Bankkunde werden: Wie digital ist digital?

Bild: Michael Blann | Getty Images

Weniger, als man denken könnte. Namics hat aktuell untersucht, welche Hürden User zu überspringen haben, um endlich Bankkunde zu werden.

Das Onboarding ist der Erfolg und damit die Krönung der Marketingmassnahmen: der User ist überzeugt, möchte bei der Bank einsteigen und Kunde werden. In einer aktuellen Studie hat Namics auf diesem Weg erstaunlich viele Hürden, Umwege und Irritationsmomente ausgemacht.

Online ist Pflicht

Oder besser: wäre Pflicht. Zumal sich 86 Prozent der Kunden online auf den Erwerb eines Finanzprodukts vorbereiten (TNS Infratest, 2015). Beim Onboarding ist online allerdings oft mehr Wunsch als Realität. Der Prozess von der Entscheidung Kunde zu werden bis zum "Kunde sein", ist gepflastert mit Umwegen, Medienbrüchen, Irritationen und benötigt (zu) viel Zeit.

Der Onboarding-Prozess

Die Namics-Studie basiert auf der online initiierten Eröffnung eines Kontos (inkl. E-Banking) sowie der Bestellung einer Kreditkarte. Untersucht worden sind die Prozesse und Zeiträume bis:

  • Erhalt der Kontodaten
  • Login E-Banking
  • Inlandsüberweisung
  • Onlineeinkauf mit Kreditkarte

Konkret also die Schritte, die ein Kunde gehen muss, bis er die bestellten Leistungen nutzen kann. Anmerkung der Redaktion: seit März 2016 ist Digital Onboarding durch die FINMA ausdrücklich erlaubt.

Die untersuchten Banken

In der Studie sind im Rahmen eines Mystery Shoppings die Dienstleistungen (Konto eröffnen, Kreditkarte bestellen) der folgenden Finanzinstitute in Anspruch genommen worden:

SchweizDeutschlandChallenger
Credit SuisseCommerzbankNUMBER26 (DE)
Migros BankDeutsche BankWestpac (AU)
PostFinanceFrankfurter Volksbank
RaiffeisenHypoVereinsbank
UBSPostbank
ZKBSparkasse Frankfurt


Die Kernergebnisse vorweg

Der Prozess, um Kunde zu werden, ist lang, fragmentiert, hat zu viele aufgezwungene Medien- oder Kanalbrüche, funktioniert weitgehend offline, der Kunde wird zum Teil als Beta-Tester für Digitalisierungsversuche missbraucht und die Usability lässt zu wünschen übrig. Im Kern kommt die Studie zu folgenden Schlüssen:

  • Scheindigitalisierung
    Banken werben mit Onlineangeboten, bieten allerdings im Onboarding-Prozess grösstenteils Offlineprozesse.
  • Weder effektiv noch effizient
    Die untersuchten Onboarding-Prozesse sind fragmentiert, lang und fehleranfällig.
  • Fehlender Kundenfokus
    Banken stellen den Kunden und seine Bedürfnisse nicht in den Fokus ihres Handelns.

So richtig digital wird's erst später wieder

Die Studie zeigt im Detail, dass digitale Kunden in den meisten Fällen bestehende Offlineprozesse durchlaufen, Filialabhängigkeiten unterliegen und dass der Papierzwang sowie die Kommunikation über den Postweg überwiegen. Konkret bedeutet das:

  • 1 Filialbesuch
    Bei neun von 14 Banken ist mindestens ein Filialbesuch notwendig, in Einzelfällen muss der Kunde sogar bis zu vier mal die Filiale aufsuchen.
  • 9 Zusendungen
    Der Kunde erhält von seiner Bank durchschnittlich neun mal Post in den Briefkasten, bis er das Onlinekonto und seine Kreditkarte nutzen kann.
  • 3 Anrufe
    Durchschnittlich sind zusätzlich drei Telefongespräche notwendig, bis Onlinekonto und Kreditkarte funktionieren.

Schlank, schnell und online scheint sich noch nicht bei allen Banken durchgesetzt zu haben. Kunden brauchen Geduld, müssen "zu viel arbeiten" und sind aufgrund der Dokumentenflut und der mangelhaften Kommunikation oft auch überfordert. Hat der Kunde online bestellt, findet seine Rückkehr zum digitalen Alltag erst mit der Nutzung der Produkte statt. Dazwischen liegen erstmal viel Papier und ein hoher Offline-Anteil innerhalb der Prozesse.

Der Weg ist lang und steinig

Die Studie weist, neben den Prozessen und Schritten, auch den Zeitanspruch in Tagen aus, bis ein Kunde die bestellten Dienstleistungen nutzen kann:

  • Erhalt Kontodaten
    Anzahl Tage, bis eine Überweisung auf das eröffnete Konto möglich war:

    im Mittel 7.5 Tage (beste Bank 1 Tag, schlechteste Bank 33 Tage)
  • Login E-Banking
    Anzahl Tage, bis das erste Login ins E-Banking möglich war:

    im Mittel 10 Tage (beste Bank 1 Tag, schlechteste Bank 33 Tage)
  • Inlandsüberweisung
    Anzahl Tage, bis der Kunde Geld von seinem Konto überweisen konnte:

    im Mittel 11.5 Tage (beste Bank 2 Tage, schlechteste Bank 34 Tage)
  • Onlineeinkauf Kreditkarte
    Anzahl Tage, bis ein Produkt online mit der Kreditkarte gekauft werden konnte:

    im Mittel 11 Tage (beste Bank 4 Tage, schlechteste Bank 50 Tage)

Interessant ist die breite Streuung mit den enormen Unterschieden zwischen der schnellsten und der langsamsten Bank.

Banken und Challenger

Wie schneiden die Schweizer Banken ab?
Interessant verteilt: Schweizer Banken sind im vorderen Drittel, im mittleren Bereich und auch am Schluss der Rangliste gleichmässig vertreten. Details dazu in der ausführlichen Namics-Studie.

Wie schneiden die Challenger ab?
Nicht überraschend: Die digitalen Challenger und Smartphone-Banken belegen die vordersten Plätze, weil sie in Positionierung, Angebot und auch in Prozessen mit digitalem Onboarding punkten.

Ein hoch interessante und aufschlussreiche Studie, die in ihren Ergebnissen ins Detail geht und nicht nur "motzt", sondern im Anhang auch konkrete Handlungsempfehlungen anbietet. Runterladen lohnt sich, die Analyse kann kostenlos direkt bei Namics bezogen werden.

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Wer ist Number26? Details zur Smartphone-Bank

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Stichworte im Lexikon zum Thema: Digital Onboarding | FINMA | Finanzmarktregulierung