Der FINMA-Risikomonitor 2023

Ein Einstellrad, um Risiken zwischen tief und hoch zu bewerten
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Mit ihrem jährlichen Risikomonitor versucht die Finanzmarktaufsicht – mit Blick nach vorne – wachsende Risiken rechtzeitig zu erkennen.

Die Finanzindustrie operiert im Umfeld zahlreicher Risiken. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA publiziert jährlich ihren Risikomonitor. Darin werden relevante Hauptrisiken benannt und in ihrer Entwicklung beschrieben.

Die überwachten Hauptrisiken

Bisher hatte die FINMA in ihren jährlichen Reports sieben Hauptrisiken thematisiert. Die analysierten Risiken und die jeweilige Begründung der FINMA, weshalb diese sieben zu den Hauptrisiken gezählt werden:

Zinsrisiko (→)
Der anhaltende Inflationsdruck hat sowohl in der Schweiz als auch in anderen Ländern zu einer weiteren Verschärfung der Geldpolitik mit Leitzinserhöhungen geführt. Trotzdem verbleiben die Nominalzinsen und vor allem die inflationsbereinigten Realzinsen auf niedrigem Niveau. Bei einem abrupten Zinsanstieg könnten Finanzmarktteilnehmer substanzielle Ertragseinbussen beziehungsweise Verluste erleiden, insbesondere wenn sie aufgrund ihrer Anlage- und Geschäftsstrategie besonders exponiert sind. Für die längerfristige Entwicklung der Zinsen ist der strukturelle Inflationsdruck ausschlaggebend. Das aus Zinsänderungen für den Bankensektor resultierende Risiko bleibt daher nach wie vor hoch. Die FINMA schenkt diesem daher unverändert grosse Aufmerksamkeit.

Kreditrisiko: Hypotheken (→)
Die FINMA richtet aufgrund der gestiegenen Zinsen einen besonderen Fokus auf das Kreditrisiko bei Hypothekarfinanzierungen. Die Immobilienpreise von Eigenheimen haben bisher nur leicht auf das veränderte Zinsumfeld reagiert, was sich in einem abgeschwächten Preiswachstum und einem Rückgang der Anzahl Transaktionen zeigt. Die Nachfrage nach Mietwohnungen ist sehr gross. Die gestiegenen Hypothekarzinsen verschlechtern die effektive Tragbarkeit von Kreditnehmern bei variabel verzinslichen Produkten und erhöhen damit das Kreditausfallrisiko.

Kreditrisiko: übrige Kredite (→)
Das Kreditgeschäft ist stark geprägt von der allgemeinen konjunkturellen Lage. Anhaltend hohe Inflation und Zinsen sowie makroökonomische und geopolitische Schocks können sich auf die Zahlungsfähigkeit von Kreditnehmern auswirken und das Kreditrisiko erhöhen. Gewinneinbrüche und sinkende Marktbewertungen könnten zu Verlusten auf Lombardkrediten und Unternehmenskrediten führen. Dies ist jedoch abhängig von der ungewissen gesamtwirtschaftlichen Lage.

Marktrisiko: Credit-Spread-Risiko (→)
Das Credit-Spread-Risiko bezeichnet die Gefahr eines Verlusts infolge von Änderungen der Risikozuschläge. Angesichts der Bankenturbulenzen im März 2023 haben sich die Risikoaufschläge (Credit Spreads) für Unternehmensanleihen Anfang 2023 leicht ausgeweitet. Mit den abklingenden Anspannungen im Bankensektor haben sie sich wieder verringert. Insgesamt sind die Risikoaufschläge jedoch leicht erhöht im Vergleich zum Niveau vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Dies gilt für Anleihen sowohl von Unternehmen als auch von Staaten.

Cyberrisiken (→)
Cyberrisiken bleiben eines der grössten operationellen Risiken von beaufsichtigten Instituten. Die Schweizer Finanzbranche bleibt dabei nicht von Cberangriffen verschont. Zudem können erfolgreiche Cyberangriffe grossen Schaden verursachen, wie verschiedene Beispiele aus der Vergangenheit zeigen. Die Anzahl der dazu bei der FINMA gemachten Meldungen verharrte zwar auf dem bisherigen Niveau. Allerdings bleibt der Druck auf Institute gross, die aktuelle Bedrohungslage stets im Blick zu behalten, schnell zu reagieren und fortlaufend die eigene Infrastruktur auf Schwachstellen zu testen.

Geldwäscherei und Sanktionen (→)
Der Schweizer Finanzplatz ist ein weltweit führender grenzüberschreitender Vermögensverwaltungs-Standort für Privatkundinnen und -kunden. Dadurch ist er gegenüber Geldwäschereirisiken besonders exponiert. Verletzungen von Sorgfalts- und Meldepflichten können für Finanzinstitute sowohl im Ausland als auch in der Schweiz rechtliche Konsequenzen und Reputationsschäden zur Folge haben. Das Geldwäschereirisiko ist im laufenden Jahr hoch geblieben. Zudem bergen die Sanktionspflichten im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg nach wie vor operationelle Risiken für die Beaufsichtigten.

Marktzugang Europa (→)
Änderungen und Einschränkungen des Zugangs zu bedeutenden ausländischen Zielmärkten der Schweizer Finanzinstitute können Auswirkungen auf deren Ertragssituation haben. Das Risiko einer Einschränkung des Marktzugangs hat sich 2023 wenig verändert.

Diese sieben Risiken sind im Risikomonitor 2023 ausführlich beschrieben. Die FINMA betrachtet die Entwicklung dieser Bereiche insofern als gleichbleibend, als im Vergleich zum Vorjahr keine Indikatoren stark nach oben oder nach unten zeigen.

Zwei neue Hauptrisiken

Im aktuellen Report sind erstmals zwei weitere Bereiche mit im Spiel, die von der FINMA aufgrund aktueller Entwicklungen als neue Risiken mit aufgeführt werden. Die zwei Neuen und die Begründung der FINMA, weshalb sie den Sprung in die Liga der Hauptrisiken geschafft. haben:

Liquiditäts- und Refinanzierungsrisiko
Liquiditäts- und Refinanzierungsrisiken beinhalten die Gefahr, dass Institute im Krisenfall nicht über ausreichend liquide Mittel verfügen, um ihre kurz- bis mittelfristigen Verpflichtungen zu erfüllen. Dies kann verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel einen erhöhten Bedarf für Sicherheiten von Gegenparteien, Rating-Herabstufungen, unzureichenden oder eingeschränkten Zugang zu Zentralbankliquidität oder eine erhöhte Nachfrage nach Liquidität aufgrund rascher Abflüsse von Kundengeldern. Weiter können systemische oder punktuelle Ereignisse dazu führen, dass Handelspartnerinnen und -partner und Investorinnen und Investoren nur noch zu erhöhten finanziellen Bedingungen Liquidität bereitstellen oder gar Liquidität abziehen.

Outsourcing
Die Auslagerung von wesentlichen Funktionen an Drittparteien wirkt als Treiber von operationellen Risiken bei den Beaufsichtigten. Finanzinstitute sind zunehmend bei der Erbringung von wichtigen oder kritischen Funktionen von Dienstleistern abhängig. Auslagerungen haben in den letzten Jahren aufgrund der Digitalisierung und der Fokussierung auf ihre Kernaufgaben weiter zugenommen. Sie bringen zahlreiche Vorteile wie Flexibilität, Innovation und eine verbesserte operationelle Resilienz mit sich. Unterbrüche von kritischen Funktionen und wesentlichen Dienstleistern können jedoch auch bedeutende Risiken mit sich bringen. Im Extremfall beeinträchtigen sie die Stabilität des Finanzmarkts.

Auch diese beiden neuen Hauptrisiken werden im Risikomonitor 2023 ausführlich thematisiert und analysiert.

FINMA-Risikomonitor 2023

Aktuelle Entwicklungen sowie die Detail-Analysen zu den beschriebenen Hauptrisiken sind im aktuellen Report der FINMA zusammengefasst. Der Risikomonitor 2023 kann bei der FINMA kostenlos als PDF runtergeladen werden, über den Link gleich unten.