Echtzeit-Überweisungen

Instant Payments sind zwei Jahre nach Start noch nicht das "Neue Normal" – warum nicht?

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Bild: nadla | Getty Images

Ohne gemeinsame Ziele, Standards und Kooperation aller Beteiligten werden Echtzeit-Überweisungen weiterhin die exotische Alternative zur gewohnten und langsamen SEPA-Überweisung bleiben.

Die Idee der Echtzeit-Überweisungen könnte durchaus eine bahnbrechende Innovation sein – wenn sie flächendeckend funktionieren würde. Genau das tut sie jedoch nicht. Damit geben Banken als Branche eine grossartige Chance aus der Hand, ihre Position als innovative Zahlungsdienstleister zu stärken – zumindest bremsen sie sich dabei selber aus.

Zumal die Begriffe Open Banking, PSD2 und Instant Payments zunehmend in einem Atemzug genannt und in Verbindung gesehen werden. Verbindungen, welche FinTechs und Finanzdienstleister ausserhalb dem Kreis der traditionellen Banken oftmals deutlich engagierter anpacken und zu konkreten Lösungen umsetzen wollen.

Aktuelles Beispiel: Das Libra-Projekt, das Politik, Regulatoren und Verbände aus verschiedenen Gründen aufschreckt. Unter anderem auch deshalb, weil schnelle Zahlungen ausserhalb der klassischen Zahlungssysteme und Kanäle Realität werden sollen.

SEPA Instant Payments (SCT Inst): Was es ist

Das Programm steht im Namen von Instant Payments und Echtzeit-Überweisungen. Zahlungen lassen sich über sämtliche Kanäle über das Bankonto des Zahlers sofort auslösen und kommen auch sofort auf dem Konto des Empfängers an.

Die vom European Payments Council (EPC) definierten Regeln für SEPA Instant Payments lesen sich (bisher) so:

  • 10 Sekunden
    End-to-End-Verarbeitung innerhalb von 10 Sekunden, dann soll der überwiesene Betrag auf dem Konto des Zahlungsempfänger zur Verfügung stehen.
  • 15'000 Euro
    Instant Payments sollen für Überweisungen in Euro im gesamten SEPA-Raum bis zur Höchstgrenze von 15'000 Euro funktionieren.
  • 24/7/365
    Permanente Verfügbarkeit rund um die Uhr, 7 Tage in der Woche, das ganze Jahr, ohne Ausnahme.
  • 34 Länder
    Instant Payments sollen in allen 34 Ländern möglich sein, welche dem SEPA-Raum angeschlossen sind.

Seit Novemer 2017 sind Echtzeit-Zahlungen für angeschlossene Banken möglich.

Was einer schnellen und flächendeckenden Verbreitung im Wege steht

Warum nahezu zwei Jahre nicht genügt haben, der Idee der ultraschnellen Zahlungen zum Durchbruch zu verhelfen, hat verschiedene Gründe.

Teilnehmende Banken
Rund die Hälfte der Banken im EU-Raum hat sich dem System freiwillig angeschlossen, das heisst: die andere Hälfte nicht. Ebenso freiwillig. Um eine Echtzeit-Überweisung durchführen zu können, muss die Bank des Zahlers wie auch die Bank des Zahlungsempfängers mit im Boot sein, sonst geht das nicht. Das heisst, die Idee der Instant Payments operiert aktuell noch auf einem Flickenteppich mit grossen Löchern.

Verschiedene Standards
Unterschiedliche Standards (EPC-Standard RT1 der EBA Clearing und TIPS von der Europäischen Zentralbank) sind einer schnellen und vor allem flächendeckenden Durchsetzung von Instant Payments innerhalb der EU nicht eben förderlich.

Privatkunden sind verwirrt
Sofern überhaupt angeboten, müssen Bankkunden die Echtzeit-Überweisung als "Express-Variante" zur normalen Zahlung wählen. Das ist verwirrend, Echtzeit-Zahlungen sollten als Standard ohne Alternative selbstverständlich sein.

Gebühren-Eldorado
Je nach Bank und genutztem Package zahlt eine Kunde zwischen null und zwei Euro für eine Echtzeit-Überweisung, in der Regel und im Schnitt 50 Cents. Dieses Gebühren-Wirrwarr macht wenig Laune, Echtzeit-Überweisungen zu nutzen. Zumal Privatkunden, im Gegensatz zu Händlern, (noch) nicht den ganz grossen Vorteil in schnellen Zahlungen erkennen können. Deshalb sind sie auch nicht bereit, für diese Leistung zu zahlen.

Geschäftskunden sind limitiert
Durch das tiefe Limit von 15'000 Euro pro Überweisung sind Instant Payments für Firmenkunde eher uninteressant – ein grosser Teil der Firmenzahlungen liegt über dem Limit.

Diese und weitere Einschränkungen gelten nicht überall, einzelne Länder koordinieren das Vorgehen und harmonisieren die Standards, unter anderen die Niederlande. Die Holländer reduzieren die Transaktionszeit von 10 auf 5 Sekunden, kippen das Limit von 15'000 Euro und wollen für Instant Payments keine Gebühren erheben. So werden Instant Payments zum "Neuen Normal", das die SEPA Standard-Überweisung ersetzt, anders eben nicht.

Verleihen externe Angreifer der Idee der schnellen Überweisungen Flügel?

Im Moment ist in Europa die Idee eines gemeinsamen Zahlungssystems in der Diskussion, angeheizt durch zahlreiche Initiativen von Big Techs, FinTechs und durch das übermächtig gross an die Wand gemalte Schreck-Gespenst des Libra-Projekts.

Was als drohende Gefahr verstanden wird, könnte zum Katalysator für ein neues System der Banken in Europa werden, das Echtzeit-Überweisungen, PSD2, Open Banking, APIs und weitere Bereiche in die konzeptionellen Überlegungen mit einbezieht.

Aktueller Schritt: Europäische Banken erhöhen das Limit bei Instant Payments

Wie der European Payments Council (EPC) am 12. September 2019 mitgeteilt hat, soll bei Echtzeit-Überweisungen der Höchstbetrag von aktuell 15'000 Euro pro Transaktion auf neu 100'000 Euro angehoben werden. Damit werden Instant Payments für Geschäftskunden interessanter, obwohl auch dieses höhergeschraubte Limit noch zu tief liegen dürfte. Die neue Regelung soll nach Angaben des EPC ab 1. Juli 2020 gelten.