Renten-Dilemma

Pensionskasse: Weiterhin sinkende Renten oder länger arbeiten?

Rentner-Paar auf Reisen in einer Stadt
Menschen werden älter und möchten als vitale Rentner ihren Ruhestand geniessen – finanziell abgesichert

Die BVG-Renten sind heute 40 Prozent tiefer als 2022, sagt der aktuelle Pensionierungs-Barometer des VZ-Vermögenszentrums. Geht das so weiter?

Das Dilemma ist vorprogrammiert und schon seit Jahren bekannt und Thema. Werden Menschen älter, sinken die Renten, wenn keine Gegenmassnahmen ergriffen werden. Das war in den letzten Jahren und Jahrzehnten der Fall – und das wird sich tendenziell so fortsetzen.

Es sei denn, Menschen arbeiten länger oder die monatlichen Beiträge werden erhöht. Letzteres ist keine praktikable Lösung, weil tiefe Einkommen höhere Abgaben schlicht nicht verkraften. 

Eine Erhöhung des Rentenalter war bisher sehr unpopulär und hatte bei der Schweizer Bevölkerung keine Chance – niemand wollte länger arbeiten. Umso erstaunlicher, dass sich in Anbetracht der weiterhin sinkenden Renten offenbar ein Stimmungswechsel abzeichnet.

Schweizerinnen und Schweizer sind bereit, das Rentenalter anzuheben

Vor die Wahl gestellt, mit weniger Rente auskommen zu müssen oder über ein erhöhtes Rentenalter länger Beiträge einzuzahlen, scheint sich die Haltung der Schweizer Bevölkerung zu verändern.

Herr und Frau Schweizer wären eher bereit, länger zu arbeiten, als Leistungskürzungen bei der Rente hinzunehmen. Diese erstaunliche Erkenntnis geht aus einer Umfrage hervor, die im Juli von MIS Trend im Auftrag der Groupe Mutuel und Le Temps durchgeführt wurde.

Die Erhöhung des Rentenalters, lange Zeit ein Tabu, scheint also langsam salonfähig zu werden. Bei der Frage, ob zur finanziellen Sicherung der Vorsorge dereinst das Rentenalter erhöht oder die Leistungen gekürzt werden sollen, sprachen sich 61 Prozent der Befragten für eine Erhöhung des Rentenalters aus.

Es sind vor allem Männer (74 Prozent) und die 45- bis 65-Jährigen (68 Prozent), die diese Massnahme befürworten. Dabei spielt die politische Couleur kaum eine Rolle.

Die Schweiz, die ihren Nachbarn in Sachen Rentenalter eher hinterherhinkt, scheint sich bewusst zu werden, dass die Erhöhung des Rentenalters zu den wirksamen und möglicherweise notwendigen Massnahmen gehört, um angesichts der steigenden Lebenserwartung langfristig eine angemessene Altersvorsorge zu gewährleisten.

Gleichzeitig, und das ist nach der Ablehnung der BVG-Reform von September 2024 nicht weiter überraschend, will die Schweizer Stimmbevölkerung von einer Senkung des Umwandlungssatzes nichts wissen.

Wie soll das Schweizer Vorsorgesystem reformiert werden?

Das Schweizer Vorsorgesystem langfristig auf solide Beine zu stellen, gehört zu den anspruchsvollen Projekten mit zahlreichen Hürden. Das lässt sich auch an den Diskussionen in politischen Gremien erkennen, die Meinungen und Lösungsvorschläge innerhalb der Parteienlandschaft gehen sehr weit auseinander.

Auch bei der Schweizer Bevölkerung stösst im Moment einzig die Senkung der Altersschwelle für Beitragszahlungen an die Altersrente von 25 auf 18 Jahre auf Zustimmung: 77 Prozent der Befragten sind sehr oder eher dafür. Diese Massnahme wird offenbar als moderate Revision betrachtet, die rasch umgesetzt werden könnte.

Wie steht es um das Vertrauen in die drei Säulen der Altervorsorge?

Das Vertrauen der Bevölkerung ins Schweizer Vorsorgesystem ist nach wie vor hoch und hat sich in den letzten fünf Jahren seit Einführung der Umfrage kaum verändert.

Gemäss MIS Trend ist das Vertrauen in die 2. Säule grösser als in die AHV. Das ist insofern etwas erstaunlich, als die AHV in den Leistungen konstant bleibt oder mit der 13. Auszahlung sogar erhöht wird, während die 2. Säule, also Pensionskassen-Leistungen tendenziell abgebaut werden.

Klare Siegerin ist in der Betrachtung der Befragten nach der Studie jedoch die 3. Säule, wenn es darum geht, die eigene Altersvorsorge zu stärken. Mit einer tieferen Besteuerung könnte sie sogar noch attraktiver werden. Die steuerlichen Anreize einzuschränken, was aktuell in Bundesbern zur Diskussion steht, dürfte in Anbetracht der gesamten Rentensituation nicht zu den wirklich guten Ideen gehören.

Das Einkommen nach der Pensionierung scheint wenig Sorgen zu bereiten

Die Umfrage zeigt auch, dass man heute weniger besorgt ist über die persönlichen Einkommens-Verhältnisse nach der Pensionierung.

Kapitalauszahlung und Rentenbezug sind etwa gleich beliebt. In der Tendenz fällt die Wahl jedoch immer öfter auf das Kapital. Die Frühpensionierung wiederum scheint an Beliebtheit einzubüssen.

Erfreulich ist, dass sich die Bevölkerung gemäss der Umfrage immer besser mit der Altersvorsorge auskennt. Die Menschen interessieren sich mehr für die finanzielle Lage ihrer Pensionskasse, was nach Ansicht der Studienautoren auch viel mit der unsicheren geopolitischen Lage zu tun hat.

Wie soll die 13. AHV-Rente finanziert werden?

Mit 58.2 Prozent hat sich letztes Jahr eine solide Mehrheit der Schweizer Bevölkung für die 13. AHV-Rente ausgesprochen. Seither wird in Bundesbern diskutiert, wie dieser Dreizehnte finanziert werden soll, eine Entscheidung steht noch aus. 

Derzeit stehen zwei Möglichkeiten im Vordergrund: Eine Erhöhung der Lohnbeiträge oder eine Erhöhung der Mehrwertsteuer.

Laut MIS Trend hat die Schweizer Bevölkerung zur Finanzierung aktuell keine klare Präferenz. Eine gemischte Finanzierung hat jedoch die Nase knapp vorne.

Zusatzfrage von unserer Seite: Ist allein die steigende Lebenserwartung schuld am Rentenschwund?

Diese Frage spielt in der vorgestellten Studie aus naheliegenden Gründen keine Rolle. Die Bevölkerung ist sich auch gar nicht bewusst, wer wie viel an der Verwaltung der Rentenvermögen verdient und welche Gebühren in welchen Grössenordnungen dieses Vermögen zusätzlich schwinden lassen.

Die Politik doktert immer wieder an BVG und Renten herum, lässt jedoch diesen zentralen Bereich konsequent aus: Gebühren, welche das Vermögen und damit die Höhe der Renten zusätzlich minimieren. Dieses Eisen ist dem Parlament offenbar zu heiss, um es zu analysieren und neu zu schmieden.

Eine bemerkenswerte Sicht auf zu hohe Gebühren und Sparpotenziale kam deshalb auch nicht von der Politik, sondern vor einiger Zeit von einem privaten Anbieter. Wir haben berichtet – erstaunlich und deshalb nach wie vor lesenswert, hier