Digitale Schweiz

Andy Waar zur Zukunft der digitalen Schweiz

Andy Waar, CMO von Yapeal

In unserer Serie richten wir den Scheinwerfer auf die digitalen Macherinnen und Macher der Schweiz – heute auf Andy Waar.


Wer bist du und was muss ein junger Digital Native, der noch am Anfang seiner Berufskarriere steht, über dich, deine Organisation und ihre digitalen Initiativen wissen?

Ich bin ein verkannter (leider gescheiterter) Musiker, der nach wie vor Spass daran hat, in Bands Schlagzeug zu spielen. Handkehrum, das Gute daran, dass ich diesen Berufswunsch nicht verfolgt habe (ich habe damals Jura studiert, statt das Konservatorium zu machen), ist, dass ich glücklicherweise im Direktvergleich zu meinen Musikerfreunden immer noch ein solides Hobby habe.

Spass beiseite: Vor rund 20 Jahren habe ich mein anderes Hobby zum Beruf gemacht. Ohne das jetzt zu stark einzugrenzen, ich helfe Firmen und Marken, ihr Produkt oder ihre Services entsprechend zu verpacken und zu vermarkten – früher nannte man das noch Crossmedia, dann 360° und heute redet die Branche über Contentmarketing – unabhängig davon auf welchen Kanälen (off- und online) das distribuiert wird.

Hier durfte ich im Verlauf meiner Karriere sehr grosse Kampagnen für sehr grosse Marken in diversen Industrien anfangs mitbegleiten, später dann selber umsetzen. Heute bin ich beim Digital-Bank-Startup Yapeal als CMO engagiert und kümmere mich zusätzlich auch noch als Community Manager um unsere wachsende Familie, die wir "Yapster" nennen. Da höre ich sehr genau hin, was die künftigen Yapsters eigentlich gerne wollen. Das heisst, ich und wir lernen von den jungen Digital Natives – nicht umgekehrt. #ThankYouYapsters 

Mit welcher digitalen Macherin möchtest du dich gerne einmal bei einem Kaffee austauschen, weil sie für dich ein spannendes Rollenmodell oder gar Vorbild verkörpert? 

Oh, da gibt es ganz viele – und mit einigen hatte ich sogar schon das Glück, mich austauschen zu dürfen. Wenn ich wünschen dürfte – dann würde ich gerne Michelle Obama treffen. Jetzt fragst du dich sicher – warum Michelle? Nun, ich weiss nicht, ob es ein Gerücht war oder nicht, aber die Story dazu finde ich symbolisch für Innovationskraft und Leadership. Und das "digitale" Machen inkludiert diese zwei Eigenschaften zu 100 Prozent. Hier die Story:

Michelle und Barack Obama waren in einem Restaurant. Der Chef dort hat sie sehr gut behandelt und bedankte sich am Schluss für den Besuch. Dann sagte Michelle zu Barack: "Ich muss dir was gestehen, Barack, während der Highschool war dieser Restaurantchef mein Freund." Barack antwortete: "Nun gut, wenn du ihn geheiratet hättest, wärst du heute nicht die First Lady.“ Michelle konterte: "Nein, mein Lieber, bring bitte nichts durcheinander. Wenn ich ihn geheiratet hätte, dann wäre er heute der Präsident der Vereinigten Staaten." Michelle hat für mich den richtigen Mindset. #MichelleRocks

Was können Wirtschaft, Politik, Gesellschaft, Bildung und wir alle tun, damit es in Zukunft Google, Salesforce und Facebook aus der Schweiz gibt? 

Grundsätzlich würde ich auf die Schnelle sagen, dass wir in einer guten Ausgangslage stehen und schon mal nicht schlecht aufgestellt sind, da wir unter anderen Google ja bereits in der Schweiz haben. Trotzdem gibt es noch viel Potenzial nach oben.

Die Schweiz gilt als innovativ und sicher – beides gute Schlagworte, die bei genauer Betrachtung aber gegenläufig wirken. Das sehen wir auch in der Praxis. Die Schweiz leistet in diesen Belangen keine Pionierarbeit, sondern schaut erstmal zu was passiert, und entscheidet erst dann, ob ein Engagement sinnvoll ist – Themen wie GDPR, PSD2, Open Banking und weitere sind Beispiele dafür.

Diese "Mentalität" schlägt leider auch en gros bei der Bildung und in der Gesellschaft durch. Bei "wichtigen" Sachen gilt nicht "Probieren geht über Studieren", im Gegenteil – es wird sogar Zurückhaltung empfohlen. Fehlversuche gelten als Misserfolg, statt als weiterer und möglicherweise wichtiger Schritt zum Ziel.

Hier, denke ich, hat die Schweiz Aufholbedarf – auch in der Bildung. In der Schulbildung werden grundsätzlich "Arbeiter" herangezogen und keine "Unternehmer". Darum sind die Vorstösse diverser Unis und Hochschulen hinsichtlich "Digitalisierung" und "Leadership" so wertvoll. Dort biete ich mich an, wenn mehr gewünscht ist auch zusammen mit anderen Profis vom Yapeal Team oder aus dem Kreis der Fintechrockers, um in Gastbeiträgen den Studierenden ein bisschen Praxis und Realität näherzubringen.

Wie in ganz grossen Corporates passiert auch hier die "digitale Strategie" bottom-up statt top-down (Politik).

Was würde dein Teenager-Ich heute zu dir sagen und was würdest du deinem 15-jährigen Ich mit auf den Weg geben wollen für seine Zukunft? 

Mein Teenager-Ich würde mich einen alten Sack finden und ziemlich sicher nicht hinhören, was im Nachhinein gar nicht so schlecht ist. Ein Kind lernt auch durch das Fallen richtig zu gehen – da nützt eine gute Theorie der Eltern recht wenig. Daher war mein Teenager-Ich wahrscheinlich nicht weise genug, um hinzuhören, aber smart genug, schneller selber zu lernen. Um mich kurz zu fassen – mein Teenager-Ich würde zu mir sagen: Ich mache mein Ding, weil ich ich bin und nicht du… und mein heutiges Ich sagt: Das ist gut so.

Meinem 15-jährigen Ich würde ich gerne noch sagen, dass es sich auf Leute konzentrieren soll, die ähnlich denken und mental schon dort sind, die eigenen Ideen und Visionen zu teilen und zu verstehen. Also keine Zeit und Energie darauf verschwenden, sie davon überzeugen zu wollen, egal ob geschäftlich oder privat. Leute zu "überzeugen" oder zu "überreden" ist keine gute Strategie – sicher nicht nachhaltig. Daher, nett bleiben, weiterziehen und fokussiert an den eigenen Zielen arbeiten. Irgendwann verstehen es die Anderen – oder auch nicht – jedenfalls hast du keine Zeit verplempert.

Welchen Stellenwert haben Anlässe wie der Digital Economy Award für die Förderung einer starken digitalen Innovationskultur in der Schweiz? 

Solche Anlässe schaffen Awareness für die Themen und regen viele Leute an, darüber nachzudenken, darüber zu reden – und bei manchen führt es sogar dazu, selbst aktiv zu werden. Zudem glaube ich, dass die Weltanschauung dadurch positiv beeinflusst werden kann. #LoveTheProcess und nicht das Ziel – das gibt dir den Spielraum, schneller Fehler machen zu dürfen und die Richtung zu ändern.

Der Interviewpartner: Andy Waar

Andy Waar ist Jurist mit Zusatzausbildung Executive MBA, CAS Digital Finance. Als Agenturinhaber und Marketing Pro berät er seit 20 Jahren Firmen und setzt (digitale) Projekte um.

Als Mehrfachgründer ist Andy Co-Founder und CMO der Digital-Bank Yapeal, Boardmember (FinTech) bei Wirz & Partners, Advisor bei Crowdlitoken, Founder von TheScent™, Founder vom Fintechrockers Club und Inhaber waar.ch.

In seiner Freizeit spielt Andy Schlagzeug in Rockbands.