Digitale Technologien sind zum Taktgeber in der Geschäftswelt geworden. Digitale Anwendungen verdrängen zunehmend die analoge Arbeit, Banken sind gezwungen, sich neu zu formieren sowie ihre Preise für viele ihrer Dienstleistungen zu senken. Die aktuelle globale Pandemie wirkt dabei als Beschleuniger und wird weitere Veränderungen nach sich ziehen.
Während die analoge und die digitale Welt aufeinanderprallen und sich daraus eine neue Ordnung herauszukristallisieren vermag, stossen bei FinTechs die unterschiedlichen Welten von Technologien und Finanzen zusammen, die ebenfalls eine Symbiose oder zumindest eine Verbindung erfordern. Den FinTechs mangelt es in aller Regel nicht an Elan und Energie, es sind vielmehr die regulatorischen, operativen, finanziellen und planerischen Hürden, die zum Hindernis werden können.
Hier die wichtigsten Empfehlungen aus der Praxis auf dem Weg zum Erfolg.
Empfehlung 1:
Lücken im Geschäftsmodell schliessen und falsche Finanzplanung korrigieren
Die häufigste Stolperfalle zu Beginn steckt sicherlich im Geschäftsmodell und der falschen Finanzplanung. Hier sind häufig Lücken oder Fehler enthalten und der zeitliche Investitionshintergrund ist zu kurz geplant. Experten gehen davon aus, dass 8 bis 90 Prozent der Startups in den ersten drei Jahren scheitern – dies kann mehrere Gründe haben.
Zum Beispiel der Zeitpunkt: Die Geschäftsidee wird zu früh oder zu spät an den Markt gebracht. Keine Relevanz: Die Geschäftsidee ist aus Zielgruppensicht nicht signifikant bzw. das Angebot ist ohne einen klaren Nutzen und ausreichender Positionierung. Hinzu kommt der Preis, der eventuell nicht als angemessen wahrgenommen wird. Wichtig ist letztendlich, dass das Geschäftsmodell schnell skaliert.
Dazu kommt, dass jedes FinTech-Unternehmen sich früh genug mit der Frage beschäftigen muss, wie es die künftige Geschäftsentwicklung finanzieren will: aus eigenen Mitteln, mit Hilfe von Investoren oder durch Erweiterung des Aktionariates.
Empfehlung 2:
Vertriebskanäle, Fokussierung und Kurswechsel im Blick haben
Oftmals sind Gründer und Team so von ihren eigenen Produkten überzeugt, dass zu wenig über Vertrieb und Kanäle nachgedacht wird. Doch dies ist ganz entscheidend, da der Vertrieb kein Selbstläufer ist. Gibt es Partner, Plattformen, Aktivitäten etc.? Dies ist auch mit der nächsten Hürde eng verbunden – der Fokus wird verloren. Es gibt dutzende Möglichkeiten, die sich am Anfang auftun. Nur mit einer systematischen Nutzen-Analyse gelingt es, den Blick auf das Wesentliche, den Kern des Geschäftsmodells, zu behalten.
Hier können externe Berater von Zeit zu Zeit wertvolle Hilfestellung leisten, indem sie aus dem komplexen und operativen Tagesgeschäft im Austausch mit dem Management-Team die richtigen Fragen stellen. Dies kann an einigen Stellen auch den Mut zum Kurswechsel bedingen. Notwendige Richtungswechsel können das Geschäftsmodell retten. Doch dieses aus der Innensicht heraus wahrzunehmen, zu akzeptieren und umzusetzen, erfordert oftmals Anstösse von aussen.
Empfehlung 3:
Risikomanagement, Finanzmarktrecht, Regulations und Operations
Risiken einzuschätzen und potenzielle Krisen im Voraus zu identifizieren, sind wichtige Schritte auf dem Weg zu mehr Planungssicherheit und Unternehmenserfolg. Zusätzlich sinnvoll ist eine gründliche und umfassende Risikoanalyse. Eine kontinuierliche Beobachtung und systematische Steuerung durch eigene Verantwortliche im Unternehmen oder externe Auskunfteien sind somit Voraussetzung für das Fortbestehen des Unternehmens. Das Etablieren eines adäquaten Risikomanagement-Systems erleichtert übrigens auch massiv die Investorensuche.
Neben dem Risikomanagement wird vielfach das Aufsichtsrecht, die rechtlichen und regulatorischen Anforderungen, unterschätzt. So sieht man in der Beratungspraxis leider nicht selten unerlaubte Tätigkeiten nach dem Bankengesetz oder einem anderen Finanzmarktgesetz, was im schlimmsten Fall zur Liquidation des Unternehmens führen kann. Hier können Fachleute mit umfassender Erfahrung in der Finanzindustrie, mit Expertise und praktischer Erfahrung in Regulatory und Operations helfen.
Empfehlung 4:
Compliance umsetzen und Financial Crime auf dem Radar haben
Compliance ist breit im Gespräch und dies nicht von ungefährt. Sie sollte insbesondere bei FinTechs in ihrem ganzen Facettenreichtum von Anfang an professionell in die Unternehmenskultur und in die Geschäftsstrategie eingebunden sein. Meine Erfahrung zeigt, dass insbesondere Financial Crime von vielen FinTechs sehr stark unterschätzt wird. Financial Crime kann jedes FinTech-Unternehmen treffen.
Hinzu kommt, dass die internationalen Standards und Regulierungen für den Technologiebereich erst am Entstehen sind und qualifiziertes Compliance-Personal sehr schwer zu finden ist. Insbesondere zu erwähnen ist die Anfälligkeit der FinTechs für die Terrorismusfinanzierung, da sie – im Gegensatz zu Banken – mit relativ kleinen Summen arbeiten und die Terrorismusfinanzierung ebenfalls gesplittet über die kleinen Summen erfolgt.
Die Präventionsmassnahmen in diesem Bereich sind leider nicht durchgehend zufriedenstellend.
Empfehlung 5:
Ausreichende Ressourcen und die richtige Teamzusammenstellung sicherstellen
Die richtige Teambesetzung in Form von internen oder externen Teammitgliedern inklusive des Verwaltungsrates ist essentiell für den Erfolg eines FinTechs. Es braucht eine Diversität, Experten mit technologischem Background und Experten mit praktischer Erfahrung aus der Finanzindustrie, die ihre Vision teilen. Eine Person mit einem Rundumblick für das Unternehmen ist unerlässlich und beinahe Gold wert. Externe-Lösungen eignen sich für Startups sehr gut, da sie einerseits in den meisten Fällen kostensparend sind und andererseits den Einbezug von qualifiziertem Personal erlauben. So können auch ausreichend Ressourcen, oftmals ein Engpass, sichergestellt werden.