Kundenzentrierung

Der Urlaub für Sparschweine ist vorbei, Yuh bringt die Sparzinsen zurück – und was das mit Kundenzentrierung zu tun hat

Rosa Sparschwein mit Sonnenbrille im Liegestuhl
Bild: AlexSecret | Getty Images

Während einige Geldhäuser noch überlegen, ob und wann sie den Rest der Strafzinsen endgültig kippen wollen, geht die Neo-Bank Yuh in die Sparzins-Offensive.

Seit der Leitzinserhöhung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) um 0.5 Prozent, haben zahlreiche Banken die Belastung der Negativzinsen für ihre Kundinnen und Kunden abgeschafft. Andere halten am verbleibenden Rest der Minuszinsen von -0.25 Prozent noch fest und warten auf den nächsten Zinsschritt der SNB.

Die Sparschweine dürfen gefüllt werden, es gibt wieder Zinsen

Die Neo-Bank Yuh bringt die Zinsen zurück und macht einen Schritt, der über homöopathische Dosen hinausgeht. Der Sparzins von 0.25 Prozent verhilft noch nicht zu neuem Reichtum, aber er setzt erste wahrnehmbare Signale, dass sich auch Bargeldsparen in Zukunft wieder lohnen kann. 

Yuh sagt: "Jahrelang waren sie nur noch als Märchen bekannt, als etwas, das es vor langer, langer Zeit einmal gegeben hatte. Aber heute ist es soweit. Heute steigen sie mit Vollgas wieder ins Finanzgeschäft ein: Bei Yuh sind die Zinsen zurück."

Das neu erzählte Zinsmärchen eröffnet Yuh mit einem Zinssatz von 0.25 Prozent auf vorhandene Bargeldbestände oder Neueinlagen bis zu jeweils 25'000 in Franken und Euro, 0.50 Prozent Zins gibt's beim US-Dollar. Die Beträge der einzelnen Währungen sind kumulierbar, das heisst Kundinnen und Kunden erhalten Zinsen auf maximal 75'000 verteilt auf die drei Währungen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bargeld im Bereich Zahlungen gehalten wird oder in Spartöpfen liegt, das eine wie das andere wird belohnt. Negativzinsen auf Vermögenswerte von über 100'000 Franken gehören ebenfalls der Vergangenheit an.

Warum die kundenzentriert gepflanzten Bäume Früchte tragen

Die Zahl 75'000 darf auch als Symbol gewertet werden, sie entspricht der Zahl der Kundinnen und Kunden der Neo-Bank, die sie seit ihrem Start vor 15 Monaten an Bord geholt hat. Mit einem durchschnittlichen Wachstum von 5'000 neuen Kunden pro Monat ist Yuh als junge Neo-Bank gut unterwegs. 

In einer Umfrage, die MoneyToday.ch vor einem halben Jahr bei unseren Leserinnen und Leser durchgeführt hat, belegte Yuh den ersten Platz. Als Einschätzung auf die Frage: "Welche Neo-Banken werde sich durchsetzen und sind in drei Jahren noch im Spiel?" – Details zum Ranking der verschiedenen Neo-Banken gibt's hier. Dieses Resultat von Yuh mag ein Stimmungs- und Bauchentscheid sein, Kundinnen und Kunden von Banken und Neo-Banken haben jedoch auch einen Bauch und agieren ebenfalls aus Empfindungen heraus.

Was zu dieser positiven Stimmung beitragen kann, basiert auf einem Mix mehrerer Faktoren wie zum Beispiel Angebot, Benutzerfreundlichkeit, Komfort, faire Konditionen, Kommunikation und mehr. Im Kern alles Faktoren, die mit gelebter Kundenzentrierung zusammenhängen.

Einige Dinge scheint Yuh seit dem Start richtig zu machen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit zum Beispiel das:

Vorgezogene Sparzinsen
Irgendwann werden alle Banken wieder Sparzinsen anbieten, um im Rennen zu bleiben. Yuh nutzt das Momentum und prescht vor. Wer zu den Ersten gehört, die nach Jahren der Negativzinsen Sparzinsen anbieten, fällt auf und wird als fair, grosszügig und fortschrittlich wahrgenommen. Ist später ein beträchtlicher Teil der Banken bereits mit dabei, werden weitere Institute lediglich als Nachzügler eingestuft, die eine erwartete Selbstverständlichheit endlich nachvollziehen.

Dass Yuh zwischen Bareinlagen und Spareinlagen keinen Unterschied macht, dürfte ebenfalls gut ankommen – Bargeld, das wo auch immer auf dem Konto liegt, wird zum selben Satz verzinst. Das ist für alle klar und einfach zu verstehen.

Ein rundes Angebot
Yuh ist mit den drei Angeboten Zahlen, Sparen und Investieren gestartet. Mit Zahlen und Sparen deckt die Neo-Bank das ab, was Kundinnen und Kunden brauchen. Mit Investieren setzt sie ein Angebot obendrauf, das sich viele wünschen. Damit hebt sich Yuh auch von zahlreichen anderen Neo-Banken ab, die Investieren in Aktien, ETFs und Kryptos (noch) nicht im Angebot haben.

Mit der Möglichkeit von Fractional Shares zeigt die Neo-Bank, dass sie über Kunden nachgedacht hat, die mit kleinerem Budget unterwegs sind und dennoch diversifiziert investieren möchten.

Faire Konditionen
Vieles ist kostenlos, wie üblich bei Neo-Banken. Sind Gebühren notwendig, bleiben sie eher tief und vor allem: transparent. Übersichtlich und kurz gehalten, für alle einfach zu verstehen. Kundinnen und Kunden scheinen das eine wie das andere zu mögen.

Einfaches Handling
Die App ist übersichtlich, das Handling intuitiv, das Design bleibt leicht und luftig – Nutzerinnen und Nutzer fühlen sich wohl in der Umgebung und werden nicht überfordert.

Laufende Erweiterungen
Yuh überrascht in eher hoher Kadenz mit neuen Funktionen, Möglichkeiten und Features. Ob nun alle alles Neue nutzen oder nicht, ist nicht der allein ausschlaggebende Punkt – auch Nicht-Nutzer neuer Funktionen haben den Eindruck: da wird für mich gearbeitet.

Kommunikation
Die Neo-Bank kommuniziert regelmässig mit ihrer Community, das schafft Nähe. Gute Nachrichten werden laufend über die verschiedenen Kanäle verbreitet, im Stil eher locker und flockig, persönlich und konsequent in der Du-Form. Damit generiert Yuh eine besondere Art von Wir-Gefühl. Nicht in der distanzschaffenden Form "Wir die Bank und Du der Kunde", mehr in Richtung von: "Wir sind das Team von Macherinnen und Machern, das Dir Dein persönliches Finanzleben noch einfacher, noch vielseitiger und deshalb erlebnisreicher gestalten will".

Warum Kundenzentrierung gerade in der Finanzindustrie wichtiger wird

Mit diesen und mit weiteren Ingredienzien ist Yuh dabei, das Image der Neo-Bank zu formen. Jede "neue Tat" auf dieser Spur hilft mit, bei wachsenden Zielgruppen Kopf und Bauch anzusprechen. Der Kopf registriert und vergleicht Fakten. Der Bauch bekommt ein Gefühl für den Charakter und die Prägung der Neo-Bank. Beides zusammen macht im Laufe der Zeit Unterschiede deutlich – zu klassischen Banken und auch zu anderen Neo-Banken.

Die Zeit der seelenlosen Geldhäuser ist vorbei. Oder anders gesagt, weil wahrscheinlich jedes Geldhaus für sich in Anspruch nimmt, eine erkennbare Seele zu haben: Gleichförmige Angebote, austauschbare Leistungen und stromlinienförmige Kommunikation schaffen keine Unterschiede. Fehlende Unterschiede wiederum liefern neuen Kundinnen und Kunden keinen einsichtigen Grund, an die Pforten eines Geldhauses zu klopfen.

Konsumentinnen und Konsumenten werden durch die Vielfalt neuer Leistungen und Anbieter zunehmend anspruchsvoller – und auch verwöhnter. Sie haben – ebenfalls zunehmend – die Wahl zwischen vielen Gleichen und einigen Anbietern, die mit gesprengten Standards, starken Angeboten und aussergewöhnlichen Leistungen ihre Kundinnen und Kunden tatsächlich und sichtbar ins Zentrum ihrer Anstrengungen stellen.

Dazu kommt, dass die persönlichen Finanzen zu den wichtigsten Bereichen gehören – Geld, Konto, Zahlen, Sparen, Investieren, Kredite und mehr begleiten Menschen ihr Leben lang. Früher und zum Teil noch heute haben die Ausprägungen "gut" und "solide" genügt, um von Anbieterseite an diesem finanziellen Leben teilzuhaben. In Zukunft dürften für Kundinnen und Kunden vermehrt zusätzliche und neue Faktoren eine grössere Rolle bei der Wahl des Finanzpartners spielen. Entscheiden sich Kunden für zwei oder drei Finanzpartner, erhöht das die Chancen für weitere Anbieter – allerdings nur für jene, die nicht zu "den Gleichen" gehören. Weil die Wahl der Kunden mit unterschiedlichen Ausprägungen oder Spezialisierungen zu tun hat.

Erwartungen und Anspruchshaltung in Veränderungsprozessen räumen weder klassischen noch Neo-Banken grössere Chancen ein. Neue Spielregeln schaffen vielmehr gleich lange Spiesse für alle Marktteilnehmer, die in der Lage sind, Begriffe wie Kundenzentrierung und Kreativität mit den Zielen und der Seele ihres Unternehmens zu verbinden. Der aus dieser gelebten Haltung hervorgebrachte Output wird Unterschiede schaffen, die Konsumentinnen und Konsumenten ansprechen – über den Kopf und über den Bauch.