Startups & FinTechs

Kaspar& in der "Höhle der Löwen" Schweiz: "Ihr seht aus wie eine Boyband, könnt ihr euren Firmennamen vortanzen?"

Das Gründerteam des FinTechs Kaspar& in der "Höhle der Löwen" Schweiz
Das Gründerteam des FinTechs Kaspar& in der "Höhle der Löwen" Schweiz | Bild: CH Media

Gab's Überraschungen in der ersten Folge? Ja, Startups, Gründer und die Löwinnen und Löwen sind immer wieder für eine Überraschung gut.

In der ersten Folge der vierten Staffel der "Höhle der Löwen" Schweiz sind ein FinTech und fünf weitere Startups angetreten, um die Investorinnen und Investoren für ihr Unternehmen und ihr Geschäftsmodell zu begeistern.

Die Löwinnen und Löwen haben ihre Begeisterung ziemlich unterschiedlich verteilt – mit zu den Überraschungen gehört, dass in der Sendung von gestern ein Rekordinvestment platziert worden ist.

Kaspar&: Solide Präsentation ohne Tanzeinlage

Die vier Gründer Sebastian (33), Jan-Philipp (35), Lukas (34) und Lauro (31) haben ihr Konzept von "Bezahlen. Aufrunden. Anlegen." solide präsentiert. Das FinTech Kaspar& will über das Aufrunden von Kartenzahlungen breite Bevölkerungsgruppen eher behutsam ans Investieren heranführen. Nach Aussagen des FinTechs investieren heute nur 10 bis 15 Prozent der Zielkundengruppen, ergo muss das kontinuierliche Anlegen zuerst gelernt werden. 

Die Anzüge des Gründerteams im Hausfarben-Blau, welche auch im Marketing von Kaspar& eine zentrale Rolle spielen, brachten Bettina Hein vorerst auf andere Gedanken – die Investorin platzierte die erste Überraschung mit einer freundlich gemeinten Aufforderung zum Tanz:

Könnt ihr euren Firmennamen vortanzen, ihr seht aus wie eine Boyband, könntet ihr das für mich schnell machen?

Das Team parierte nicht mit der gewünschten Tanzeinlage, sondern mit Plänen, Fakten und Zahlen. Was den Machern von Kaspar& nicht ganz gelungen ist: den Unterschied zwischen Findependent, Neon und ihrem eigenen Startup deutlich herauszustellen. Das hat zu einigen Interpretationen von Löwinnen und Löwen geführt, die am Punkt der Fakten oder der Potenziale möglicherweise etwas vorbeigeschrammt sind.

So war Roland Brack der Meinung, dass die bis in drei Jahren anvisierten 20'000 Kunden von Kaspar& im Vergleich zu den aktuell 100'000 Kunden von Neon dann eben zu spät erreicht würden. Schwieriger Vergleich mit Äpfel und Birnen im Korb – die Ertragsmodelle der beiden FinTechs sind völlig unterschiedlich. Zudem lassen sich 20'000 investierende Kunden mit einem Anlagevermögen von insgesamt 200 Millionen nicht direkt mit 100'000 Konto- und Kartenkunden vergleichen.

Der Tenor der Löwinnen und Löwen ging in die Richtung, dass es Konto- und Karten-Apps schon gibt, so wie auch Invest-Apps – die Kombination der beiden Bereiche in einer App kann interessant sein, aber: Interessenkonflikte. Und das gleich im Rudel.

Roland Brack ist bereits in Neon und Findependent investiert. Bettina Hein ist bei Neon engagiert. Jürg Schwarzenbach ist bei Yapeal an Bord und VR von Legato. Lukas Speiser ist bei Neon und bei Findependent im Boot.

Die einzige Löwin ohne Interessenkonflikt, Anja Graf, investiert konsequent nicht in Finanz-Apps.

Aufmunterndes Trostpflaster von Bettina Hein: «Ihr seid zwei oder drei Jahre zu spät bei uns, sonst hätten wir wahrscheinlich investiert».

Was nicht unbedingt etwas an den Interessenkonflikten ändern kann, aber in der Präsentation zu wenig in den Vordergrund gestellt worden ist: Kaspar& ist Neo-Bank, Invest-Plattform, Vorsorge-App und Versicherungs-App in einem. Und damit ein FinTech, das auf einer deutlichen breiteren Spur fahren will, die auch Überraschungen in der Zukunft offenlässt.

Fazit: Kein Deal, aber sympathische Präsentation, neue Publizität und zusätzliche Bekanntheit für das FinTech.

SoFlow: 31 Millionen Umsatz im siebten Jahr mit E-Mobilität 

Die beiden Gründer Manuel (34) und Martin (37) sind bereit, für 1.3 Millionen CHF 4.3 Prozent ihrer Firmenanteile abzugeben. Mit überzogenen Firmenbewertungen, im Falle von SoFlow liegt diese bei gut 30 Millionen CHF, bringt man Investorinnen und Investoren zuverlässig auf die Palme. Die Palme ist unbesetzt geblieben, die Gründer haben in ihrem Pitch mit harten Zahlen und Fakten nachgelegt und die hohe Firmenbewertung untermauert: innerhalb von sieben Jahren hat das Startup über 100'000 E-Scooter verkauft, die Umsatzerwartung im laufenden Jahr liegt bei 31 Millionen CHF.

Die Pläne für die Zukunft sind ehrgeizig, die geografische Expansion kostspielig, die Strategie ist jedoch plausibel und die Produkt-Pipeline vielversprechend. Zudem ist und bleibt E-Mobilität ein Markt mit enormen Potenzialen. Die Löwinnen und Löwen sind begeistert, hörbar trockenes Schlucken löst allerdings das Investment von 1.3 Millionen Franken aus.

Deal: Der Rekord der bisherigen Investments wird gebrochen, Roland Brack, Anja Graf und Bettina Hein steigen gemeinsam ein – allerdings nicht für die von den Gründern offerierten 4.3, sondern für 6.6 Prozent der Unternehmensanteile. Die drei Investoren bringen je CHF 433'333 ein und erhalten dafür je 2.2 Prozent der Firmenanteile.

PoCatWalk: Junge Leute zeigen ihre Outfits beim Shopping auf dem Catwalk

Die Idee des 21-jährigen HSG-Studenten Tin mit seinem Startup PoCatWalk: beim Klamotten-Shoppen im Laden zeigen junge Leute ihre gekauften Outfits auf einem Catwalk. Dabei entstehen Fotos, die in Social Media-Kanälen online gehen.

Den Löwinnen und Löwen ist das Geschäftsmodell zu kompliziert, die möglichen Ertragsquellen bleiben unsicher. Zudem ist fraglich, ob virale Netzwerkeffekte greifen und damit Werbung für den jeweiligen Brand monetarisierbar wird. 

Fazit: Kein Deal für PoCatWalk. 

Bohnenstück: Der süsse Proteinsnack aus weissen Bohnen

Die Innovation von drei jungen Frauen liegt in der Entdeckung der weissen Bohne – sie haben einen Powersnack daraus gemacht, den sie in ihrem Café Bohnenstück in Winterthur anbieten und verkaufen. Die Gründerinnen wünschen sich 230'000 Franken für 8 Prozent der Firmenanteile.

Die aufgerufene Firmenbewertung von 2.875 Millionen finden die Investoren im Vergleich zum realisierten Jahresumsatz von 10'000 Franken verwegen, für Tobias Reichmuth ist sie "gesponnen".

Die Gründerinnen Nadine (27), Sarah (24) und Monika (27) kommen sympathisch rüber, die Löwinnen und Löwen zollen ihnen Respekt für ihr "gesundes" Engagement, sehen aber keinen Case für eine Investition.

Fazit: Kein Deal für Bohnenstück.

Pumphead: Die Lieblingsflasche als Seifenspender

Viele Flaschen sind schlicht zu schön fürs Altglas. Der 29-jährige Gründer David verfolgt ein kluges Upcycling-Konzept, liefert die passende Pumpe zur Flasche und gibt dadurch jeder Lieblingsflasche ein zweites Leben als Seifenspender. 

Die Löwinnen und Löwen finden die Idee smart und lassen sich vor allem auch vom Marketingerfolg des Gründers überzeugen: mit Werbung auf Instagram und Facebook generiert Pumphead aktuell für investierte 50 Franken 50 neue Kunden – die Kosten pro Kunde sind mit 1 CHF spektakulär tief und die Werbung ist aussergewöhnlich erfolgreich. Roland Brack glaubt, dass er von David etwas lernen könnte – und nicht umgekehrt.

Deal: Zwei Löwen, Tobias Reichmuth und Bettina Hein, investieren je 50'000 Franken und sind dafür mit je 10 Prozent am Unternehmen beteiligit.

Loopia: Die All-in-One-App für den gesamten Lebenszyklus von Produkten

Die Jungunternehmer Philipp (37), Cristiana (28), und Tim (33) haben mit ihrem Startup Loopia eine App entwickelt, welche das Leben von Produkten verlängern soll. Die App will alle Möglichkeiten dafür schaffen, dass Produkte geteilt, repariert, verkauft und am Schluss auch entsorgt und recycelt werden können. Als Begleiter über den gesamten Lebenszyklus von Produkten.

Die Löwinnen und Löwen anerkennen den Nachhaltigkeitsaspekt der Geschätsidee, sehen jedoch zu viele Hürden und Stolpersteine, weil eine Vielzahl von Stellen und Partnern involviert und koordiniert werden muss.

Fazit: Kein Deal für Loopia.