Neo-Broker

Ist Christian Hecker bald schon Bankdirektor?

Christian Hecker, Mitgründer und Chef des Neo-Brokers Trade Republic
Christian Hecker, Mitgründer und Chef des Neo-Brokers Trade Republic | Bild: Trade Republic

Neo-Broker Trade Republic hat in vier Jahren viel erreicht – mit einer Banklizenz lassen sich zusätzliche Geschäftsfelder erobern.

Wenn's mit der Banklizenz für den Neo-Broker Trade Republic klappen sollte, würde Mitgründer Christian Hecker nicht als Erstes das Schild an seinem Office auswecheln lassen. Aber einige Dinge würden sich ändern.

Wie ist Trade Republic unterwegs?

Der Berliner Neo-Broker Trade Republic bezeichnet sich mit einer Million Kundinnen und Kunden selbst als "Europas grösste Sparplattform". Die österreichische Handelsplattform Bitpanda ist mit 3.5 Millionen Nutzerinnen und Nutzern noch einiges grösser – oder auch nicht – trägt jedoch nicht explizit "Sparen" auf der Flagge.

Trade Republic operiert mit der Zahl von einer Million Kunden unverändert nun schon seit etwa drei Jahren, inzwischen dürfte sich der mantrisch zu tief angegebene Kundenstamm vervielfacht haben. Ergo sind die beiden europäischen Platzhirsche, Trade Republic und Bitpanda, mit den Kundenzahlen wahrscheinlich mehr oder weniger auf Augenhöhe unterwegs.

Blosse Zahlen scheinen für die Gründer jedoch keine Bedeutung zu haben, zumal das FinTech den Vergleich mit Neo-Brokern und Handelsplattformen grundsätzlich nicht mag, weil: die Gründer sind überzeugt, bei Trade Republic wird langfristig angelegt, gespart und nicht gezockt – auch und gerade von jüngeren Kundengruppen.

Diese Überzeugung bezieht das FinTech aus einer Studie zum Anlageverhalten, die Trade Republic vor einem Jahr in Auftrag gegeben hat. Die Studie belegt tatsächlich, dass ein Grossteil der Nutzerinnen und Nutzer aus zwei Gründen investiert:

  • 72 Prozent der Nutzer möchten mit ihren Investments einen langfristigen Beitrag zur Altersvorsorge leisten
  • 77 Prozent der Nutzer investieren, weil es keine andere lukrative Alternative zu sparen gibt

Der Neo-Broker auf Spar-Mission gehört zu den gut finanzierten FinTechs und hat im Mai 2021 die Summe von 900 Millionen US-Dollar und im Juni 2022 nochmals 250 Millionen Euro eingesammelt. Trade Republic wird mit einer Bewertung von 5 Milliarden Euro als Unicorn gehandelt.

Innerhalb von vier Jahren ist Trade Republic kräftig gewachsen, inzwischen ist das FinTech in 17 europäischen Ländern aktiv. Gehandelt, pardon: gespart, werden kann über die App und auch über eine Desktop-Version auf dem PC. Mit Aktien und ETFs, Kryptos und Derivaten bietet das Unternehmen eine breite Palette von Anlagemöglichkeiten, Fractional Shares inklusive, in der Regel provisionsfrei oder mit sehr tiefen Gebühren.

Ist Trade Republic auf dem Weg zur Vollbanklizenz?

Trade Republic ist eine Wertpapierhandelsbank und wird als solche durch die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) kontrolliert und beaufsichtigt. Die eingeschränkten Möglichkeiten rund um Wertpapiere scheinen dem FinTech nicht mehr zu genügen, nach Informationen unserer Kollegen von Finanz-Szene hat Trade Republic bei der BaFin einen Antrag auf eine Vollbanklizenz gestellt.

Mit einer Banklizenz könnte Trade Republic den Fächer der Services deutlich erweitern. Einlagen könnte das FinTech in Zukunft direkt annehmen, dieses Geschäft läuft im Moment über verschiedene Partnerbanken mit Banklizenz. Die Verrechnungskonten der Kundinnen und Kunden werden aktuell bei der Deutschen Bank, der Solaris, J.P. Morgan und der Citibank geführt. Für den Neo-Broker ist es sicher effizienter und vor allem auch kostengünstiger, die Verrechnungskonten unter dem eigenen Dach führen zu dürfen.

Durch die Banklizenz wäre auch die Gewährung von Krediten erlaubt sowie weitere Dienstleistungen, die lizenzierte Banken eben erbringen dürfen.

Dem Vernehmen nach läuft das Antragsverfahren schon länger, möglicherweise ist Deutschland und damit die EU also schon bald um ein FinTech mit Vollbanklizenz reicher.

In der Zwischenzeit macht Trade Republic etwas Lärm mit attraktiven Sparzinsen

Der positive Lärm hat eine regelrechte Zinsschlacht ausgelöst, MoneyToday.ch hat berichtet, weniger bei klassischen Banken, eher heftig jedoch bei Direkt- und Neo-Banken. Trade Republic gewährt Kundinnen und Kunden seit Anfang Jahr 2 Prozent Zinsen auf ihre Geldbestände. Das betrifft Guthaben bis zu 50'000 Euro, die gerade nicht angelegt sind, sondern auf dem Verrechnungskonto liegen.

Das Angebot gilt für bestehende und für neue Kunden, ohne zeitliche Begrenzung. Zusätzlicher Unterschied zu Mitbewerbern: die Zinsen werden laufend berechnet und den Kunden monatlich ausgezahlt, um auch Zinseszins-Effekte mitnehmen zu können.