. Finanzinstitute verfügen im Gegensatz zu Startups über beträchtliche Bugdets, um mit breiten Kundensegmenten auch über Marketing und Werbung ins Gespräch zu kommen und im Gespräch zu bleiben. Schnüren Banken interessante Service-Pakete, gibt's eben erstmal keinen Grund zum Wechseln.

Fintechs am Aufholen
Auf der anderen Seite: Abgesehen von den Fintechs, die aus vielen Gründen nach ein, zwei Jahren wieder von der Bildfläche verschwinden, bleiben zahlreiche Anbieter mit wirklich interessanten Services im Markt. Sind die Hürden von Startschwierigkeiten, Kinderkrankheiten, (fehlender) Bekanntheit und (zu) dünner Kapitaldecke überwunden, bleiben aktive, neue Mitspieler im Markt, die ihre Chancen nutzen. Und dann auch gut im Markt und bei ihren Zielgruppen ankommen.

Treibende Faktoren der aktuellen Entwicklung

Die Entwicklung wird beeinflusst von mehreren Faktoren, welche Fintechs neue Möglichkeiten und gute Karten in die Hände spielen:

Banklizenz: Fintechs werden "über Nacht" zu Playern mit eigener Banklizenz, wie zum Beispiel N26. Behalten sie den ursprünglichen Spirit, den Hunger nach Innovation und die Leistungsbereitschaft des Newcomers, entsteht daraus ein neuen Typ von Bank.

Geliehene Banklizenz: Die fehlende Banklizenz wird durch eine Bank im Hintergrund kompensiert, Leistungen, Prozesse oder Services werden in Kooperation über White Label Banking organisiert. Fintechs sind gegen aussen teilweise oder mit vollen Bankleistungen im Markt unterwegs, weil Partner wie Fidor Bank oder Wirecard und andere für Startups oder Fintechs den Teil der Leistungen übernehmen, der ohne Banklizenz nicht erbracht werden könnte. Zum Beispiel Fidor aktuell für O2 Banking von Telefónica. Oder in der Schweiz die Glarner Kantonalbank für Bob Money und ok.–cash von Valora.

PSD2: Mit dem Zugriff auf Kunden- und Kontodaten bei Banken integrieren Drittanbieter über API schnell und problemlos Banking-Funktionen in ihre Apps. Artikel: PSD2 als Chance begreifen

API Banking: Serviceleistungen von Figo und anderen Anbietern in den Bereichen API Banking und Banking as a Service, die von jedem Fintech genutzt werden können (von Banken ebenfalls).

Mit diesen Entwicklungen beginnen sich die klaren Trennlinien zwischen Banken und Nicht-Banken etwas aufzulösen. Und wie die Studie zeigt, ist ein Grossteil der Befragten durchaus bereit, auch mit Nicht-Banken zu arbeiten. Vermehrt und gerade auch dann, wenn die Etikette "Bank" etwas in den Hintergrund rückt, konkrete Angebote und vergleichbare Leistungen sehr viel stärker im Vordergrund stehen.

Die Antwort gibt der Markt

Wohin die Entwicklung geht, beginnt sich abzuzeichnen, bleibt im Ergebnis jedoch offen. Welche Angebote und Anbieter werden von Konsumenten akzeptiert und angenommen?

Studien bringen sicher interessante Einsichten, zeigen im Kern allerdings "nur" Tendenzen und Absichtserklärungen. Klare Antworten kommen erst später von Konsumenten und Kunden, weil Tatsachen und Realitäten nicht im Labor geschaffen werden. Ob ein Angebot genutzt wird oder durchfällt, entscheidet sich ausschliesslich im Markt. Das macht die Spiesse unterschiedlicher Anbieter aus verschiedenen Lagern vergleichbar lang.

Chancen hat, wer auf Zielgruppen und Bedürfnisse fokussiert und Angebote schafft, die hohen Nutzen generieren. Tolle Leistungen, coole Tools und Funktionen, die Komfort schaffen und Zielgruppen das Leben rund um das Thema Geld wunderbar einfach machen.

Die Diskussionen um die disruptive Gefahr von Fintechs dürften sich in nächster Zeit abkühlen und vermehrt Leistungen in den Vordergrund stellen. Tolle Leistungen, die von Finanzinstituten angeboten werden. Innovative Ideen, die von Fintechs umgesetzt werden. Und wegweisende Angebote, die in Kooperationen entwickelt werden und den Markt bereichern. Ob auf der Verpackung "Bank" oder "Finanzdienstleister" steht, ist von untergeordneter Bedeutung, Konsumenten interessieren sich für die smarten Inhalte.

Die Etikette "Bank" mag in den nächsten Jahren etwas an Gewicht verlieren, das Interesse an vielseitigen und starken Angeboten im Finanzbereich, unabhängig vom Absender, mit Sicherheit nicht. Im Gegenteil.

Cofinpro: Studie "FinWeb-Barometer – Digitales Banking 2016"

Stichworte zum Thema im Lexikon: Fintech | PSD2 | XS2A | API Banking | White Label Banking

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