Roland Kümin & Andy Waar

Disruption in der Finanzwirtschaft – Change fast!

Buchautor Roland Kümin & Yapeal Co-Gründer Andy Waar
Buchautor Roland Kümin & Yapeal Co-Gründer Andy Waar

«Die meisten Venture Capitalists richten in den kommenden Quartalen ihren Fokus auf bestehende Portfolio-Unternehmen und auf vertrauenswürdige Personen, die sie schon gut kennen.»

Ein Gastbeitrag von Buchautor Roland Kümin und ein Auszug aus dem Inhalt seines neusten Buches "Lessons Learned – Impulse und Tipps für die Startup-Szene Schweiz" aus der Feder von Andy Waar.


Roland Kümin: Disruption in der Finanzwirtschaft – Change fast! 

Ein Startup sollte von Beginn weg auf ein erprobtes Netzwerk zurückgreifen. Das ist wegen Corona gerade für Finanzierungsfragen matchentscheidend geworden. Am Ende dieses Aufsatzes gebe ich einen Ratgeberlink aus meiner Buchneuerscheinung, wie man ein Advisory Board bildet.

Die beliebten Stories über erfolgreiche Unternehmer tönen in der Regel wie folgt: Kreatives Genie entwickelt etwas Neues für einen grossen, wachsenden Markt. Dann beschafft man sich Geld. Die Umsatzzahlen schiessen in die Höhe und dann steigt man aus. Es gibt da aber ein Problem mit diesen Geschichten: sie entsprechen, bis auf sehr, sehr wenige Ausnahmen nicht der Realität.

Die Coronakrise hat den digitalen Wandel nicht verursacht, aber sie hat ihn beschleunigt. Sie hat Verlierer und Gewinner hervorgebracht. Einige Startups erleben jetzt eine beispiellose und unerwartete Boomzeit. Wie ist das möglich?

In meiner Buchneuerscheinung "Lessons Learned – Impulse und Tipps für die Startup-Szene Schweiz" sagt der ehemalige Stuntman und heutige Kunstflieger und Angel Investor Ariel Lüdi des Hammer Teams, wie einige seiner Portfoliofirmen während der Coronakrise offensive und Change-Massnahmen zu ihrem Vorteil nutzten:

«Deshalb überprüften wir mit unseren Portfoliofirmen die gewählten Krisenstrategien praktisch jede Woche. Je nach der externen Entwicklung diskutierten wir, ob die Zusammensetzung von offensiven und defensiven  Massnahmen angepasst werden musste. Wir handelten während der Coronakrise rasch und nahmen schnelle Stellungswechsel vor.»

Die Mehrheit der Startups sind durch Corona massiv unter Druck. Die meisten Jungunternehmen sind aufgrund fehlender finanzieller Reserven besonders anfällig für längere Perioden wirtschaftlicher Unsicherheit. Was wir aber sehen ist, dass Gründer mit einem funktionierenden Berater- und Expertennetzwerk viel zuversichtlicher in die Zukunft schauen. Gefragt sind heute insbesondere Erfahrung in Finanzierungsfragen und Zugang zu potenziellen Investoren. Wer diese Expertise und das entsprechende Expertennetzwerk nicht hat, läuft Gefahr, notwendige finanzielle Mittel nicht rechtzeitig auftreiben zu können.

Trusted Advisor – Dreh- und Angelpunkt für Startups

Ein Startup sollte so früh wie möglich auf ein erprobtes Advisory Board zurückgreifen. Das Sprichwort «Es kommt nicht darauf an, was man weiss, sondern wen man kennt» ist vor allem in Finanzierungs-Fragen noch wichtiger geworden. Die meisten Venture Capitalists richten in den kommenden Quartalen ihren Fokus auf bestehende Portfolio-Unternehmen und auf vertrauenswürdige Personen, die sie bereits gut kennen. 

Wegen der Corona-Pandemie werden jetzt neue Spielregeln für Risikoinvestitionen definiert mit einer defensiveren Herangehensweise anstelle von übertriebenen Bewertungen. Fundraising wird anspruchsvoller und Startup-Unternehmer sind gut beraten, sich für ihren Kapitalbedarf breit aufzustellen. Dazu gehört ein Advisory Board mit entsprechenden Fundraising-Experten aus einem erfahrenen Netzwerk.

Der Autor: Roland Kümin

Roland Kümin ist High-Tech Entrepreneur, Mehrfachgründer und Autor des Buchneuerscheinung "Lessons Learned – Impulse und Tipps für die Startup-Szene Schweiz".

Rolands Leidenschaft gilt der neuen digitalen Welt und den Technologien, die Klein- und Mittelunternehmen helfen, in einem globalen Umfeld erfolgreich zu konkurrieren. Er gehört zu den Digital Shapers der Schweiz. 


Andy Waar: Machen ist wie wollen, nur krasser

Meine Mentoren auf der Grossbank haben mir vieles beigebracht. Oft war aber ihr Mindset ein veralteter. Was fehlte war die Offenheit gegenüber andersdenkenden Mitarbeitenden und Kunden. Das war einer der ausschlaggebenden Gründe für meine Motivation und die meiner Kollegen, Yapeal zu gründen. 

Teamplayer oder Einzelsportler? 

Startups entstehen häufig durch Spin-offs von Schulen und Universitäten. Sie haben eine Idee, die tragfähig ist. Dann kommt es darauf an, die richtigen Leute im Boot zu haben. Ohne Spitzenteam lässt sich eine Idee nicht realisieren. Und umgekehrt kann ein Team noch so gut sein, wenn die Zeit für das Umsetzen einer Idee nicht reif ist, kommst du auch nicht ans Ziel. 

Das klassische Startup legt mit vielleicht zwei bis drei Freunden los. Der Vorteil liegt darin, dass sie sich gut kennen und wissen oder ahnen, wie die andere Person denkt und funktioniert. Man bringt eine Grundsicherheit für die gemeinsame Zusammenarbeit mit. Du kannst dir den sogenannten Wingman, den Flügelläufer, der dir die Seite frei macht, aussuchen. 

In einem grösseren Startup, wo es auf zahlreiche Fähigkeiten ankommt, musst Du aber plötzlich mit Leuten auf Augenhöhe arbeiten, die du vorher nicht gekannt hast. Diese Offenheit ist Teil des Risikos, das du eingehst, um in einem grösseren Startup dabei zu sein. Du kennst nicht alle Leute gleich gut, einige ein bisschen, einige gar nicht. In einem grösseren Startup ist dein "Skin in the Game", also dein Herzblut, dein Risiko und dein Anteil am Kuchen kleiner. 

Das andere Mindset

Was machen wir anders? Im Kern sind es drei Punkte, die uns antreiben: Yapel will erstens beweisen, dass eine Bank ohne Filiale funktioniert und das Onboarding, die digitale Aufnahme einer Kundenbeziehung, automatisiert auf dem Handy klappt, ohne Video und ohne menschliche Interaktion. Zweitens wollen wir die Community mit ins Boot holen, um den Nutzer an der Entwicklung des Produktes teilnehmen zu lassen. Und drittens wollen wir den Nachweis erbringen, dass der Schweizer bereit ist, für ein transparentes und faires Offering Geld auszugeben. Das sind die drei Gründe, weshalb ich diese Herausforderung angenommen habe. 

Mut vs. Gelassenheit

Wie gelangt ein Startup zur richtigen Balance zwischen verwegenem Mut und kalkuliertem Risiko?

Man muss eine neue Herausforderung, ein neues Geschäftsmodell, mit Ernsthaftigkeit, aber gleichzeitig mit einer gewissen Gelassenheit angehen, sonst ist man wie gelähmt. Man muss sich trauen, etwas falsch zu machen, einen gelegentlichen Irrweg in Kauf nehmen. Nur so verliert man die Angst davor, dass einmal etwas nicht klappt. Wenn ich am Morgen aufstehe, sage ich einfach zu mir:

If You’re Searching For That One Person That Will Change Your Life, Look in the Mirror!

Wenn es dann anders kommt, als man denkt, habe ich eine tiefe Überzeugung: Wenigstens habe ich mitgesteuert und etwas Neues gelernt. Ich will mich auch nicht an Dingen aufhalten, die ich nicht ändern kann, die jenseits meiner Kontrolle liegen.

Der Autor: Andy Waar

Andy Waar ist Jurist mit Zusatzausbildung als Executive MBA, CAS Digital Finance. Als Marketing Pro berät er seit zwanzig Jahren Firmen und setzt digitale Projekte um.

Als Mehrfachgründer ist Andy Co-Founder und CMO der Digital-Bank Yapeal, Boardmember (FinTech) bei Wirz & Partners, Advisor bei Crowdlitoken, Founder von TheScent™, Founder vom Fintechrockers Club und Inhaber waar.ch.