Hat die Postfinance als eierlegendes Wollmilchschwein Zukunft?

Teilansicht Hauptsitz der Postfinance in Bern
Bild: Postfinance

Nein, glaubt Avenir Suisse – bleibt eine strategische Neuausrichtung aus, gibt der Think Tank eine rabenschwarze Prognose für Post und Postfinance ab.

An die Postfinance werden hohe Erwartungen und Anforderungen gestellt, die sie auf Dauer kaum erfüllen kann. Vor allem deshalb nicht, weil die Politik fordert, aber auf der anderen Seite nicht bereit ist, der Postfinance die notwendigen Freiräume zu geben, damit sie wie eine richtige Bank funktionieren kann.

Die Postfinance muss den Service der Bargeldtransaktionen der Post mitfinanzieren. Sie soll der privaten wie auch der geschäftlichen Schweiz das ganze Paket an Finanzdienstleistungen bieten, das man sich von einer Bank gewohnt ist – mit zwei Ausnahmen. Und die Postfinance soll massgebliche finanzielle Beiträge zum Betriebsergebnis der Post leisten. 

All das und auch Letzteres bringt die Postfinance seit Jahren. Obschon die Erträge bei Post und Postfinance schwinden, hat die gelbe Bank auch 2024 rund die Hälfte zum Betriebsergebnis der Post beigesteuert.

Die Post versucht schwindende Erträge dadurch zu kompensieren, indem sie nun schon seit Jahren Startups und Firmen aufkauft und ins eigene Unternehmen integriert, um sich als digitaler Gemischtwarenladen positionieren zu können.

Die Postfinance ist gegen die ertragsbremsenden Auswirkungen der tiefen Zinsen schlecht gerüstet, weil sie weder Kredite noch Hypotheken vergeben kann. Das ist ihr untersagt, weil sie als Tochter eines Bundesbetriebes direkt private Banken konkurrenzieren würde. Das trifft zu, aber ohne Kreditgeschäft hat eine Bank einen schweren Stand. 

Zusammengefasst: die Postfinance muss sehr hohe Erwartungen erfüllen, darf aber nicht als vollwertige Bank funktionieren. Das wird auf Dauer nicht (mehr) funktionieren. Eigentlich wissen das alle, die Politik hat sich bisher jedoch weder zu Entscheidungen noch zu Massnahmen durchringen können.

Die Studie von Avenir Suisse

Bezogen auf Postfinance fasst der Think Tank Avenir Suisse zusammen, was im Kern bereits der Bundesrat 2018 in einer Analyse festgestellt hatte:

Die Postfinance wird in der jetzigen Aufstellung über kurz oder lang zum Sanierungsfall

In einer umfassenden Analyse durchleuchtet Avenir Suisse die Post und ihre Töchter und legt einen 5-Punkte-Plan für die Modernisierung der Schweizerischen Post vor. Konkrete Massnahmen, als Vorschlag für die Politik, um den Konzern zu stabilisieren und zu fokussieren:

Politische Entflechtung: Der Bund soll seine Beteiligung an der Post – zusammen mit weiteren Bundesbetrieben – künftig über eine professionell geführte Beteiligungsgesellschaft bei der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) führen. So rückt beim eigentlichen Betrieb die kostengünstige Erbringung der Postdienste und des Service public in den Vordergrund. Die Regulierung des Postmarkts soll die Politik derweil über den Verordnungs- und Gesetzesweg gestalten.

Modernisierung des Postmarktes: Ehemalige Monopolisten werden am besten durch die Konkurrenz in Schach gehalten. Bei Massensendungen gibt es Potenzial für Wettbewerb, doch muss dafür das Restmonopol bei Briefen fallen. Der Paketmarkt braucht keine staatlichen Auflage mehr, womit hier die Wettbewerbskommission für wirksamen Wettbewerb sorgen würde.

Fokus auf das Kerngeschäft: Die Post ist "Weltmeisterin" im flächendeckenden Transport von Briefen und Paketen. Dieses Kerngeschäft muss im Firmenzweck und in der Bundesratsstrategie wieder Vorrang haben. Wo die Nachfrage aufgrund der Digitalisierung sich verändert, muss der Service public angepasst werden. Öffnet sich die Post für privates Kapital und Know-how, könnte ihr das zusätzlichen Schwung verleihen – wie etwa die Deutsche oder Österreichische Post gezeigt haben.

Begrenzung der digitalen Expansion: Solange die Post ein Staatskonzern ist, sollte sie sich auf digitale Dienste beschränken, die eng mit dem Kerngeschäft verknüpft sind. Die vor einigen Jahren gestartete Einkaufstour in Bereiche, wo Private bereits Dienste anbieten, passt nicht zu einer staatlichen Post. Die separate Division Digital Services sollte deshalb aufgelöst werden – und jene mit dem Kerngeschäft verknüpften Dienste in die Post integriert werden.

Verselbständigung der Postauto-Sparte und Postfinance: Da kaum Synergien mit dem Kerngeschäft der Post bestehen, sollte die Postauto-Sparte abgespalten werden – sie kann entweder selbständig geführt oder an ein bestehendes Transportunternehmen verkauft werden. Dieselbe Logik gilt für die Postfinance. Diese sollte vollständig verkauft oder eigenständig an die Börse gebracht werden. Im Gegenzug würde das Kreditverbot fallen, die Postfinance würde so zu einer normalen Bank.

Die Politik erwartet von der Post heute gleichzeitig einen weltmeisterlichen Service, hohe Dividenden für den Bund und Wettbewerbsneutralität – eine Kombination, die voller Zielkonflikte steckt, fasst Avenir Suisse zusammen. 

Mit dem 5-Punkte-Plan will der Think Tank einen Weg aus diesem Trilemma weisen. Die Stellschrauben sind dabei für Christoph Eisenring, Autor der Studie, klar: «Es gilt, die überholten Strukturen im Service public aufzubrechen und die Post auf ihre traditionellen Stärken zu konzentrieren».

Esenring wird in seiner umfassenden Anlayse klar und konkret, durchleuchtet die Problemfelder und untermauert seine Empfehlungen mit Argumenten und ausführlichen Erklärungen. 

Hier geht's zur Analyse  "Ab die Post!", die als PDF kostenlos bei Avenir Suisse runtergeladen werden kann.