Compliance bei der Steuerberichterstattung – warum jedes Unternehmen darauf achten muss

Register mit den verschiedenen Arten von Steuern in den USA
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Das Thema Steuern ist eine strategische Unternehmensfrage – das gilt auch für Startups und KMU, die international ausgerichtet sind.

In der digitalen, globalen Wirtschaft von heute sind Steuern nicht mehr nur eine Frage der Buchhaltung oder der Finanzen. Die Einhaltung von Steuervorschriften ist eine ganzheitliche Geschäftsangelegenheit, die strategische Entscheidungen erfordert.

Um erfolgreich zu sein, ganz zu schweigen von der Vermeidung von Steuerprüfungen, Geldstrafen oder gar Geschäftsschliessungen, braucht ein Unternehmen eine stabile Steuerstrategie, die es ihm ermöglicht, den sich ständig verändernden Vorschriften voraus zu sein.

Mehrere Faktoren tragen dazu bei, dass Steuergesetze immer komplexer werden – von der Globalisierung, neuen Geschäftsmodellen wie der Plattform-Ökonomie über die Entwicklung von juristischen Präzedenzfällen bis hin zu technologischen Fortschritten. Streaming-Inhalte und digitale Softwarelizenzen haben es für Unternehmen zwar einfacher gemacht, grenzüberschreitend tätig zu sein und ihren Nutzerkreis zu erweitern, aber sie haben auch zur Verwendung komplizierter Finanzinstrumente geführt, die schwer zu besteuern sein können.

Wenn Unternehmen expandieren, müssen sie die Steuergesetze in den verschiedenen Ländern, in denen sie tätig sind, einhalten. Diese können sich je nach Land stark unterscheiden. Um die Reformen einzuhalten, müssen Unternehmen heute über ein umfassendes Verständnis der weltweiten Steuergesetze und -vorschriften verfügen, das über die herkömmlichen Kenntnisse für die Buchhaltung hinausgehen. Die Tatsache, dass sich Steuergesetze ständig weiterentwickeln, macht die ganze Situation noch komplizierter.

Die Auswirkungen in der realen Welt

Schauen wir uns einmal ein Beispiel aus dem echten Leben an. Der bahnbrechende Fall des Obersten Gerichtshofs der USA, South Dakota gegen den Möbellieferanten Wayfair, öffnete ein neues Kapitel in Sachen Steuerfragen. In dem Verfahren ging es darum, ob Bundesstaaten von Einzelhändlern ausserhalb des Bundesstaates verlangen können, dass sie die Umsatzsteuer auf Einkäufe von Kunden in ihrem Bundesstaat erheben und abführen, auch wenn der Einzelhändler keine physische Präsenz im Bundesstaat hat.

Im Juni 2018 erklärte das Gericht das Gesetz von South Dakota für verfassungsgemäss. Dieses Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf E-Commerce-Unternehmen und Einzelhändler ausserhalb des Bundesstaates.  

Seit des Wayfair-Urteils hat jeder Bundesstaat (und Alaska auf lokaler Ebene) Gesetze verabschiedet oder Verordnungen erlassen, die von Einzelhändlern ausserhalb des Bundesstaates verlangen, dass sie die Umsatzsteuer auf Verkäufe an Kunden in ihrem Zuständigkeitsbereich erheben und abführen.

Auf globaler Ebene war es vor dem Aufkommen des elektronischen Handels für Unternehmen relativ einfach, die Erhebung der Mehrwertsteuer auf Verkäufe an Kunden im Ausland zu umgehen. Mit der Zunahme digitaler Transaktionen wurde es jedoch schwieriger, die Mehrwertsteuer auf grenzüberschreitende Verkäufe zu verfolgen und einzuziehen. Dies hat dazu geführt, dass neue länderspezifische Vorschriften eingeführt wurden, um sicherzustellen, dass digitale Unternehmen die Mehrwertsteuer auf Verkäufe an Kunden in ihren jeweiligen Ländern abführen.

Die Initiative "VAT in the Digital Age" (ViDA – Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter) ist die Antwort der Europäischen Kommission auf die Digitalisierung der Wirtschaft. Sie zielt darauf ab, die Meldepflichten für die Mehrwertsteuer zu modernisieren, elektronische Rechnungsstellung zu erleichtern, die Mehrwertsteuervorschriften für die Plattform-Ökonomie zu aktualisieren und eine einheitliche Mehrwertsteuerregistrierung für die Europäische Union einzuführen.

Obwohl die Regularien und Anforderungen von Land zu Land unterschiedlich sind, soll insgesamt sichergestellt werden, dass digitale Unternehmen bei grenzüberschreitenden Verkäufen ihren gerechten Anteil an der Mehrwertsteuer zahlen.

ViDA gilt in der Regel für Unternehmen, die digitale Waren oder Dienstleistungen wie Software, digitale Bücher, Musik und Streaming-Dienste an Kunden im Ausland verkaufen. Diese Unternehmen müssen sich in den Ländern, in denen sie Kunden haben, für die Mehrwertsteuer registrieren lassen und die entsprechende Mehrwertsteuer auf ihre Verkäufe erheben und abführen.

Compliance leicht gemacht

Die Technologie hat zwar zur Komplexität der Einhaltung von Steuervorschriften beigetragen, kann aber auch dabei helfen, dass Unternehmen die Mehrwertsteuervorschriften einhalten. Es gibt viele Softwarelösungen, auf die sich Unternehmen bei der Verwaltung von Compliance verlassen können, sei es bei der Berechnung, Rechnungserstellung oder Einreichungsverfolgung. Ausserdem gibt es digitale Tools für die Rechnungsstellung und Buchführung, mit denen Unternehmen ihre Prozesse zur Einhaltung der Mehrwertsteuer automatisieren und rationalisieren können. Für Unternehmen mit globaler Präsenz eignen sich Cloud-basierte Lösungen, die ideal geeignet sind, um Unternehmen bei der Einhaltung der Mehrwertsteuerpflichten bei unterschiedlicher Gesetzeslage zu unterstützen.

Data Analytics, künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Einhaltung von Steuervorschriften. Diese Informationen können Unternehmen dabei helfen:

  • Compliance-Prozesse zu verbessern
  • Strategien zur Einhaltung von Vorschriften zu optimieren
  • Potenzielle Risiken und Chancen zu identifizieren

Darüber hinaus können KI und maschinelles Lernen Unternehmen in die Lage versetzen:

  • die Aufgaben zur Einhaltung der Mehrwertsteuer (zum Beispiel Dateneingabe, Analyse) zu automatisieren
  • die Genauigkeit und Effizienz bei der Einhaltung der Mehrwertsteuer zu verbessern

Unternehmen, die diese Technologien und Dienste im Auge behalten und vorausschauend planen, werden in der Lage sein, potenzielle Probleme schnell zu erkennen und zu lösen, bevor sie entstehen. Dadurch werden die Risiken der Nichteinhaltung von Vorschriften minimiert.

Was kommt als Nächstes?

Durch die Digitalisierung und Globalisierung befindet sich unsere Wirtschaft im Wandel. Infolgedessen ist das Thema Steuern zu einer strategischen Unternehmensfrage geworden und muss als solche behandelt werden.

Unternehmen müssen eine proaktive Haltung bei der Einhaltung von Steuervorschriften einnehmen, um kostspielige Strafen und Rufschädigung zu vermeiden. Steuerplanung und -strategie sind der Schlüssel zur Stärkung des Unternehmenserfolgs und zur Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt.

Unternehmen müssen einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, der die Zusammenarbeit zwischen allen Abteilungen und die Nutzung von Technologien zur Automatisierung und Rationalisierung aller Steuerprozesse umfasst.

Ein proaktiver Ansatz für die Steuerverwaltung stellt sicher, dass Unternehmen die Vorschriften einhalten und Möglichkeiten für Wachstum und Wettbewerbsdifferenzierung erschliessen.

Der Autor: Eric Lefebvre

Eric Lefebvre, CTO bei Sovos

Als Chief Technology Officer (CTO) definiert und beaufsichtigt Eric Lefebvre die technologische Strategie von Sovos.

Eric verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Leitung von Technologieteams. Vor seiner Zeit bei Sovos war er CTO für den Kerngeschäftsbereich Zahlungsakzeptanz von Fiserv, wo er eine globale Organisation leitete, die das weltweit grösste Volumen für Zahlungskartenverarbeitung unterstützte.