Internationale Geldtransfers

Ein Gespräch mit Beat Merkli zum Markt und zur Zukunft der Western Union Business Solutions

Beat Merkli, Länderchef Schweiz bei Western Union Business Solutions (WUBS)
Beat Merkli, Länderchef Schweiz bei Western Union Business Solutions (WUBS)

Über die Business Unit der Western Union wussten wir wenig – und wir fanden weitere "Wenigwisser". Deshalb haben wir den Länderchef von WUBS zum Interview gebeten.

Das US-amerikanische Unternehmen Western Union kennt jeder – immerhin ist die Anbieterin von weltweiten Bargeldtransfers seit nahezu 170 Jahren im Markt. Western Union Business Solutions (WUBS), seit knapp zehn Jahren aktiv, fliegt im Vergleich zur Muttergesellschaft in Sachen Bekanntheit deutlich unter dem Radar.

Wir haben uns mit Beat Merkli, dem Länderchef Schweiz von Western Union Business Solutions, über die Gründe unterhalten. Und vor allem darüber, was Business Solutions dem Markt und KMUs zu bieten hat, wie die Unit dem zunehmenden Druck von FinTechs trotzen will, welche Zukunfts-Technologien dabei eine Rolle spielen, was das Libra-Projekt für WUBS bedeutet und wo das Unternehmen in fünf Jahren stehen wird.

Western Union gibt’s schon seit 1851, wann ist die Unit Business Solutions dazugestossen?

Western Union Business Solutions entstand im September 2009 mit der Übernahme der in Kanada ansässigen Custom House. 2011 wurde das Geschäft 2011 mit dem Zukauf von Travelex Global Business Payments erweitert.

In der Schweiz wurden die internationalen B2B-Zahlungsaktivitäten von Rüesch International 1991 gestartet, nachdem die Firma bereits 1980 gegründet wurde.

Wir haben hierzulande ambitionierte Pläne, da ein klares Wachstumspotenzial vorhanden ist

Business Solutions fliegt in Sachen Bekanntheit unter dem Radar – woran liegt’s: zu wenig Marketing oder geringes Bedürfnis im Markt?

Wir bei Western Union Business Solutions konzentrieren uns auf den Unternehmensmarkt – in der breiten Öffentlichkeit geniesst natürlich die Muttergesellschaft Western Union mehr Bekanntheit, schlicht aufgrund der Zielgruppe.

In der Schweiz ist Western Union Business Solutions seit Jahren tätig, hat eine lange Tradition und ist im B2B-Markt als Experte für grenzüberschreitende Zahlungen und auch fürs Fremdwährungs-Risikomanagement anerkannt. Ein starkes Portfolio von rund 1'100 Kunden, davon rund 20 Prozent NGOs, ist Beleg dafür. Ein Team von 22 Personen betreut lokal derzeit Kunden in allen drei Sprachregionen.

Wir haben hierzulande ambitionierte Pläne, da ein klares Wachstumspotenzial vorhanden ist. Um das auszuschöpfen, tätigen wir entsprechende Investitionen.

Mit welchen Services geht die Unit Business Solutions weiter als Western Union mit klassischen Geldtransfers?

In einer globalen und vernetzten Welt besteht ein grosses Bedürfnis nach effizienten und reibungslosen grenzüberschreitenden Zahlungslösungen. Neben der Erbringung von Geldtransfers gewinnt die erweiterte Dienstleistungserbringung zunehmend an Wichtigkeit. Unsere Geschäftskunden und ihre spezifischen Bedürfnisse stehen dabei an erster Stelle. Wie können wir Zahlungen bestmöglich abwickeln? Welche zusätzlichen Dienste erbringen und damit einen Mehrwert schaffen? Fokussiert auf diese und viele weiteren Fragestellungen bauen wir unser Angebot kontinuierlich aus. 

So haben wir im Mai dieses Jahres zum Beispiel unser Produktangebot für KMUs in der Schweiz ausgebaut. Es gibt nach wie vor viele Faktoren, die einen negativen Einfluss auf die Profitabilität von Schweizer KMU haben können und schwer vorhersehbar sind. Beispielsweise Schwankungsrisiken in lokalen Währungen, die nicht an den US-Dollar gekoppelt sind.

Wir schaffen hier Abhilfe, indem wir KMU die Möglichkeit bieten, Termingeschäfte für bis zu 18 Monate zu tätigen. Des Weiteren bieten wir Produkte mit Währungsoptionen, welche dem Unternehmen die Möglichkeit geben, sich einerseits zu schützen und andererseits von positiven Marktentwicklungen zu profitieren. Wir ergänzen diese Produkte auch mit kundenspezifischen Situationsanalysen, um sicherzustellen, dass wir ihnen helfen, ihre Ziele zu erreichen.

Bei uns erhalten KMU – zu Konditionen, die sie bei Banken kaum erhalten würden – Zugang zu unterschiedlichen Hedging-Produkten

Western Union wird seit jeher mit hohen Gebühren assoziiert? Ist das immer noch so, gilt das auch für Business Solutions?

Wir bieten Schweizer KMU eine hochspezialisierte Expertise im Devisenmarkt und sind bestrebt, unseren B2B-Kunden wettbewerbsfähige Preise anzubieten. Was wir ihnen auch garantieren können, ist die Transparenz über die Kosten ihrer Transaktion: Sie wissen genau, bevor sie ihre Zahlung genehmigen und veranlassen, was der Gegenwert in Fremdwährung und der Endbetrag in Schweizer Franken ist.

Was kann Western Union Business Solutions besser als Banken?

Wir helfen Schweizer KMU dabei, dass sich externe Faktoren wie etwa Währungsrisiken oder Kursschwankungen nicht auf ihre Profitabilität niederschlagen.

Gerade für Schweizer Unternehmen kann es schwierig sein, ihren genauen Cash-Bedarf vorherzusagen. Dies kann sich negativ auf die Geschäftsmargen auswirken. Bei uns können sich Unternehmen zu vorteilhaften Konditionen gegen nachteilige Marktbewegungen absichern und gleichzeitig von günstigen Marktentwicklungen profitieren. Bei uns erhalten KMU – zu Konditionen, die sie bei Banken kaum erhalten würden – Zugang zu unterschiedlichen Hedging-Produkten. Gleichzeitig beraten wir sie im Risikomanagement.

Unsere Ratschläge werden auch durch häufige Marktanalysen unterstützt, die wir selbst entwickeln – tägliche, wöchentliche und monatliche Aussichten – und die unseren Kunden nützliche Hinweise geben, um mögliche Marktbewegungen vorherzusehen.

Das Bedürfnis von Schweizer Unternehmen nach nahtlos funktionierenden Lösungen ist immens

Wo liegt insbesondere für Schweizer KMU der Lockstoff, mit WUBS zu kooperieren?

Die Digitalisierung treibt den Wandel überall voran, davon ist auch die Zahlungsindustrie nicht ausgeschlossen und eine Modernisierung bleibt unabdingbar. Echtzeitzahlungen zum Beispiel gewinnen zusehends an Bedeutung. Die Problematik dabei ist, dass Lösungen meist mit einer lokalen Denke vorangetrieben werden. Dabei wird oft vergessen, dass wir uns in einer globalisierten Welt befinden.

Das Bedürfnis von Schweizer Unternehmen nach nahtlos funktionierenden Lösungen ist immens. Der Faktor Zeit spielt dabei eine entscheidende Rolle. Muss ein Schweizer Unternehmen eine Banküberweisung ins Ausland tätigen, womöglich in einer exotischen Währung, so kann das bis zu zwei Wochen dauern. Dies kann sich schnell zu einem Geschäftsrisiko entwickeln. Ein Unternehmen, das auf die Lieferung von Waren aus dem Ausland angewiesen ist, diese aber erst nach erfolgter Zahlung erhält, kann sich eine solche Verzögerung nicht leisten.

Wir sind in der Lage, eine solche Zahlung in einem Tag abzuwickeln. Hinzu kommt, wie bereits erwähnt, dass unser Service nicht mit der Zahlungsabwicklung endet, sondern erst beginnt. Mit unserer umfassenden Beratung sind wir zum unverzichtbaren Partner für Schweizer KMU geworden. 

Sie sehen insbesondere in zwei Sektoren grosses Wachstumspotenzial, NGOs und Bildungsbereich, warum gerade in diesen beiden Bereichen?

Nehmen wir NGOs als Beispiel: Es liegt in der Natur der Sache, dass ihre Projekte vorwiegend in Schwellenländer stattfinden. Volatile Währungen sind dann meist gang und gäbe und können sich zu einem finanziellen Risiko entwickeln. Für NGOs steht immer viel auf dem Spiel, häufig geht es um Menschenleben. Währungsschwankungen können schnell einen Einsatz gefährden. Dies gilt es unter allen Umständen zu vermeiden.

Wir sind stolz, dass wir über 60 Prozent der NGOs zu unseren Kunden zählen dürfen, beispielsweise renommierte Organisationen wie Swissaid, Terre des hommes und Aiducation International. Mit einfachen aber effektiven Risikomanagementstrategien helfen wir diesen Organisationen, sich gegen Währungsschwankungen abzusichern. 

Mit dem Einsatz innovativer Technologien wie Big Data und künstlicher Intelligenz können wir Transkationen in Echtzeit prüfen

Compliance ist ein zentrales Stichwort, gerade bei internationalen Geldtransfers, wie ist Western Union hier aktuell aufgestellt?

Wir investieren kontinuierlich und gezielt in die Stärkung und den Ausbau unserer Compliance Operations. Unsere Glaubwürdigkeit basiert auf Sicherheit und Vertrauen und deshalb arbeiten 20 Prozent der weltweiten Mitarbeitenden bei Western Union im Bereich Compliance. Vor diesem Hintergrund sehen wir Compliance als Wettbewerbsvorteil und die Einhaltung aller Vorschriften zur Bekämpfung illegaler Aktivitäten als unerlässlich.

Mit dem Einsatz innovativer Technologien wie Big Data und Künstlicher Intelligenz, in Kombination mit Analysen zu Konsumentenverhalten, können wir Transkationen in Echtzeit prüfen und Unregelmässigkeiten identifizieren. Dies erlaubt es uns, suspekte Transaktionen zeitgleich zu stoppen, den persönlichen Kontakt mit dem Kunden aufzunehmen und so die Transaktionen auf ihre Rechtmässigkeit zu prüfen. 

FinTechs wie Transferwise bieten sehr tiefe Gebühren bei Auslandsüberweisungen und Revolut operiert für Kunden mit dem unschlagbaren Interbankenkurs beim Geldwechsel. Beide fokussieren auf Konsumenten und auf Geschäftskunden, ergo ein Angriff auf Ihr Kerngeschäft – was ist Ihre Antwort auf die neuen Konkurrenten und deren Services?

Bei Western Union entwickeln wir uns kontinuierlich weiter. So stellen wir sicher, dass wir den Marktbedürfnissen immer einen Schritt voraus sind.

Ein Beispiel dafür ist unsere neue Partnerschaft mit Amazon: Obschon das Unternehmen dank E-Commerce eine internationale Klientel bedienen kann, bleibt der Empfang von grenzüberschreitenden Zahlungen eine Hürde. So kann es mitunter Wochen dauern, bis die Zahlung eines Käufers beim Händler angelangt.

Gemeinsam mit Amazon hat Western Union eine Plattform entwickelt, um die Komplexität der Verarbeitung und Abwicklung grenzüberschreitender E-Commerce-Transaktionen zu beseitigen. Die Plattform "PayCode" erlaubt es Kunden in 13 Ländern, ihre Online-Einkäufe bar zu bezahlen. Nach erfolgtem Kaufabschluss erhalten Kunden mit der Option "PayCode" einen QR-Code zugestellt, der es ihnen ermöglicht, innerhalb von vier Tagen die Zahlung beim nächsten Western Union-Vertreter zu tätigen. Western Union übernimmt dabei die Backend-Abwicklung sowie die Währungsumrechnung. 

Aktuell evaluieren wir den Einsatz von Kryptowährungen innerhalb unseres Ökosystems

Das Libra-Projekt will ab 2020 global operieren, arbeitet mit einem Stable Coin und versammelt im Konsortium das Who is Who der internationalen Techs und Finanzdienstleister. Kommt’s mit Libra knüppeldick für Western Union, Moneygram, Transferwise und andere Dienstleister?

Für uns stellen die Libra-Pläne von Facebook ein interessantes Angebot dar. Insbesondere aufgrund des formulierten Ziels, dass damit die unerfüllten Bedürfnisse von Konsumenten bezüglich Finanzdienstleistungen weltweit erfüllt werden sollen. Damit eröffnen sich Chancen für bestehende Akteure innerhalb des Zahlungs-Ökosystems.

Das Wachstum in unserem Sektor wird durch digitale Transfers vorangetrieben – dank der einzigartigen globalen Reichweite und Grösse unserer grenzüberschreitenden Plattform sind wir ideal positioniert, um vom technologischen Fortschritt zu profitieren und eine führende Rolle einzunehmen.

Die Welt verändert sich sehr schnell, auch und gerade im Bereich der Finanzdienstleistungen – an welchem Punkt und mit welchen Leistungen steht Western Union in fünf Jahren?

Western Union ist seit über 160 Jahren erfolgreich am Markt, weil es das Unternehmen versteht, mit dem Wandel der Zeit zu gehen und Innovation im Sinne des Kunden voranzutreiben.

Wir beobachten beispielsweise das Umfeld der Kryptowährungen sowie jenes der zugrundeliegenden Blockchain-Technologie seit Jahren intensiv und betreiben unsere eigene Forschung dazu. Aktuell evaluieren wir den Einsatz von Kryptowährungen innerhalb unseres Ökosystems. Des Weiteren testen wir Blockchain-bezogene Technologien über unterschiedliche Anwendungsfelder hinweg.

Uns beschäftigt in beiderlei Hinsicht die Fragestellung, ob diese Technologien potenziell Kosten weiter senken und/oder das Kundenerlebnis verbessern können, indem sie einen positiven Beitrag zur bereits sehr hohen Skalierbarkeit und Effizienz unserer Plattform leisten können. 

Der Interviewpartner: Beat Merkli

Beat Merkli ist seit September 2018 Länderchef Schweiz bei Western Union Business Solutions (WUBS), einer Tochter von Western Union. In seiner Funktion treibt er die Wachstumsstrategie von WUBS für den Schweizer Markt weiter voran. Sein Fokus liegt dabei auf den Geschäftsbereichen Bildung, NGOs, Verbände und Risikomanagement (Währungsabsicherung).

Beat verfügt über viele Jahre Berufserfahrung als Sales Executive in den Bereichen Zahlungsverkehr und E-Commerce. Vor seinem Wechsel zu WUBS war er während mehr als sechs Jahren bei SIX Payment Services als Head Sales Central Europe and Italy, Head Sales Home Markets und Head Sales E-Commerce engagiert. Zuvor langjähriger Head Sales bei der Telekurs AG und Head Sales bei der UBS Card Center AG.

Beat Merkli hält einen Abschluss der Universität St. Gallen im Bereich Marketing und Sales Management.