Klassische Banken vs. Challenger-Banken

Bewegung und Innovation an der Front der klassischen Banken

Grossbank mit Gebäude und Hochhaus
Bild: olaser | Getty Images

UBS gibt Gas an der Hypotheken- und FinTech-Front, CS probt den Challenger-Pfad, Postfinance ebenfalls und die LUKB feiert Erfolge mit einer neuen Karten-Generation.

Irgendwann wird man nicht mehr von klassischen Banken sprechen, auch nicht von Challenger-Banken – nur noch von Finanzdienstleistern und Anbietern mit oder ohne traditionellem Hintergrund. Unabhängig vom traditionellen oder vom Startup-Hintergrund haben beide eine Zukunft – zumindest jene, die im Gespräch bleiben, weil sie sich entschlossen haben, die eigene Zukunft zu schaffen.

Die Nachrichtenlage als Indikator für Veränderung

Nimmt man digitale Innovation und Neulancierungen als Massstab, dann wehte vor zwei, drei Jahren im Vergleich zu heute an der Nachrichtenfront nur ein laues Lüftchen.

Das grosse und auch etwas überstrapazierte Bild des Tsunamis bemühen wir jetzt nicht als Symbol für die aktuelle Lage der Finanzindustrie. Zumal die Finanzbranche keinen Tsunami braucht, eine starke Finanzindustrie lebt von Kontinuität und nicht von einer kurzen Eskalationsspitze. Kontinuität in Form von hochgetakteter und laufender Entwicklung an der Front der sinnvollen und kundenzentrierten Innovationen.

Ein Blick auf die Nachrichtenlage mit einigen ausgewählten News der letzten Tage.

UBS: Das Tuning der Plattform Key4 und die Kooperation mit Homegate

Dass Key4 kein reines Vergleichsportal für Hypotheken bleiben soll, sondern zum Ökosytem und zur Plattform für sämtliche Belange rund um Immobilien werden soll, war klar. Die Grossbank UBS tut den nächsten Schritt und macht direkte Abschlüsse von neuen Hypotheken möglich, bisher gab's nur die Verlängerung bestehender Hypotheken.

Neu ist zudem, dass Konditionen verschiedener Anbieter nicht nur verglichen, sondern auch gleich kombiniert werden können. Kunden wählen für mehrere Hypothekar-Tranchen das jeweils attrakivste Angebot von unterschiedlichen Schweizer Kreditgebern und stellen so ihre Immobilienfinanzierung individuell zusammen.

Neben bereits bestehenden Services und Tools kommt über die Partnerschaft mit Homegate ein weiterer Kanal dazu. Homegate-Nutzer erhalten mit wenigen Klicks Offerten für die Finanzierung ihres Wunschobjekts – die Daten und Spezifikationen der ausgewählten Immobilie werden automatisch übernommen.

Credit Suisse: Die digitale Bank CSX auf Challenger-Pfaden

Mit CSX hat die Credit Suisse diese Woche eine digitale Bank lanciert, "die sich wie eine App anfühlt", wir haben berichtet. Es ist eine App, die das Beste aus zwei Welten (traditionelle Bank und Challenger-Bank) in einer App verbinden soll. Zum Start noch überschaubar in den Leistungen, soll CSX in den nächsten Monaten laufend erweitert werden und den Finanzalltag der Nutzer abdecken. Mit Banking und Finanzplanung sowie Lösungen und Angeboten zu Vorsorge, Investieren und Finanzieren.

Letzten Montag gestartet, rollt die CS ab sofort und über die nächsten Wochen eine breite Welle an Kampagnen und Promotions-Massnahmen aus, die sämtliche Kanäle bespielen wird. Die Kraft der Welle ist auch notwendig, die Ziele sind hoch gesteckt: Die Credit Suisse möchte Schluss machen "mit Apps, die Bank spielen" und die Angebote der Challenger- und Neo-Banken durch die eigene App ersetzen.

UBS: Der geöffnete Einkaufskorb und die 200 Millionen-Investition in FinTechs

Die UBS lanciert "UBS Next" und rückt näher an FinTechs und Startups. Zukaufen, beteiligen oder selbermachen? Durch die Kooperation mit Anthemis, einem spezialisierten Venture Capital-Unternehmen im Tech-Bereich, und der Initiative "UBS Next", hat die Grossbank die Wahl. Für die Beteiligung oder den Kauf digitaler Tech-Startups hat die UBS 200 Millionen US-Dollar in die Venture-Capital-Kasse gelegt. In erster Linie stehen Early Stage-FinTechs im Visier der UBS.

Nach Mike Dargan, Head of Group Technology, will die UBS mit diesem Schritt in neuste Technologien investieren und das eigene Innovations-Tempo beschleunigen. Sabine Keller-Busse, Group Chief Operating Officer der UBS, sieht in der Verbindung zu FinTechs und Technologie-Startups einen zentralen Schlüssel, um an der Spitze der digitalen Bewegung zu bleiben.

LUKB: Das Debitkarten-Programm für unterschiedliche Temperamente

Die meisten Banken ersetzen das Auslaufmodell der altgedienten Maestro-Karte schlicht mit einer modifizierten Debitkarte, die neu auch Online-Zahlungen im Internet kann. Zudem reduzieren praktisch alle Banken die Gebühren, um den Angeboten der Challenger-Banken auch bei den Kosten die Stirn bieten zu können.

Die Luzerner Kantonalbank hat einen anderen Weg gewählt, ist mehrere Schritte weitergegangen und hat eine komplett neue Debitkarten-Generation in den Markt gestellt. Aus der Einsicht heraus, dass eine Einheitskarte nicht die Antwort auf die veränderten und individuellen Lebens-, Konsum- und Zahlungsgewohnheiten der heutigen Geselschaft sein kann. Deshalb ein abgestimmtes Programm mit drei Karten, neu gedacht und neu konzipiert, welche auf die sehr unterschiedlichen Ansprüche und Wünsche verschiedener Konsumenten-Gruppen ausgelegt sind, wir haben berichtet.

Wie und warum die kundenzentrierte Initiative im Markt ankommt, beleuchten wir in den nächsten Tagen.

Postfinance: Die neue digitale Bank und die forcierten Plattformpläne

Die neu geschaffene Geschäftseinheit "Digital First Banking" will im Laufe des kommenden Jahres ein radikal neues, vollständig digital gedachtes Angebot für "Banking & Beyond" lancieren, wir haben berichtet. Die neue Digitalbank darf als Antwort auf die Angebote der Challenger- und Neo-Banken verstanden werden. Zudem bekommt auch die eben gestartet App CSX der Credit Suisse neue Konkurrenz.

Die Postfinance will zudem im Bereich der digitalen Plattformen massiv zulegen, insbesondere auch mit der Vergleichsplattform Valuu, welche unter anderen Key4 der UBS konkurrenzieren wird.

Ist die neue Bewegung von Dauer?

Der zusammengefasste und unvollständige Nachrichtenüberblick enthält nur eine kleine Auswahl der relevanten News und Entwicklungen der letzten Tage. Ausschliesslich aus dem Lager der klassischen Banken, um den Puls der Branche zu nehmen. Dazu kommt: die nach oben offene Richterskala der Finanznachrichten weist noch auf weitere Epizentren mit interessanten Ausschlägen.

Zum Beispiel im Bereich der Kryptowährungen. Lange Zeit von traditionellen Banken argwöhnisch beäugt, nimmt die Zahl der Banken massiv ab, die ihren Kunden den Zugang zu Kryptoprodukten verwehren. Bewegung gibt's auch bei einer wachsenden Zahl von Nationalbanken, die Pläne für eine digitale Ausführung ihrer Landeswährung hegen oder konkrete Pläne forcieren – mit dazu gehört auch die einstmals zurückhaltende Schweizerische Nationalbank, die aktuell den Schweizer Franken digitalisieren will.

Die Wechselwirkungen von Digitalisierung und neuen Technologien, veränderten Ansprüchen und Gewohnheiten von Konsumenten, Angeboten von FinTechs und Challenger-Banken, Reaktionen und Aufbruch von traditionellen Banken, Kryptowährungen, Token Economy, DeFi und mehr – diese und weitere Einflussfaktoren werden in ihren Auswirkungen nicht abnehmen, sie werden sich eher noch verstärken. 

Deshalb ist die neue Bewegung von Dauer. Und durch diese Bewegung wird sich auch der Unterschied zwischen traditionellen Banken und Challenger-Banken verwischen. Waren in den Anfangszeiten der Bewegung die Kategorien der Bewahrer und der Angreifer noch klar auszumachen, werden diese Konturen verblassen. Konsumenten dürfte es bald schon egal sein, unter welcher Flagge die besten Lösungen segeln. Wer starke Apps, grossartige Tools, besten Komfort und faire Gebühren bringt, wird Erfolg haben. Das gilt für innovative Banken mit traditionellem Hintergrund und das gilt auch für Startups und Finanzdienstleister ohne hundertjährige Geschichte.